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Der Friede im Kreuzfeuer

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Was können Christen in Österreich für den Frieden tun? Sollen Bischöfe eine Meinung zur Abfangjägerfrage kundtun? Soll Zivildienst mit Landesverteidigung zu tun haben oder nicht? Würde eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa die Sicherheit erhöhen? Bedrohen schon Bunkerbauten das Uberleben?

Viele Fragen, viele Antworten. Es ist längst nicht mehr möglich, auf jede dieser Fragen „die” christliche Antwort zu geben. Dennoch wünschen sich viele, daß um ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit ernsthaft gerungen wird. Am Wochenende war dies wieder einmal der Fall.

Im Bildungshaus Wien-Neu-waldegg diskutierten engagierte Friedensfreunde aus unterschiedlichen kirchlichen Gruppierungen auf einer von „Justitia et Pax” und dem Pastoralamt der Erzdiözese Wien veranstalteten Studientagung Theorie und Praxis eines christlichen Friedensengagements.

Zum x-ten Mal wurde die Weisung der Bibel analysiert: Friede als Geschenk Gottes, aber als Vollendung „des auf Erden Begonnenen ”(so der Linzer Sozial-ethiker Helmut Renöckl); die Bergpredigt als Zielvorgabe, aber mit der Verpflichtung zu „konkreten friedenschaffenden Konsequenzen” (der deutsche Bibel-exeget Ingo Broer) schon heute.

Uber die Konsequenzen geriet man einander in die Haare wie immer. Renöckl beharrte darauf: sich widerstandslos den Kopf abschlagen zu lassen, ist „bewundernswerter persönlicher Einsatz, Martyrium, aber nicht als allgemeines Muß forderbar - auch deshalb nicht, weil solcher Gewaltverzicht immer wieder fürchterlich mißbraucht wurde, sogar zum Mißbrauch verführen kann...”

Junge Christen widersprachen: Man muß die Bergpredigt radikal ernst nehmen, in der Christusnachfolge keine Kompromisse schließen. Dazu Renöckl: als Zeichensetzung ist das unverzichtbar - als „besserer Christ” gegenüber dem, der das unbedankte Geschäft der schrittweisen Strukturenänderung betreibt, darf man sich aber nicht fühlen!

Daß im internationalen Bemühen um Rüstungskontrolle heute eine „andere Art von Verhandlungen” erforderlich ist, war allgemeine Uberzeugung. Auch Brigadier Heinz Danzmayer plädierte dafür. Der österreichische Bun-desheeroffizier, der sich Respekt bei „Friedensbewegten” verschafft hat, ohne seinem Auftrag als Militär untreu zu werden, nötigte dem Gast aus Deutschland staunende Achtung ab.

Danzmayer ist nicht der einzige seiner Art. Daß die Arbeitsgemeinschaft katholischer Soldaten und die Arbeitsgemeinschaft katholischer Jugend trotz erheblicher Auffassungsunterschiede miteinander reden können, ist ein Verdienst jahrelanger Bemühungen vornehmlich der Katholischen Aktion, auf die KA-Präsi-dent Eduard Ploier mit Recht verwies.

Nicht vergessen kann man die Seele und den Motor kirchlichen Friedensengagements in Österreich: den Politologen Heinrich Schneider, Organisator und umsichtiger Leiter auch dieser Studientagung.

Schneider wagte es auch, Ubereinstimmung wenigstens andeutungsweise zu skizzieren: 9 Betroffenheit muß bleiben; Frieden darf von der Tagesordnung nicht verschwinden.

# Feindbildabbau ist wichtig; niemand ist Feind im Sinn eines existentiellen Andersseins, das jede Kommunikation ausschließt; wichtige Ergänzung in der Diskussion: Feindbildabbau heißt nicht Verzicht auf Ablehnung totalitärer Systeme!

# Uber Möglichkeiten und Grenzen österreichischer Sicherheitspolitik, über Sinn und Unsinn im Bundesheer, über wirtschaftliche, zivile und geistige Landesverteidigung muß endlich in ganz Österreich vorurteilsfrei und intensiv diskutiert werden: Die jüngst erfolgte Veröffentlichung des Landesverteidigungsplans ist ein guter Anlaßfall.

0 Die Themen „zivildienstliche Friedensvorsorge” (aus den Hüt-teldorfer Thesen, 1982) und Entwicklung „realistischer und glaubwürdiger Elemente” einer gewaltfreien Sozialen Landesverteidigung (Renöckl) müssen getrennt, aber im Blick auf Umfassende Landesverteidigung weiterdiskutiert werden.

# Österreichs Politiker sollen alle auf defensive Sicherheitsstrategien zielenden internationalen Verhandlungen ebenso fördern wie Entwicklungspolitik mit dem Ziel einer Strukturveränderung in der Dritten Welt. •

Wenn das Bundesheer selbst den Vorschlag von Caritaspräsident Leopold Ungar aufgriffe und einige Flugzeuge für den Medikamententransport in afrikanische Notstandsgebiete einsetzte, wäre das dessen eindrucksvollster Beitrag zur leidigen Abfangjägerdiskussion.

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