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Denkmalbauruinfcn

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Vier Milliarden achthundert -neunundvierzig Millionen ein-hundertdreiundvierzigtausend siebenhunderteinundneunzig Schilling — eine Zahl, die man sich zweimal vor Augen halten muß, um ihre Dimension zu erfassen: 4,849,143.791,- Schilling. Laut einer Erhebung der Diözesanbauämter wäre für die Jahre 1981 bis 1985 diese Summe erforderlich, um alle unter Denkmalschutz stehenden Bauwerke der katholischen Kirche instandzusetzen beziehungsweise instandzuhalten.

Demgegenüber steht zum Vergleich die Summe von 470 Millionen Schilling, die im Jahr 1978 von der Kirche tatsächlich für Denkmalschutzvorhaben ausgegeben werden konnte. Nimmt man diese Zahl als Grundlage für die zur Verfügung stehenden Mittel, so ergeben sich für fünf Jahre etwa 2,3 Milliarden Schilling - also nicht einmal ganz die Hälfte dessen, was benötigt wird.

Dieses Mißverhältnis macht betroffen, vor allem wenn man die Konsequenzen bedenkt: Was geschieht mit all jenen Bauwerken, die in Zukunft aus kircheneigenen Mitteln nicht mehr erhalten werden können? Wird Osterreich zu einem Land der verfallenen Klöster und Kirchen, der malerischen Ruinen? Die Unterstützung von seiten der öffentlichen Hand reicht derzeit nicht einmal aus, um die Mehrwertsteuer der für Denkmalschutz ausgegebenen Beträge zu ersetzen.

Lange nicht so pessimistisch sieht Gerhard Sailer, seit kurzem Präsident des Bundesdenkmal-amtes und für die Subventionsvergabe zuständig, die Situation. Er steht den Erhebungszahlen skeptisch gegenüber, da sie seiner Meinung nach auf subjektiven Einschätzungen beruhen. Für problematisch hält er jedoch die unterschiedliche Verteilung der Gelder innerhalb der Kirche: Während manche Pfarren mühelos durch private Spenden die notwendigen Bauten und Erhaltungsmaßnahmen durchführen können, gibt es anderswo tatsächlich Engpässe.

Dazu kommt, daß Neubauten und Renovierungen von der Kirche aus einem Baubudget finanziert werden und die Meinungen über die Prioritäten von pastora-len und denkmalpflegerischen Pflichten oft auseinandergehen.

Laut Paragraph 2 des Denkmalschutzgesetzes sind alle Gebäude öffentlicher Körperschaften wie des Bundes, der Länder, Gemeinden und aller öffentlich anerkannten Religionsgemeinschaften grundsätzlich geschützt. Für die katholische Kirche bedeutet das, Eigentümerin von schätzungsweise 12.000 Baudenkmälern und damit zur Erhaltung von etwa 60 Prozent aller denkmalgeschützten Bauten in Osterreich verpflichtet zu sein.

Für Baukostenzuschüsse steht dem Bundesdenkmalamt im laufenden Jahr 1982 ein Budget von insgesamt rund 80 Millionen Schilling zur Verfügung, wovon ungefähr 50 bis 60 Prozent der Kirche zufließen — eine Summe, die eben nicht genügt.

Laut Präsident Sailer ist das Budget zwischen 1978 und 1982 auf das Doppelte gestiegen. Seiner Meinung nach sind das eigentliche Problem also nicht eine Kürzung oder ein Einfrieren der Unterstützungen, sondern die enormen Preissteigerungen — was in der Praxis allerdings auf dasselbe herauskommt.

Wie hoch die Kosten für grundlegende Renovierungen sind, illustrieren ein paar Beispiele. So hat die Instandsetzung des Doms zu Wiener Neustadt vor einigen Jahren die beachtliche Summe von rund 16 Millionen Schilling gekostet. Die Erneuerung nur einer Fassade des Stiftes Göttweig verschlang 18 Millionen. Spitzenreiter ist jedoch das Stift Melk, wo die Renovierung der ersten Bauetappe (Kirche und Vorderfront) 100 Millionen Schilling erforderte. Obwohl es in Osterreich keine gesetzliche Klassifizierung innerhalb der denkmalgeschützten Bauten gibt, wird in der Praxis doch nach Prioritäten im Sinne des Kulturgüterschutzes vorgegangen. Im Fall von Melk wurde daher eine Finanzierungslösung gefunden, die zu je einem Drittel das Stift, den Bund und das Land Niederösterreich einbezog.

Der Vorschlag der Kirche, die öffentliche Hand solle grundsätzlich die Kostendifferenz zwischen einer normalen und einer denkmalschutzgerechten Renovierung übernehmen, würde eine reale Subventionssteigerung bedeuten und stieß auf die Ablehnung des Finanzministers, der unter Hinweis auf die derzeitige wirtschaftliche Situation eine Erhöhung ausschloß.

Die wirtschaftlichen Probleme wirken sich aber auch auf die Einnahmen der Stifte und Klöster sowie auf jene aus dem Kirchenbeitrag aus, so daß die Eigenmittel der Kirche ebenfalls real sinken.

Auf konkrete Pläne und Maßnahmen befragt, betont Präsident Sailer, daß bis jetzt die wirklich notwendigen Erhaltungsarbeiten noch finanziert werden könnten und man sich weitere Schritte erst in Zukunft überlegen werde.

Walter Hagel, Rechtsreferent der Diözese St. Pölten, der die erhobenen Zahlen im Auftrag der österreichischen Bischofskonferenz zusammengestellt hat, sieht hingegen die konkrete Gefahr, daß in nicht allzu ferner Zukunft ein schützenswertes Gebäude tatsächlich nicht einmal mehr notdürftig erhalten werden könnte. Was in einem derartigen Präzedenzfall dann wirklich unternommen wird, steht in den Sternen.

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