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Digital In Arbeit

DEN REIZMAGEN BEACHTEN

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Die gute Nachricht zuerst: Magen-Darmleiden wie das Zwölffingerdarmgeschwür, das früher bei der Beschreibung von „Managerkrankheiten” nicht fehlen durfte, gehen deutlich zurück. Medikamentöse Therapien ersparen vielen Betroffenen das Operationsskalpell.

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Die gute Nachricht zuerst: Magen-Darmleiden wie das Zwölffingerdarmgeschwür, das früher bei der Beschreibung von „Managerkrankheiten” nicht fehlen durfte, gehen deutlich zurück. Medikamentöse Therapien ersparen vielen Betroffenen das Operationsskalpell.

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Nun die schlechte Nachricht: Immer noch beklagen sich 30 bis 40 Prozent aller Erwachsenen über Verdauungsbeschwerden; jeder Zehnte bekommt irgendwann ein Zwölffingerdarmgeschwür. Heute gehen Mediziner davon aus, daß sie häufig von psychischen und sozialen Spannungen herrühren. Für Unternehmen ist dieser Gesichtspunkt von besonderer Bedeutung, denn Magen-Darmerkrankungen gestreßter Mitarbeiter, die langen Heilungszeiten und die drohende Wiederkehr des Leidens sind bis zu einem gewissen Grade vermeidbar.

„Voller Bauch studiert nicht gern”, sagten die alten Römer. „Beschäftigter Mensch verdaut nicht gut”, so müssen wir heute in vielen Fällen hinzufügen. Diesen Effekt kann man vielleicht an sich selbst oder an anderen beobachten: Wenn schwerverdauliches Kantinenessen wie ein Stein im Magen liegt, dann passen Arbeit und Verdauung schlecht zusammen. Leichte Kost ist die beste für bewegungsarme Tätigkeiten. Gerade bei einem Reizmagen oder bei Zwölffingerdarmgeschwüren bekommen mehrere kleine Mahlzeiten, möglichst regelmäßig eingenommen, besser als eine opulente Hauptmahlzeit. Alkohol, Nikotin und Koffein schaden.

Bei saurem Magen sollte man darauf achten, ob das, was man zu sich nimmt, tatsächlich bekommt. Salizyl-haltige Schmerzmittel können die Magenschleimhaut reizen. Verdauungsbeschwerden werden auch durch eine Reihe von Medikamenten wie zum Beispiel Antibiotika oder eisenhaltige Präparate verursacht. Die regelmäßige Einnahme von Abführmitteln kann zur Darmträgheit führen, wenn sich der Körper auf die Hilfe von außen einstellt und seine eigene Tätigkeit reduziert. Ausreichende Bewegung und ballastreiche Nahrung zur richtigen Zeit und in passender Menge helfen oft ohne Nebenwirkungen weiter. Wichtig ist jedoch, selbst ein Gespür dafür zu entwickeln, was wirklich nutzt oder schadet. Patentrezepte können diesen sensiblen Umgang mit sich selbst nicht ersetzen, denn Magen-Darm-Störungen sind von einer Reihe persönlicher Faktoren abhängig.

Streß fördert Magensäure

Streß und Arbeitsanforderungen haben direkte Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt, die bei verschiedenen Menschen recht unterschiedlich aussehen. Mit Hilfe der modernen Medizintechnik lassen sie sich beobachten. Wer unter Zeitdruck Intelligenzaufgaben lösen muß, verändert die Tätigkeit seines Magens. Gerold Holtmann (Medizinische Klinik und Poliklinik'Essen) weist aber darauf hin, daß die konkreten Effekte von der Persönlichkeitsstruktur der Versuchsperson abhängig sind. „So kann die Magensäuresekretion bei einem Teil gesunder Versuchspersonen unter Leistungsstreß um bis zu 70 Prozent zunehmen, während andere Probanden eine Abnahme um den gleichen Betrag aufweisen.” (Ärzte-Zeitung, Forschuhg und Praxis 151/92) Hans Henning Studt (Uniklinik Steglitz in Berlin) berichtet, daß psychische Faktoren, wie der Verlust von Geborgenheit und Zuwendung eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Zwölffingerdarmgeschwüren spielen.

Bei Interviews mit gleichzeitigen Röntgenaufnahmen war zu beobachten, daß sich die Muskel in der Magenhöhle verkrampften, wenn über Themen geredet wurde, die die Psyche belasten. Mitunter spielen unbewußte Neidgefühle eine große Rolle bei der Entstehung von Zwölffingerdarmgeschwüren. Ein vertrauensvoller Umgangston am Arbeitsplatz, Transparenz von Personalentscheidungen und die Vermeidung von emotional belastenden Auslösersituationen können den Betroffenen helfen. Aus: Blick durch die Wirtschaft, 17. Februar 1993

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