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Der Aufwärtstrend ist unverkennbar

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Zum Unterschied von anderen europäischen Regionen ist in Vorarlberg eine starke Aufwärtsentwicklung der Erwachsenenbildung festzustellen. Das Land hat aber auch in den letzten Jahren, etwa durch das in seiner Art in Österreich bis dahin einmalige Kulturforderungsgesetz von 1974, vorbildliche Maßnahmen gesetzt, die von der Bevölkerung honoriert werden.

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Zum Unterschied von anderen europäischen Regionen ist in Vorarlberg eine starke Aufwärtsentwicklung der Erwachsenenbildung festzustellen. Das Land hat aber auch in den letzten Jahren, etwa durch das in seiner Art in Österreich bis dahin einmalige Kulturforderungsgesetz von 1974, vorbildliche Maßnahmen gesetzt, die von der Bevölkerung honoriert werden.

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„Man redet davon, daß man sich heutzutage ständig in seinem Beruf weiterbilden muß, um den Anforderungen gerecht zu werden. Stimmen Sie dieser Meinung zu?“ Bei einer Repräsentativbefragung der Vorarlberger über 18 Jahre antworteten 93,2 Prozent auf diese Frage mit, ja“. Und 82,1 Prozent gaben auch gleich zu verstehen, daß sie es für durchaussinnvoll halten, wenn heute viel Geld für Einrichtungen ausgegeben wird, wo sich Erwachsene weiterbüden können.

Dieser fast totalen Zustimmung der Vorarlberger Bevölkerung zur Erwachsenenbildung und zu deren öffentlicher Subventionierung steht eine aufgeschlossene Politik der Landesregierung und Landesverwaltung gegenüber. So bestehen für die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens von Seiten des Landes durch das Kulturförderungsgesetz von 1974 - dem ersten dieser Art in Österreich - gesetzliche Grundlagen.

Eine Frucht dieses Landesgesetzes ist die beim Amt der Vorarlberger Landesregierung eingerichtete Volksbildungskommission, ein Beratungsorgan der Landesregierung in Angelegenheiten der Förderung der Volksund Erwachsenenbildung unter dem Vorsitz von Dr. Reinhold Bernhard, dem Vorstand der Abteüung Wissenschaft und Volksbildung, im Amt der Landesregierung. Außerdem wurde 1975 im Amt der Vorarlberger Landesregierung ein Referat für Erwachsenenbildung geschaffen, und seit 1976 betreut eine Landesbüchereistelle das Vorarlberger Netz der öffentlichen Büchereien.

Da der erwähnten Volksbildungskommission die Intensivierung der Erwachsenenbildung in den Gemeinden besonders am Herzen liegt, hat sie ein entsprechendes Arbeitspapier erstellt, das als Empfehlung an alle Gemeinden gerichtet wurde, in ihrem Bereich räumliche und technische Hilfe für die Erwachsenenbüdung zu leisten, diese auch in das Jahresbudget einzubeziehen und alle Aktivitäten auf diesem Gebiet so weit wie möglich zu unterstützen. Die Einstellungen der einzelnen Gemeinden zu den Bemühungen der Erwachsenenbüdung sind freüich noch sehr unterschiedlich.

Vor allem auf dem Gebiet der Erwachsenenbüdung, noch dazu in einem relativ kleinen Bundesland wie Vorarlberg, ist eine gute Zusammenarbeit der damit befaßten Institutionen mehr als sinnvoll. Drei Gremien sind in diesem Zusammenhang besonders zu erwähnen: die „Arbeitsgemeinschaft Vorarlberger Erwachsenenbildung“, die „Arbeitsgemeinschaft Vorarlberger Büdungswerke“ und die „Arbeitsgemeinschaft Vorarlberger Büchereien“. Daß in diesen Institutionen Konkurrenzdenken hin-tangestellt wird, daß sich Einrichtungen verschiedenster Trägerorganisationen (Kirchen, Interessensverbände, Gemeinden, Land, Bund, Schulen, Vereine) ehrlich um eine fruchtbare Arbeit bemühen, ist das Geheimnis schöner bisheriger Erfolge. Darüber hinaus herrscht eine gute internationale Zusammenarbeit in der „Arbeitsgemeinschaft Alpenländer“.

Zu den freien Trägern der Vorarlberger Erwachsenenbüdung im engeren Sinne zählen das Katholische Bildungswerk Vorarlberg, das Evangelische BUdungswerk, die Volkshochschule Bregenz, die Volkshochschule der Arbeiterkammer, das Bildungs-haüs Batschuns, das Jugend- und BU-dungshaus St. Arbogast, das Wirt-schäftsförderungsinstitut der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, das Be-rufsförderungsinstitut, das Ländliche Fortbüdungsinstitut, die Vorarlberger Volkswirtschaftliche Gesellschaft und das Institut für Unternehmungsführung (Management-Center der Handelskammer für Vorarlberg). Wertvolle Bildungarbeit an vielen Vorarlbergern leistete auch schon das „Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium für Berufstätige“ mit dem Sitz in Innsbruck.

Mit fast 95.000 Besuchern bei nahezu 2500 Veranstaltungen (vor allem Seminaren, Kursen und Vorträgen) im Jahr 1977 liegt das Katholische BUdungswerk zahlenmäßig weit voran. Diese Einrichtung, die grundsätzlich allen Erwachsenen - unabhängig von Konfession und Weltanschauung - zur Verfügung steht, bietet vor allem Ehe-und Elternbildung, politische, soziale, theologische und religiöse Bildung und ein musisch-kulturelles Programm.

Im weiteren Sinne befassen sich auch Institutionen, deren Zielsetzung

- oberflächlich betrachtet - die Bewahrung von Volkskultur und Brauchtum ist, mit Erwachsenenbüdung. Was ist denn kulturelle Betätigung - wie gemeinsames Musizieren, Singen, Theaterspielen - anderes als Bildungsarbeit

- und sei es nur an sich selbst? Der Vorarlberger Sängerbund, der Vorarlberger Harmoniebund, der Vorarlberger Landestrachtenbund oder der Verein zur Pflege der Kirchenmusik, der Landesmuseumsverein, die Arbeitsgemeinschaft Vorarlberger Amateurtheater und die Aktion „Der gute Film“ erschöpfen noch lange nicht die Liste all jener Vereinigungen, die hier sinnvoll und nutzbringend wirken.

Kleine kulturelle Drehscheiben in den 96 Vorarlberger Gemeinden sind die 76 Vorarlberger Büchereien, die 1976 einen Bestand von 147.465 Bänden und 266.927 Entlehnungen zu verzeichnen hatten. Ferner befriedigen zehn Arbeiterkammerbüchereien mit 69.100 Bänden und über 200.000 Entlehnungen pro Jahr die Leselust des Publikums.

Die Aufwärtsentwicklung in der Erwachsenenbildung in Vorarlberg weicht vom Trend in anderen Regionen Mitteleuropas ab, ist aber zahlenmäßig eindeutig belegbar. Die wachsenden Teilnehmerzahlen verlangen auch laufend nach einem stärkeren Veranstaltungsangebot und dieses wieder nach personellen Konsequenzen. Immer mehr haupt- und nebenamtliche Kräfte werden für Vorarlbergs Erwachsenenbüdung benötigt. Das kostet viel Geld, weshalb eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden muß, um den Verantwortlichen die Notwendigkeit der finanziellen Unterstützung der Bü-dungsarbeit immer wieder bewußt zu machen.

Die zunehmende Aufgeschlossenheit des Landes geht schon daraus hervor, daß der Lahdesvoranschlag 1978 bereits, mehr als elf Millionen Schilling für die Erwachsenenbüdung vorsah (inklusive Baurate Schloß Hofen), während es noch 1975 nur 3,9 Millionen waren. Wobei 6,206.000 Schilling für die allgemeine Erwachsenenbüdung, 3,450.000 Schilling für die berufsfördernde Bildung, 800.000 Schilling speziell für den musischen Bereich und 605.000 Schilling für die Volksbüchereien veranschlagt wurden.

Diese Großzügigkeit hat bereits bewirkt, daß man heute von einer „flächendeckenden“ Erwachsenenbüdung in Vorarlberg sprechen kann, die praktisch alle Talschaften des Landes erreicht. Freüich verhehlen die Bildungsplaner nicht, daß es noch Bevölkerungsgruppen gibt, die als Randschichten der Weiterbüdung anzusprechen sind und die somit stärker kontaktiert werden müsseh. In den letzten Jahren zeigte sich ein Trend zur beruflichen Weiterbüdung und ein steigendes Interesse am kreativen Bereich. Die allgemeinbüdende Erwachsenenbüdung hat aber ihren Stellenwert behalten.

Zu den beiden wichtigsten Bü-dungshäusern Batschuns (1977: 232 Veranstaltungen und 9935 Besucher) und St. Arbogast (1977: 403 Veranstaltungen und 15.364 Besucher) soll nun ein drittes kommen. Die Landesregierung hat heuer fünf Mülionen Schilling für die denkmalpflegerische Sanierung und den Ausbau von Schloß Hofen bereitgestellt. Das Renaissanceschloß in Lochau, fünf Küometer von Bregenz, soll unter anderem für Veranstaltungen der in Vorbereitung befindlichen Alemannischen Akademie, für postuniversitäre Kurse für Akademiker, für Wirtschaftsseminare und für die Fortbüdung von Landesbediensteten zur Verfügung stehen.

Wenn aUes gut geht, wird der respektable Bau, der einst den Herren von Raitenau als Domizil diente (einer von ihnen, Wolf Dietrich, brachte es immerhin zum Erzbischof von Salzburg), 1980 seiner neuen Bestimmung übergeben werden können. Nach Meinung von Dr. Reinhold Bernhard kann Schloß Hofen dann „beinahe als äußeres Symbol für die Bestrebungen der Weiterbildung in Vorarlberg gelten, wenn man die Auffassung vertritt, daß die Fortbildung wie vieles im Bereich des menschlichen Geistes auf Bewährtem gründen sollte, wenn sie neue Ziele in gesicherten Formen anstreben will.“

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