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Das verflixte siebente Jahr
Der „Europäische Wirtschaftsraum" (EWR) sorgt für Verwirrung. Ist ein Betritt Österreichs zu diesem EWR ein Kann oder ein Muß? Was soll da eigentlich verhandelt werden?
Konkret geht es um das Projekt eines Verbundes zwischen EG und EFTA-Staaten, der über die derzeitige Freihandelsregelung hinausgeht. Das Ziel: möglichst weitgehende Teilnahme der EFTA-Länder Österreich, Finnland, Island. Schweden. Schweiz und Norwegen sowie des assoziierten Liechtenstein am Europäischen Binnenmarkt. Soweit dies ohne Vollmitgliedschaft möglich ist. Das bedeutet für die EFTA Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen durch Übernahme der EG-Regeln. Allerdings ohne entscheidende Mitspracherechte.
Für diesen gemeinsamen Wirtschaftsraum gilt dann wie für den Binnenmarkt der EG: freier Warenverkehr ohne Behinderungen durch unterschiedliche Normen und Vorschriften, freier Kapital- und Dienst-leistungs- sowie freier Personenverkehr mit Niederlassungsfreiheit.
Wie kam es zu diesem Angebot für die kleine EFTA?
Bis in die achtziger Jahre beschränkten sich die Gespräche EG-EFTAauf Belange im Zusammenhang mit einem Freihandelsabkommen aus den siebziger Jahren. Es ging dabei hauptsächlich um Ursprungsregelungen, Warenbegleitpapiere, Grenzkontrollen und Abbau technischer Handelshemmnisse. Als die EG-Kommission aber am Beginn der achtziger Jahre deutlich werden ließ, daß sie einen neuerlichen Integrationschub vorbereitete, nämlich den Binnenmarkt, merkte man in den EFTA-Ländern die neue Herausforderung. Das Resultat war das Luxemburger Minister-Treffen im April 1984. Dort wurde beschlossen, der Zusammenarbeit neue Impulse zu geben. 1985 liefen die ersten Bemühungen an.
Aber erst 1989 wurde die Sache wieder spannend, als Kommissionspräsident Jacques Delors die Schaffungeines Europäischen Wirtschaftsraumes vorschlug. Delors, so heißt es, dachte bei diesem Vorschlag aber eher an eine „billige" Alternative zum EG-Beitritt. Österreich stand vor Brüssels Tür und sollte höflich wieder hinauskomplimentiert werden. Die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungspolitik der EG durfte nicht durch einen Beitritts-Kandidaten gestört werden.
Zwar sahen manche EFTA-Länder - vorwiegend die nordischen Staaten und die Schweiz - den EWR zu Beginn auch als eine brauchbare und akzeptable Alternative an. Inzwischen ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten.
So macht die EG das Zustandekommen des EWR von einer Lösung des Transitproblems mit der Schweiz und mit Österreich abhängig. Brüssel will außerdem für seine ärmeren Mitglieder im Süden die EFTA-Märkte für Wein, Obst und Gemüse aufbrechen. Allerdings ohne nennenswerte Gegenleistungen.
Jedes EFTA-Land vertritt außerdem Sonderwünsche: Island will seine Fischerei nicht öffnen, die Schweizer sträuben sich gegen den freien Personenverkehr. Schweden und Österreich wollen ihre restlichen schönen Grundstücke nicht an zahlungskräftige EG-Bürger verscherbeln müssen. Österreich hält auch seinen Umweltschutz für wesentlich besser und will niedrige EG-Standards nicht akzeptieren....Die Zusammenarbeit scheint also im siebenten Jahr des Dialogs schwieriger zu sein als von beiden Seiten angenommen. Die für Juni vorgesehene Unterzeichnung des EWR-Vertrages ist fraglich.
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