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Den Wienern eng verbunden..

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Claudio Abbado, der international erfolgreiche junge Italiener, ist mit Wien und den Wiener Philharmonikern seit Jahren eng verbunden. 1956 bis 1958 studierte er hier an der Musikakademie. 1971 wurde er philharmonischer „Hauptdirigent“. Nun führt er das Orchester durch Japan, nach Seoul und Peking... Knapp vor der Abreise hat nun auch Direktor Rudolf Gamsjäger Abbados Staatsoperndebüt mit Mussorgskis „Cho-wanschtschina“ (mit Nikolai Ghiauroff, Regie: wahrscheinlich Otto Schenk) für März 1975 festgelegt.

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Claudio Abbado, der international erfolgreiche junge Italiener, ist mit Wien und den Wiener Philharmonikern seit Jahren eng verbunden. 1956 bis 1958 studierte er hier an der Musikakademie. 1971 wurde er philharmonischer „Hauptdirigent“. Nun führt er das Orchester durch Japan, nach Seoul und Peking... Knapp vor der Abreise hat nun auch Direktor Rudolf Gamsjäger Abbados Staatsoperndebüt mit Mussorgskis „Cho-wanschtschina“ (mit Nikolai Ghiauroff, Regie: wahrscheinlich Otto Schenk) für März 1975 festgelegt.

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FURCHE: Wie kam es, daß Abbado in den letzten Jahren zu einem der meistgefragten Operndirigenten wurde?

ABBADO: Die Oper als Hauptarbeitsgebiet habe ich erst vor kurzem für mich entdeckt. Aber ich mußte mich damit intensiv auseinandersetzen, seit wir — Grassi, Bogiankino und ich — als Dreierteam die Mailänder Scala leiten und vor allem zu reformieren begannen. An der Scala zeigte sich besonders deutlich die Reformbedürftigkeit des Opernsystems, der Organisation, des Spielplans, aber auch die Notwendigkeit, das Publikum umzukrempeln. Wir wollten auch in Hinkunft ein Publikum haben: Also mußten wir Jugend gewinnen und überhaupt die Publikumsbasis verbreitern, das heißt gegen manchen Widerstand andere Schichten, zum Beispiel Arbeiter, ins Haus ziehen.

FURCHE: Wie wurde das Spielplansystem geändert?

ABBADO: Wir mußten bei den Konzertprogrammen beginnen. So verteilten wir etwa das Gesamtwerk von Schönberg, Bruckner, Bartök und Brahms über drei Spielzeiten,nachdem wir bereits mit diesem System bei Mahler und Berg großen Erfolg hatten. Auf dem Sektor Oper — wir bringen jährlich zehn bis elf Produktionen heraus — mußte natürlich das Schwergewicht auf dem Italienischen bleiben, aber bei Mozart und Wagner entdeckten wir großen Nachholbedarf. Mit dem Bolschoitheater wurde ein Austauschabkommen für vier russische Produktionen vereinbart. Und vor allem neue Werke mußten ins Programm: Luigi Nono schreibt jetzt ein Musiktheaterstück „La commune“; auch Berdo hart ein Werk versprochen!

Schließlich kamen vom Ausland immer mehr Anfragen, so daß ich jetzt bereits bis zum Winter 1975 vollkommen ausgebucht bin, owohl ich nur die besten Besetzunsbedingungen akzeptiere. So einen Münchner „Don Carlos“ im Herbst 1975 mit Katja Ricciarelli, Shirley Verrett, Placido Domingo, Giuseppe Raimon-di, Maretti Talvela, Regie: Otto Schenk, oder einen in Covent Garden. Da kann man nicht nein sagen. Aber an der „Met“ habe ich abgelehnt, weil ich in den USA eigentlich nur mit den Orchestern von Philadelphia, Chikago und Cleveland arbeiten möchte. Und auch mit dem hervorragenden Studentenorchester des Curtis-Institutes in Philadelphia.

FURCHE: Warum dirigiert Claudio Abbado trotz dem erfolgreichen „Barbier“ in Salzburg keine Oper mehr?

ABBADO: Ich habe nie gefragt, mich nie aufgedrängt. Ich glaube, man disponiert dorrt zu langsam.Außerdem möchte ich mit den Philharmonikern vor allem in Konzerten soviel wie möglich zusammenarbeiten. Für September 1974 wurde mit ihnen eine Europa-, für 1975 eine Italientournee vereinbart.

FURCHE: Was bindet Sie an dieses Orchester?

ABBADO: Ich habe gerade vor der Japantournee täglich zwei philharmonische Proben geleitet, ein umfangreiches Programm erarbeitet, von Mozart bis Webern. Ich kenne also dieses Orchester besser als die meisten anderen. Und ich schätze hier das natürliche Verhältnis zur Tradition, das Bewahren der Eigenart, was man sonst bei einem Orchester mit so vielen jungen Musikern kaum findet. In Mailand zum Beispiel überhaupt nicht... Natürlich muß man sich an die Eigenart erst einmal gewöhnen: Daran, daß sie nach dem Schlag des Dirigenten spielen oder an das ganz andere Vi-brato und an den eigenen Harnklang. Aber trotz aller Eigenwilligkeiten sind sie hervorragend formbar.

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