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Der Fiskus greift in alle Taschen

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Das soziale Netz ist für Unternehmer fast so dicht geknüpft wie für Unselbständige. Die fiskalischen Hürden durch Steuern und Abgaben sind nicht so leicht zu überspringen.

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Das soziale Netz ist für Unternehmer fast so dicht geknüpft wie für Unselbständige. Die fiskalischen Hürden durch Steuern und Abgaben sind nicht so leicht zu überspringen.

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Ein angehender Unternehmer muß kein Steuerexperte sein. Es gibt da viele Auskunftsstellen wie etwa die finanzpolitischen Abteilungen der Kammern oder Steuerberater, deren Rat man aber unbedingt vor der Unternehmensgründung einholen sollte.

Den ersten Kontakt mit Steuern und Abgaben bekommt ein Unternehmer in der Regel bereits vor dem Erhalt seines Gewerbescheines. Meist hat er schon vorher

Einkäufe etc. durchzuführen, für die Umsatzsteuer zu bezahlen ist. Man meldet daher seinem zuständigen Betriebsfinanzamt schriftlich oder mündlich, daß man mit einer unternehmerischen Tätigkeit begonnen hat. Das Finanzamt schickt einen Fragebogen über Person und das zukünftige Unternehmen und weist eine Steuernummer zu.

Grundsätzlich muß man als Gründungswilliger mit folgenden Steuern und Abgaben rechnen (vgl. Kasten „Was kassiert der Staat vom Unternehmer?“).

1. Laufende Abgaben an das zuständige Finanzamt bzw. die Gemeinde:

• Die Umsatzsteuer betrifft jeden Jungchef gleich zu Beginn seiner Tätigkeit, weil sie unmittelbar einnahmen- und ausgabenabhängig ist.

Sie selbst können jene Umsatzsteuer (Vorsteuer) abziehen, die Ihnen Ihre Zulieferer oder Lei-stungsbringer in Rechnung stellen. An das Finanzamt geht daher monatlich nur die sogenannte „Zahllast“ zwischen Umsatz- und Vorsteuer.

Wer eine bestimmte Umsatzhöhe (derzeit 300.000 Schilling) nicht überschreitet, kann bei seinem Finanzamt um eine vierteljährliche Voranmeldung bzw. Bezahlung ansuchen;

• dieLohnsteuer;

?i der Dienstgeberbeitrag zum amilienlastenausgleichsfonds;

• die Lohnsummensteuer;

• die U-Bahn-Steuer muß in Wien für jeden Dienstnehmer bezahlt werden, der beim Unternehmen direkt in der Landeshauptstadt beschäftigt ist;

• daneben gibt es noch eine Reihe spezieller Branchensteuern, wie Getränke-, Eis- oder Vergnügungssteuer.

Bei fast allen diesen Steuern und Abgaben gibt es Freibeträge für Kleinunternehmer.

2. Die sogenannten veranlagten Steuern, die das jeweilige Finanzamt aufgrund der Steuererklärung festlegt und wofür Vorauszahlungen zu leisten sind.

Die wichtigsten Steuern dieser Kategorie sind die Gewerbe-, Vermögen- und Einkommen bzw. Körperschaftssteuer. # Bei der Gewerbesteuer ist mit einem durchschnittlichen Satz von 15 Prozent zu rechnen. Berechnungsgrundlage ist der Gewinn mit bestimmten Kürzungen und Hinzurechnungen. Bis Anfang 1986 gibt es noch zwei Bemessungsgrundlagen: den Gewerbeertrag, der sich vom Gewinn herleitet, und das Gewerbekapital, das aus dem Einheitswert des Unternehmens errechnet wird. Die Gewerbekapitalsteuer wird derzeit in drei Stufen abgebaut und entfällt ab 1986 gänzlich. Diese Bestimmungen gelten auch für Personen- und Kapitalgesellschaften.

# Die Vermögensteuer richtet sich nach dem privaten und dem Betriebsvermögen des Unternehmers. Nach wie vor gilt hier das System der Haushaltsbesteuerung. Das heißt, das Vermögen aller in einem Haushalt lebenden Personen wird zusammengefaßt und besteuert. Es gibt aber eine Reihe von Freibeträgen für Wertpapiere, Bargeld, Lebensversicherungen etc., die geltend gemacht werden können. Die Vermögensteuerberechnung erfolgt ebenfalls bei Personen- und Kapitalgesellschaften. • Der Einkommensteuer unterliegen Einzelunternehmer und Mitglieder der Personengesellschaften. Sie steigt progressiv bis maximal 62 Prozent.

Das Äquivalent zu dieser Steuer ist bei Kapitalgesellschaften die Körperschaftsteuer. Ab dem Gewinnjahr 1986 entfällt hier die sogenannte „Doppelbesteuerung“. Für ausgeschüttete Gewinne wird nur mehr der halbe Einkommensteuersatz bzw. der halbe Körperschaftsteuersatz berechnet.

Die freiberuflich Tätigen haben ebenfalls mit diesen Steuern zu rechnen, natürlich mit Ausnahme der Gewerbesteuer.

Was die soziale Sicherheit betrifft, so wechselt man mit der Ausstellung des Gewerbescheines den Sozialversicherungsträger. (Die jeweilige Gewerbebehörde meldet jeden neuen Unternehmer bei der Sozialversicherung an.) Zuständig ist jetzt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Landesstellen in allen Landeshauptstädten.

Für „Anfänger“ ist die Beitragsgrundlage in den ersten drei Jahren gesondert geregelt (siehe Kasten „Was kostet die soziale Sicherheit?“). Unabhängig von Branche, Größe und dem tatsächlichen Betriebsergebnis zahlt jeder Neuling derzeit rund 1.216,70 Schilling monatlich für seine Sozialversicherung.

In der weiteren Folge wird der

Einkommensteuerbescheid als Grundlage herangezogen.

Die Beitragsätze sind dann 13 Prozent in der Pensionsversicherung, 7,7 in der Krankenversicherung sowie derzeit 595 Schilling Jahresbeitrag in der Unfallversicherung. Die Beitragsvorschreibung kommt vierteljährlich jeden zweiten Monat im Quartal.

Wichtig ist, daß es bei den Selbständigen ein zweigeteiltes Lei-stungssystem in der Sozialversicherung gibt. Wer ein Einkommen von nicht mehr als 131.000 Schilling im Jahr bezieht, fällt in die sogenannte Sachleistungsgruppe mit einem 20prozentigen Selbstbehalt bei Arztbesuch. Die Verrechnung erfolgt zwischen Arzt und Sozialversicherung. Wer über dieser Grenze liegt, zählt zur Geldleistungsgruppe und tritt mehr oder weniger als Privatpatient auf und zahlt zunächst aus eigener Tasche. Diese Gruppe bekommt die Vergütung nach internen Vergütungstarifen der Sozialversicherung, wobei der Selbstbehalt variiert.

Interessant ist auch die Möglichkeit einer Mehrfachversicherung. Wer beispielsweise noch sein unselbständiges Arbeitsverhältnis beibehalten will und sich „nebenbei“ schon als selbständiger Unternehmer versucht, kann mit bestimmten Einschränkungen bei seinem ursprünglichen Sozialversicherungsträger weiter versichert bleiben.

Wichtig ist jedenfalls, den Zeitpunkt der Ab- bzw. Anmeldung zur jeweiligen Sozialversicherung richtig zu wählen, damit es keine „versicherungsfreien“ Zeiträume gibt. Bei den Pensionsund Ruhensbestimmungen gelten bei Selbständigen fast idente Regelungen wie im ASVG.

Die freiberuflich Tätigen müssen sich ihr soziales Netz zum Teil durch private Versicherungen selbst knüpfen, zum Teil sind auch sie bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert.

Die wichtigste Voraussetzung für die zeitgerechte Zahlung und richtige Berechnung der Steuern und Abgaben ist eine ordentliche Buchführung, mit der sich die FURCHE in der nächsten Ausgabe beschäftigt.

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