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Der föderalistische Weg
Nach einer verlorenen Nationalratswahl werden an die jeweils betroffene Partei üblicherweise die bekannten Standardfragen grichtet: War der Spitzenkandidat schwach? Die Wahlwerbung ein Verhau? Die Oppositions-Strategie verkehrt?
Eher selten wird nach der Rolle derer gefragt, die die Bewegung einer Partei zu tragen haben: nach der Einsatzbereitschaft der Organisationen und Funktionäre in den Bundesländern. Die Frage müßte etwa lauten: Wie vielen Landes- und Bezirksorganisationen der Volkspartei ist das Hemd näher als der Rock? Der Landeshauptmann näher als die Regierung im fernen Wien?
Ein Blick auf die Wahlresultate seit 1945 liefert eine Antwort, die in ihrer Tendenz sicher richtig ist: Nur in zwei Bundesländern (Wien, Kärnten) hat die SPÖ bei sämtlichen Nationalratswahlen der Zweiten Republik besser abgeschnitten als die ÖVP. In zwei weiteren Ländern, in Tirol und Vorarlberg, hat die ÖVP stets einen Stimmenvorsprung gegenüber der SPÖ gehabt.
In den fünf anderen Bundesländern, in Burgenland und in den vier nach wie vor mehrheitlich schwarz regierten Ländern Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Steiermark hat die ÖVP ihre ursprünglich bessere Startposition bei Nationalratswahlen systematisch an die SPÖ verspielt: im Burgenland, in Oberösterreich und in der Steiermark 1970, in Salzburg 1971, in Niederösterreich 1979.
Addiert man die Wahlergebnisse der jeweils letzten Landtagswahlen in den neun Ländern, so hat die ÖVP (trotz Wien!) 38.05 7 Stimmen mehr als die SPÖ. Bei der jüngsten Nationalratswahl hatte die SPÖ ein Stimmenplus von weit über 400.000. Bei den Landtagswahlen in den sechs „schwarzen“ Bundesländern brachte es die ÖVP insgesamt auf einen Vorsprung von 303.182 Stimmen vor der SPÖ. In den selben Ländern war am 6. Mai die SPÖ um gut 60.000 Stimmen starker als die ÖVP.
Während die Sozialisten in diesem Wahlkampf den „österreichischen Weg“ für sich in Anspruch nahmen, scheint die Volkspartei schon ein gutes Stück eines falsch verstandenen föderalistischen Weges“ zu weit gegangen zu sein.
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