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Der Friede ist möglich

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Lange schwiegen die Bischöfe der DDR in der delikaten Friedensdebatte. Der Papst drängte sie zum Reden. Ihr Wort fiel recht beachtlich aus.

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Lange schwiegen die Bischöfe der DDR in der delikaten Friedensdebatte. Der Papst drängte sie zum Reden. Ihr Wort fiel recht beachtlich aus.

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Das Wissen um den umfassenden Frieden als Heilsgabe Gottes bewirkt etwas Zweifaches: Es weist die falsche Hoffnung zurück, daß ein ewiges Friedensreich schon auf Erden zu verwirklichen sei; zugleich aber gibt es unserem Friedensengagement Festigkeit und Durchhaltekraft.

Als Christen wissen wir, daß der Friede, von dem in den Friedensdiskussionen unserer Tage die Rede ist, nur ein Ausschnitt dessen ist, was in der Bibel als „Friede“ (Schalom) bezeichnet wird. Dieser Friede meint die umfassende Versöhnung und Einheit der Menschen mit Gott…

Wer in der Friedensfrage seine Augen vor der Realität der Sünde verschließt, wird anfällig für utopische Träume. Diese Aussagen werden manche nicht gern hören, aber sie geben unserer Überzeugung nach jedem Bemühen um Frieden erst ein solides Fundament.

Das also ist unsere Grundüberzeugung: Der Friede ist möglich, der Krieg ist kein unausweichliches Geschick. Die Kirche kann freilich kein politisches Konzept der Friedenssicherung vorlegen.

Das ist nicht ihre Aufgabe. Aber die Kirche kann nicht schweigen …

Wir Bischöfe machen uns die eindringliche Forderung des Heiligen Vaters nach einer fortschreitenden beiderseitigen und kontrollierbaren Abrüstung der Machtblöcke zu eigen. Der Rüstungswettlauf zwischen Ost und West ist „ein unerträgliches Ärgernis“. Er macht aus dem Gleichgewicht der Kräfte ein Gleichgewicht des Schreckens, er zerstört das Vertrauen zwischen den Völkern und Staaten und steigert das Elend der hungernden Menschen in der Dritten Welt.

Es muß gelingen, die innere Logik des Wettrüstens, den Drąng zur Überlegenheit über den möglichen Gegner, aufzubrechen. In Übereinstimmung mit den Aussagen der Päpste verwerfen wir jede Kriegsplanung, die — mit welchen Waffen auch immer—auf die Ver-

nichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete samt ihrer Bevölkerung gerichtet ist.

Ein Krieg mit modernen Massenvernichtungswaffen ist in jedem Fall in sich unmoralisch und daher zu verwerfen. In keinem Krieg, auš welchem Grund er auch geführt werden mag, ist der Einsatz von ABC-Waffen zu rechtfertigen. Aber auch die konventionellen Waffen erreichen eine immer größere tödliche Perfektion.

Es ist offenkundig, daß die moderne Kriegstechnik die überkommene Auffassung von „gerechten Kriegen“ in eine Krise führt. An sich vertritt die kirchliche Lehre keinen absoluten Pazifismus, das heißt, sie hält unter Umständen die Anwendung von Gewalt für erlaubt, angebracht oder sogar geboten, etwa dort, wo das Recht des Schwächeren geschützt werden muß.

Die Kirche weiß, daß das Böse im Menschen so hinterhältig, hartnäckig und brutal sein kann, daß man seine verheerende Wirkung nur mit Gewalt einschränken kann.

Die Lehre vom „gerechten Krieg“ meinte ja nicht, daß der Krieg an sich eine gerechte Angelegenheit sei. Sie wollte vielmehr sagen, daß ein Krieg, wenn er schon nicht vermieden werden kann, wenigstens gerecht geführt werden muß, also aus einem gerechten Grund und mit angemessenen Mitteln.

Bei begrenzten Konflikten mag dieser Grundsatz durchaus stimmen. Aber kann er auch dort gelten, wo Gewalt unterschiedslos zuschlägt, wie etwa in einem Krieg mit dem Einsatz von Kernwaffen? Gewinnt hier nicht das häufig belächelte Ideal der Gewaltlosigkeit, wie es uns Jesus Christus in der Bergpredigt verkündigt, eine bisher ungeahnte rationale Aussagekraft?

Wenn wir dies alles bedenken und wenn wir es zudem hochschätzen, daß Menschen sich, dem Worte Jesu folgend, für den Weg der Gewaltlosigkeit entscheiden, dann können wir nicht zum Wehrkundeunterricht schweigen.

Das Konzil mahnt: „Wer sich der Aufgabe der Erziehung, vor allem dei^ Jugend, widmet, und wer die öffentliche Meinung mitformt, soll es als schwere Pflicht ansehen, in allen eine neue Friedensgesinnung zu wecken.“

Mit Sorge beobachten wir, wie das Denken in militärischen Kategorien immer mehr zum Bestandteil der schulischen Erziehung und der Berufsausbildung wird. Es ist zu befürchten, daß eine solche Erziehung die Bereitschaft für gewaltsame Konfliktlösungen weckt und so die Friedensgesinnung in der nachfolgenden Generation schwächt.

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