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Demütigung oder Krieg?
Die Lage in der Ägäis wird zusehends unerfreulicher. Der Entschluß Großbritanniens, die auf ihrem zyprischen Stützpunkt bei Episkopi untergebrachten 10.000 türkischen Flüchtlinge in die Türkei ausfliegen zu lassen, hat ein wenig verwundert. Denn daß die griechischen Zyprer dies nicht einfach hinnehmen würden, war zu erwarten.
Die Lage in der Ägäis wird zusehends unerfreulicher. Der Entschluß Großbritanniens, die auf ihrem zyprischen Stützpunkt bei Episkopi untergebrachten 10.000 türkischen Flüchtlinge in die Türkei ausfliegen zu lassen, hat ein wenig verwundert. Denn daß die griechischen Zyprer dies nicht einfach hinnehmen würden, war zu erwarten.
Ihr an der britischen und amerikanischen Botschaft in Nikosia ausgelassener Zorn entzündet sich dabei primär an zwei Punkten. Den 200.000 griechisch-zypriotischen Flüchtlingen standen nur die 10.000 türkischen gegenüber. In den Augen der Griechen waren sie aber eine Art von Faustpfand, gegen das man von den Türken Konzessionen vor allem bei der Rückgabe von ehemals griechischem Besitz im besetzten Nordzypern einzuhandeln gecjachte. Nun ist nicht nur dieses Faustpfand hinfällig, sondern es scheint darüber hinaus sehr wahrscheinlich, daß sie von der Türkei aus in den besetzten Nordteil Zyperns zurückkehren werden, um dort den ehemaligen griechischen Besitz zu übernehmen. Damit wäre die geographische und ethnische Teilung der Insel um ein weiteres großes Stück vorgeschritten.
Der eigentliche Grund zur Sorge ergibt sich allerdings aus dem diplomatischen Hintergrund der Geschehnisse. Der britische Außenminister scheint sich bei seiner Entscheidung türkischem Druck gebeugt zu haben, nachdem auch die Amerikaner in der gleichen Richtung auf Großbritannien eingewirkt haben. Dabei hat Washington wohl den entscheidenden Impuls gegeben. Am 5. Februar lief das vom amerikanischen Kongreß gesetzte Ultimätum ab, das weitere Militärhilfe an die Türkei von sichtbaren Fortschritten in der Lösung der Zypern-Frage abhängig machte. Sollten die Waffenlieferungen nach dem Willen des Kongresses tatsächlich eingestellt werden müssen, wäre das für die Türkei Grund genug, der NATO den Rücken zu kehren.
Damit aber würde der durch den griechischen Rückzug schon geschwächte südöstliche Eckpfeiler des atlantischen Bündnisses vollends-zusammenbrechen und es wäre damit die NATO insgesamt in Frage gestellt. Dieses Risiko kann Washington nicht eingehen. Die Türken aber sind sich ihrer starken Position voll bewußt, und sie nutzen sie aus. Die türkischen Flüchtlinge könnten deshalb der Preis für eine freundliche Geste der Türkei sein, etwa für die Freigabe des Flughafens von Nikosia oder eines Teils des Hafens von Famagusta. Ob das aber ausreicht, in der Lösung des Zypern-Problems weiterzukommen?
Der türkische Außenminister Esenbel hat in einem Interview im Londoner „Guardian“ wenig Anlaß zu Optimismus gegeben. Man könne über vieles verhandeln, erklärte Esenbel, aber eine föderale Teilung der Insel sei die Voraussetzung dafür. In Athen und Nikosia wird man sich nur schwer zu einer solchen Konzession durchringen, die das Schicksal der 200.000 griechisch- zypriotischen Flüchtlinge besiegeln würde und vor allem für Ministerpräsident Karamanlis unabsehbare innenpolitische Folgen haben könnte.
Ob der griechische Vorwurf, die Amerikaner und Engländer unterstützten den Standpunkt der Türkei, zutrifft, läßt sich mit Sicherheit zwar nicht sagen. Die Amerikaner hätten aber durchaus gute Gründe für eine solche Haltung. Denn es ist sicherlich wünschenswerter, wenigstens die Türkei in der NATO zu halten, als auf sie und Griechenland verzichten zu müssen.
Damit würde Athen in eine Position gedrängt, in der die Alternative nur noch Demütigung durch die Türkei oder Waffengang heißen könnte. Die türkischen Ölbohrungen in der Ägäis können schon in kürzester Zeit diese Frage entscheiden. Nach den Worten von Esenbel sind die Bohrungen für die Türkei lebenswichtig, und man werde ohne Rücksicht auf territoriale Gegebenheiten dort bohren, wo man das meiste Öl vermutet. Nur Washington könnte es gelingen, auf die Türkei mäßigend einzuwirken. Bisher aber fehlen dafür jegliche Anzeichen.
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