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Der Fall Galina

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Am 19. Jänner 1982 starb in Moskau der Erste Stellvertretende Vorsitzende des sowjetischen Geheimdienstes KGB, General Semjon Zwigun. Alsbald schwirrten Gerüchte durch die sowjetische Hauptstadt: Starb Zwigun eines natürlichen Todes? Hatte er Selbstmord begangen? Oder war Zwigun gar einem Mordanschlag zum Opfer gefallen?

Im März desselben Jahres berichteten Auslandskorrespondenten aus Moskau von Korruptionsaffären, in die niemand Geringerer als Breschnews Tochter Galina Breschnewa-Tschurbanowa, deren Liebhaber Boris Burjatskij („Der Zigeuner") sowie der Generaldirektor des sowjetischen Nationalzirkus, A. Kolwatow, mitverwickelt seien.

Daß die beiden Ereignisse etwas miteinander zu tun gehabt haben könnten, wurde klar, als man die Person Zwiguns genauer unter die Lupe nahm: Zwigun war nicht nur der Schwager des KPdSU-Chefs, er galt auch als Breschnews Mann im KGB, der mit Jurij Andropow, damals KGB-Vorsitzender, nicht unbedingt auf gutem Fuß gestanden haben soll. Und offensichtlich war es Zwigun gewesen, der die Machenschaften von Breschnew-Tochter Galina und deren Freunden lange Zeit hindurch gedeckt hatte.

Die „Akte Galina" landete Anfang 1982 dennoch auf dem Schreibtisch des damaligen KPdSU-Chefideologen und Breschnew-Widersachers Suslow. Der bat Zwigun am 18. Jänner zu einer Aussprache. Tags darauf war der KGB-Vize tot.

Zwigun, Galina und Freunde waren aber wohl nur Schachfiguren im Kampf der Giganten, der sich im Kreml in der Endzeit Breschnews um dessen Nachfolge abgespielt haben muß. Nicht von ungefähr interpretierten westliche Sowjetkenner das Bekanntwerden des „Falles Galina" als mehr oder weniger offene Attak-ke von KGB-Chef Andropow und Suslow gegen die Breschnew-Mafia und damit gegen den KPdSU-Chef selbst.

Um diese Geschehnisse herum hat das bewährte Autorenteam Eduard Topol und Friedrich Nes-nanskij, zwei 1978 in die USA emigrierte Sowjetjournalisten, einen ungemein spannenden Po-lit-Thriller gestrickt. Und ebenso wie „Geschäfte in Baku" (siehe FURCHE Nr. 36/83) bietet auch dieser Roman eine Fülle von Einblicken in den Sowjetalltag - sowohl an der „Basis" wie an der Machtspitze.

Fazit: Lektüre, die fesselt, nicht nur weil sie spannend ist, sondern auch, weil hier geschickt politische Ereignisse in einen Roman verpackt werden.

ROTER PLATZ. Von Eduard Topol und Friedrich Nesnanskij. Ullstein-Verlag, Berlin-Frankfurt-Wien 1983. 348 Seiten, geb., öS 258.50.

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