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Dem ,Mann im Salz' wird nachgespürt

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Wiener Prähistoriker erforschen einen Schacht im dreitausend Jahre alten Bergwerk von Hallstatt. Für die Kosten wird noch ein Sponsor gesucht.

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Wiener Prähistoriker erforschen einen Schacht im dreitausend Jahre alten Bergwerk von Hallstatt. Für die Kosten wird noch ein Sponsor gesucht.

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Wie die Bergleute im ältesten Salzbergwerk der Welt das Salz abgebaut haben, das will Fritz Ek-kart Barth von der Prähistorischen Abteilung des Wiener Naturhistorischen Museums erforschen. Der Schacht aus der Zeit um 1000 bis 800 v. Chr. im „Grünerwerk” in Hallstatt ist bereit 1984 wieder geöffnet worden. Im Spätsommer 1985 soll er — soweit die finanziellen Mittel reichen — einsturzsicher gemacht und mit einer

Sonderbewetterung ausgestattet werden. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf eine Million Schilling, wovon nur 200.000 Schilling durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gedeckt sind. Für die Differenz wird ein Spender gesucht.

Dieser prähistorische Schacht im Bereich der Nordgruppe des Salzbergwerkes ist weit größer als angenommen. Aufzeichnungen aus dem Jahr 1911 — aus der Zeit also, in der das Grünerwerk angelegt und der prähistorische Schacht entdeckt worden ist — bezeichnen dessen Breite mit zwölf

Metern. Tatsächlich aber mißt er 30 Meter.

Geforscht wurde im Grünerwerk zuletzt zwischen 1926 bis 1928 durch Friedrich Morton und Adolf Mahr. Eine eingehende Dokumentation darüber gibt es nicht. Dafür aber hervorragende Fundgegenstände wie Knieholz-schäftungen, Keile, Zimmerungshölzer, Steigbäume, zwei unbenutzte Fackeln, abgebrannte Fak-keln, eine Fellmütze, drei Handleder, lederne Wickelgamaschen, ein Schuh aus Holz, Fell und Leder.

1967 war das Grünerwerk noch mit Schwierigkeiten befahrbar, seither ist der Zugang völlig ungangbar geworden.

Das in der Fachsprache Haselgebirge genannte Gestein hat die Eigenschaft, sich wie zäher Teig zu dehnen. Das bedeutet: Jeder Hohlraum im Salzgebirge schließt sich in relativ kurzer Zeit wieder, außer man hält ihn durch intensive Pflege offen. Weil das im Normalfall nicht geschieht, kennen wir auch nur so wenige Stollen aus prähistorischer Zeit. Bekannt geworden sind 60 Fundstellen, die sich auf drei Bereiche konzentrieren: die Nord-, Ost-und Westgruppe.

In der Nordgruppe wurde ab der späten Bronzezeit mit dem Abbau begonnen — früher als mit der Bestattung der Toten auf dem weltberühmten Gräberfeld am Ausgang des Salzbergtales. Die Grabbeigaben, die im wesentlichen zwischen 1846 und 1863 von dem Bergrat Johann Georg Ramsauer freigelegt und an die Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums verkauft worden sind, die sie später wieder an die Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums abgetreten hat, stammen aus der Zeit zwischen 800 und 400 v. Chr. Das ist jene Zeit, die auch bergmännisch am besten bekannt ist.

Eine Mure begrub alles

In der Ostgruppe baute der-Hallstattmensch das Salz ab, nachdem er das Bergwerk im Norden planmäßig stillgelegt hatte. Er arbeitete hier bis zu dem Tag, an dem eine gewaltige Mure das Bergwerk zum Einsturz brachte und alles und jedes unter sich begrub. Darunter auch jenen Bergmann, dessen Leiche 1734 konserviert im Kilbwerk gefunden worden ist. Er ist als „Mann im Salz” in die Literatur eingegangen.

Im Kilb-, aber auch im Stüger-werk, die beide im Bereich der Ostgruppe liegen, wurde mit eigens von der Saline zur Verfügung gestellten Bergleuten 1960 die systematische Forschungsarbeit aufgenommen. Die Untersuchungen fanden zunächst unter der Leitung von Karl Kromer, später unter der von Barth statt. Wie sich herausgestellt hat, unterscheidet sich die Hinterlassenschaft des hallstättischen Bergmannes in der Ostgruppe sehr von jener in der Nordgruppe. Wie sehr sich auch die Abbautechnik verändert hat, sollen die geplanten Untersuchungen im Grünerwerk zeigen.

Fest steht schon jetzt, daß im ältesten Salzbergwerk das Salzlager in steilen Schächten - dem Kupfererzbergbau ähnlich — abgebaut worden ist, während der Hallstattmensch im Bereich der Ostgruppe waagrechte Stollen angelegt und möglichst große Salzbrocken herzförmig abgeschlagen hat.

Die von ihm verwendeten Kienspäne (Fackeln) waren flach und nicht quadratisch zugeschnitten wie bei seinem Vorgänger, seine Kopfbedeckung bestand aus Zipfel- und Baskenmützen aus Fell, jene des älteren Bergmannes war kegelförmig aus Lederstücken gefertigt, und die Kleidung hatte man nicht mehr aus Fell und Leder, sondern aus Wolle oder aus gemusterten Stoffen hergestellt.

Der größte Teil aller Hallstätter Funde wird in Wien verwahrt. Einige Inventare befinden sich im Museum von Hallstatt und einige im Francisco-Carolinum in Linz.

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