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Das Weltall ist kein Luxus

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Am 20. Juli werden es zehn Jahre sein, seit die ersten Menschen (Armstrong und Aldrin) ihre Füße in Mondstaub setzten. Der Jahrestag mutet viele eher kläglich an: Fast wären uns die Skylab-Trümmer auf den Kopf gefallen. Und daß dieselbe Menschheit, die gestern (im Doppelsinn) die Energie für eine Mondfahrt aufbrachte, heute um ihre Autozu-kunft bangt, fördert auch nicht eben unsere Zukunftsgläubigkeit.

Und dennoch kann nichts je mehr rückgängig machen, was mit dem ersten Satellitenstart am 4. Oktober 1957 begonnen und von Carl Sagan die treffende Bezeichnung „Entpro-vinzialisierung der Menschheit“ verpaßt bekommen hat

Der Zwischenfall mit Skylab war wie der Absturz des Weltraumatomreaktors „Kosmos 954“ im Jänner 1978 eine riskante Panne. Aber 4500 von Menschenhand geschaffene Objekte, die derzeit unsere Erde umkreisen, stürzen nicht ab. Und während Tausende Augenpaare am Himmel nach dem Skylab-Glühen forschten, funkte 350 Millionen Kilometer weiter „Voyager 2“ sensationelle Fotos vom Jupiter zur Erde, bei deren Umkreisung die Kosmonauten Rjumin und Ljachow eben einen neuen Rekord (über 140 Tage!) aufgestellt haben.

Wozu das alles? fragen Skeptiker und Biedermänner allerorten. Viel Geld für Prestigeprojekte, und soviel Not noch auf unserer Erde!

Selbst wenn man so denkt, irrt man gründlich. Die Weltraumforschung hat nicht nur militärisch wichtige Ergebnisse erzielt (und die Welt auch ein wenig sicherer gemacht!), sondern auch für jeden von uns Vorteile abgeworfen: durch Ermöglichung billigerer Transatlantik-Telefonate, durch Fernseh-Satellitenübertra-gungen, durch Verbesserung der Wetterforschung, durch Bereicherung der Medizin um lebensrettende Erkenntnisse.

Satelliten helfen Bodenschätze auffinden und Erntequalitäten voraussagen, Waldbrände orten und Meeresströmungen berechnen. Die Erfahrungen der Weltraumforschung werden sich bei der Erschließung der Meeresböden neu bewähren, wo Milliarden Tonnen ungehobener Bodenschätze schlummern und vielleicht die Ernährungsbasis der Zukunft wartet.

Die Amerikaner bereiten ihr neues Projekt „Weltraumfähre“ vor, das ebenso wie die sowjetischen Anstrengungen um die Konstruktion riesiger Weltraumlaboratorien im wesentlichen dasselbe Ziel anpeilt: das erdnahe All in eine Industriezone zu verwandeln, wo eines Tages neue Technologien entwickelt, neue Baumaterialien und pharmazeutische Produkte hergestellt und Sonnenstrahlen in elektrischen Strom umgewandelt werden können.

Groß ist der Gewinn, den die Astronomie aus allen diesen Vorhaben zieht. Die Erforschung der Planeten wird uns Aufschluß über die Evolution der Erde, ihrer Möglichkeiten -und der über sie hinausweisenden Chancen liefern.

Wenn wir heute von Umwelt sprechen, dürfen wir nicht mehr nur an unsere Städte und Landschaften denken. Unsere Umwelt ist der Kosmos. In ihn schauen, horchen, rufen wir hinein. Aus ihm empfangen wir Ahnung, Wissen, Kenntnis von uns selbst -In dem Maß, in dem der Mensch über den Planeten Erde hinausgreift, spürt er dem Geheimnis seiner eigenen Existenz nach.

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