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„Daß sie alle eins seien ..

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Ökumenismus wird oft mißverstanden. Wenn etwa die Protestanten auf ihrer Liste abstreichen, was die Katholiken seit dem Vatikanum II für Reformschritte unternommen haben, oder wenn die katholische Kirche ihre Pforten öffnet und sagen würde: Seht her, es trennt uns nicht mehr viel, kommt ins Mutterhaus zurück.

Ökumene ist auch keine Superkir-che, keine pluralistische Arbeitsgemeinschaft, keine Interessensge-meinschaft der Konfessionen gegenüber Politik, der UNO oder dem ORF. Das heißt auch nicht: Christen aller Bekenntnisse, vereinigt euch für eine effektivere Caritas.

„Ökumene, das ist ein dynamischer Dialog, ich und du, wir reden miteinander. Das ist ein Gespräch zwischen Menschen, die zur Kenntnis nehmen, daß es eine Trennung gibt, daß es aber irgendwo auch eine Einheit gibt, die zu erbeten, zu hoffen, zu glauben und zu erleben ist.“ Sagte Pfarrer Alexander Abrahamowicz von der helvetischen Stadtpfarrkirche in Wien in seinem Vortrag im Katholischen Akademikerverband: „Was eint und was trennt unsere Kirchen?“

„Eine Basis ist unsere gemeinsame Herkunft“, sagte er. „Am dichtesten stehen wir nebeneinander in unserer traditionellen Schuld, was wir von der Bergpredigt nicht verwirklichen. Wir haben eine gemeinsame Schuld vor Gott, vor der Welt und eine gemeinsame Schuld aneinander.“

„Das, wofür unsere Väter gestorben sind, das Gemeinsame, das wir besitzen, ist die gleiche Bibel, dasselbe Vaterunser, ja, sogar das gleiche Glaubensbekenntnis. Auch .geboren von der Jungfrau Maria' - auch das glauben wir Protestanten“, betonte Pfarrer Abrahamowicz. „Der Glaube an die Wiederkunft Christi ist in den kleinen christlichen Gemeinschaften viel stärker als in den großen

Kirchen. Das Leben mit dem Bewußtsein: Komm Herr Jesus, dieses tägliche auf Ihn Warten, müßte in unseren Kirchen viel lebendiger werden.“

„Wir glauben ebenso an den Heiligen Geist, und auch an die .heilige katholische Kirche'. Doch das letztere bedarf einer Sprachregelung. Wir glauben an die katholische Kirche im Sinne von universal, nicht an die römische!“

„Es gibt keinen Nabel der Welt“, meinte Pfarrer Abrahamowicz, „weder in Rom, noch in Genf, noch sonst irgendwo. Katholisch im Sinne: ,Daß sie alle eins seien', dieses Wort hat eine ökumenische Dynamik! Rom ist für uns Protestanten das Zentrum der Jurisdiktion. Gewiß, Ihr habt mehr Ordnung. Auf dem Boden des Protestantismus haben sich im Laufe der Zeit viele Sekten gebildet. Das kam davon, daß jeder die Bibel auslegen kann, wie er sie sieht. Ihr habt sie aber jahrhundertelang nicht gelesen. Bei euch gibt es jedoch einen gewissen römischen Imperialismus. Eine reine jurisdiktioneile Hierarchie würden wir ohne weiteres anerkennen“, meinte der protestantische Pfarrer.

Er frage sich, wie viele Dogmen zu dem Glaubensbekenntnis der alten Kirche bis heute hinzugekommen sind: Etwa die Mariendogmen oder das über die Unfehlbarkeit des Papstes. „Gibt es ein Zurück zu den Quellen des alten Glaubensbekenntnisses?“ fragte er und gab zu, daß man eine Struktur, eine Art Knochengerüst brauche. „Aber wie viele Knochen sind notwendig für ein tragfähiges Skelett, ohne dabei zu verknöchern?“

„Wenn man über die Grenzen der eigenen Konfession blickt, kann man im anderen Lager die gleichen Bewegungen finden wie in der eigenen Kirche. Da können sich Bibelexege-ten verschiedener Konfessionen oft besser miteinander verständigen als mit manchen Leuten des eigenen Bekenntnisses. Die charismatische, so wie alle Pfingstbewegungen gehen weit über die sichtbaren Grenzen der einzelnen Kirchen hinaus. Es ist viel in Bewegung gekommen. Die eine große Hoffnung habe ich, noch zu erleben, daß wir gemeinsam zum Tisch des Herrn gehen werden!“

„Wir sind gemeinsam unterwegs, und wir wissen, wir haben die Wahrheit nicht in der Tasche,“ schloß Pfarrer Abrahamowicz, „wir müssen uns nur bewußt sein: wenn wir uns von der Liebe trennen, dann trennen wir uns von Gott. Wenn wir miteinander sprechen, so muß Jesus als Passant, wie damals in Emmaus, mit uns sein, so daß unsere Herzen zu brennen beginnen!“

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