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Den Unterhalt auch ohne Urteil sichern

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In der vergangenen Woche hat der Katholische Familienverband Wien unter dem Titel „Frau und Gesellschaft in den 80er Jahren" seine Grundsätze und Forderungen zur aktuellen Verwirklichung der Wiener Synodenbeschlüsse, soweit sie die soziale Stellung der Frau betreffen, vorgestellt.

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In der vergangenen Woche hat der Katholische Familienverband Wien unter dem Titel „Frau und Gesellschaft in den 80er Jahren" seine Grundsätze und Forderungen zur aktuellen Verwirklichung der Wiener Synodenbeschlüsse, soweit sie die soziale Stellung der Frau betreffen, vorgestellt.

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Eines der darin aufgezeigten Probleme betrifft die materielle Not, in die ein nicht erwerbstätiger Ehepartner - meist die Frau - geraten kann, wenn sich der erwerbstätige Partner plötzlich (in der Regel als Begleitmusik zu einem bevorstehenden oder bereits laufenden Scheidungsverfahren) weigert, den notwendigen Unterhalt zu gewähren. Sicherlich wird es in einer solchen Situation für den Bestand der Ehe nicht gerade förderlich sein, wenn sich die Frau an die Gerichte um Abhilfe wendet, in vielen Fällen wird dieser Schritt aber doch nicht zu umgehen sein, soll die Frau nicht rechtlos bleiben.

Soll in dieser Lage die Frau davor bewahrt werden, unter dem Druck der sich ausbreitenden materiellen Not jede für sie noch so nachteilige Vereinbarung akzeptieren zu müssen, weil sie einfach nicht in der Lage ist, bis zum glücklichen Abschluß des gerichtlichen Verfahrens finanziell durchzuhalten, so muß ihr so rasch wie möglich geholfen werden.

Die Prozeßordnung der Gerichte bietet für einen solchen Fall eine gewisse Abhilfe in Form des sogenannten „einstweiligen Unterhaltes", zu dessen Zahlung der Unterhaltspflichtige in einem abgekürzten Verfahren verhalten werden kann. Um in den Genuß eines solchen einstweiligen Unterhaltes zu gelangen, muß der Unterhaltspflichtige seinen Unterhaltsanspruch aber doch immerhin „bescheinigen", das heißt, er muß dem Richter durch entsprechende Beweismittel („Auskunftsmittel") die Berechtigung seines Unterhaltsbegehrens zumindest wahrscheinlich machen.

Das erfordert meist ein eigenes Verfahren und damit - auch im Hinblick auf die notorische Überlastung von Richtern und Gerichten - oft beachtlich viel Zeit. Dazu kommt noch, daß der einmal ausgesprochene einstweilige Unterhalt auch dann nicht zurückgezahlt werden muß, wenn sich nach dem entgültigen Abschluß des gerichtlichen Verfahrens herausstellen sollte, daß dem Kläger in Wahrheit gar kein oder nur ein geringerer Unterhaltsanspruch zusteht.

Der Richter wird daher geneigt sein, das Begehren nach einstweiligem Unterhalt lieber etwas gründlicher und damit zeitaufwendiger zu prüfen, als Gefahr zu laufen, dem Gegner einen zu hohen (wenn auch „einstweiligen") Unterhalt aufzuerlegen.

Der Katholische Familienverband Wien schlägt daher vor, dem Richter durch eine entsprechende Änderung der Verfahrensvorschriften die Möglichkeit zu geben, dem Unterhaltsschuldner auch ohne Bescheinigung des Anspruches eine Unterhaltsleistung aufzuerlegen. Der Richter hätte also zunächst bei seiner Entscheidung ohne weitere Uberprüfung ihrer Richtigkeit von den Angaben des

Unterhaltsklägers auszugehen. Die Leistung dieses vorläufigen Unterhaltes könne dem Unterhaltsschuldner somit ohne jeden Zeitverlust sofort nach Einlagen des Antrages bei Gericht auferlegt werden, wenn nur die Angaben im Antrag geeignet sind, einen solchen Anspruch zu begründen.

Es ist klar, daß eine solche Regelung die Gefahr von Mißbräuchen zum Nachteil des Unterhaltsschuldners erwarten läßt. Der Katholische Familienverband Wien schlägt daher als Korrektiv für die fehlende richterliche Prüfung des Wahrheitsgehaltes der Antragsangaben zwei Sicherungen vor:

Um einerseits ein Umschlagen dieses zum Schutz des nichterwerbstätigen Ehepartners zu schaffende Instrument in sein Gegenteil (einer Waffe zum wirtschaftlichen Ruin des erwerbstätigen Ehepartners) möglichst zu verhindern, soll für diesen vorläufigen Unterhalt eine absolute Obergrenze - etwa in der Höhe des Richtsatzes für die Ausgleichszulage der Sozialversicherung (derzeit S 3493,-) eingezogen werden.

Andererseits wäre vorzusehen, daß der auf Grund einer solchen Entscheidung dem Unterhaltskläger in unangemessener Höhe zugekommene Unterhalt gegen den ihm später endgültig zugesprochenen niedrigeren Unterhaltsanspruch aufzurechnen und im Falle der endgültigen Ablehnung eines Unterhaltsanspruches von ihm zurückzuzahlen ist.

Umgekehrt wäre natürlich der später zu einer höheren endgültigen Unterhaltsleistung verurteilte Beklagte auch zur Zahlung des Differenzbetrages zu verurteilen.

Zu beachten ist bei diesem Vorschlag des Katholischen Familienverbandes Wien, daß hier einmal nicht die öffentliche Hand zur Kasse gebeten wird. Es soll vielmehr durch eine relativ einfache Korrektur der Verfahrensgesetze die Waffengleichheit im Unterhaltsprozeß auch auf den für das Durchstehen eines solchen Prozesses sehr bedeutsamen wirtschaftlichen Hintergrund ausgedehnt werden.

In diesem Zusammenhang meint der Katholische Familienverband auch, der jetzt so vielfach geforderte „Zugang zum Recht" erfordere es, daß die rechtssuchende Bevölkerung von ihren rechtlichen Möglichkeiten auch Kenntnis erlangt, weshalb an das Bundesministerium für Justiz die Anregung nach Herausgabe einer „Unterhaltsfibel" gerichtet wird.

Natürlich muß dieses vom Katholischen Familienverband Wien aus Anlaß seiner Überlegungen zum Problemkreis Frau entwickelte Modell, nicht auf die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen zwischen Ehepartnern beschränkt bleiben, sondern könnte ohne weiteres auf alle Fälle der gerichtlichen Durchsetzung gesetzlicher Unterhaltsansprüche erweitert werden.

(DDr. Jakusch ist Oberlandesgerichtsrat im Bundesministerium für Justiz.)

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