6907457-1980_49_04.jpg
Digital In Arbeit

Der Gewinn ist nicht alles

19451960198020002020

Einer am 24. November veröffentlichten Meinungsumfrage zufolge schätzt die Bevölkerung die österreichischen Unternehmer als tüchtig(62 Prozent) und fleißig (60 Prozent) ein. Demgegenüber bezeichneten 34 Prozent „Gewinnsüchtigkeit" als Merkmal, nur sieben Prozent halten unsere Unternehmer für unsozial. In einem demnächst erscheinenden Buch beleuchtet Herbert Krejci, Generalsekretär der Industriellen vereinigung, in einem Beitrag das Problem „öffentliche Meinung und Unternehmertum". aus dem wir auszugsweise zitieren.

19451960198020002020

Einer am 24. November veröffentlichten Meinungsumfrage zufolge schätzt die Bevölkerung die österreichischen Unternehmer als tüchtig(62 Prozent) und fleißig (60 Prozent) ein. Demgegenüber bezeichneten 34 Prozent „Gewinnsüchtigkeit" als Merkmal, nur sieben Prozent halten unsere Unternehmer für unsozial. In einem demnächst erscheinenden Buch beleuchtet Herbert Krejci, Generalsekretär der Industriellen vereinigung, in einem Beitrag das Problem „öffentliche Meinung und Unternehmertum". aus dem wir auszugsweise zitieren.

Werbung
Werbung
Werbung

Die „neue unternehmerische Dimension", die auch dem Verhältnis zur Öffentlichkeit ihren Stempel aufdrückt, muß die eines verstärkten Verantwortungsbewußtseins gegenüber der Gemeinschaft sein. Man muß sich nur entsinnen, daß gerade die so oft geschmähten neoliberalen Theoretiker von einem hohen Ethos getragen waren.

Wir alle leiden daran, daß im Zuge eines hektischen Aufbaues der materielle Bereich forciert wurde und über dessen Erfolgen die immaterielle, also die geistige und moralische Seite vernachlässigt oder Oberhaupt nicht beachtet wurde.

Ein Unternehmen kann nämlich heute vor der Öffentlichkeit nicht mehr ausschließlich dadurch legitimiert werden, daß es seinen Mitarbeitern Arbeitsplatz und Einkommen, seinen Anteilseignern eine Dividende oder eine sonstige Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals gibt und an den Staat und die übrigen öffentlichen Hände Steuern abwirft. Jedes Unternehmen, insbesondere ab einer bestimmten Größenordnung, trägt vielmehr eine politische Verantwortung, es genügt daher nicht, darauf hinzuweisen, daß es dieser am besten gerecht werden kann, wenn es mit Gewinn arbeitet.

Die gesellschaftspolitische Funktion kann nicht ohne Rentabilität erfüllt werden, sie erschöpft sich aber nicht im Nachweis der Rentabilität. Wilhelm Röpke hatte schon 1961 vor der Industrie- und Handelskammer Frankfurt diese große Verantwortung des Unternehmens betont. Neben die Verantwortung des Unternehmensleiters in dessen eigenen wirtschaftlichem Bereich stellte er die Verantwortung auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik, mit der die berufliche Tätigkeit des Unternehmers eng zusammenhängt.

Röpke wurde nicht müde, schon relativ frühzeitig, wenn auch damals noch im Wohlstandsrausch oft vergeblich, diese gesellschaftspolitische Dimension unternehmerischen Handelns zu propagieren. Einer seiner geistigen Mitstreiter, Alfred Müller-Armack, der Schöpfer des Begriffes von der Sozialen Marktwirtschaft, hat denn auch kritisch in seinen Erinnerungen festgestellt, daß es - und das bezieht sich wohl nicht ausschließlich auf die Bundesrepublik Deutschland - versäumt worden sei, die marktwirtschaftliche Ordnung gewissermaßen „gesellschaftspolitisch zu überhöhen" ...

Das Verhältnis öffentliche Meinung-

Unternehmertum kann nur dann im Sinne der obigen Ausführungen zum besten beider, damit auch der Ordnung, in der wir leben, gestaltet werden, wenn man versucht, die Rahmenbedingungen, unter denen sich die Öffentlichkeitsarbeit abspielt, nüchtern zu analysieren.

Bewußt sei an die Spitze die deutlich wahrnehmbare Änderung in den Wertvorstellungen der Menschen gestellt. Wohlstand und materielle Erfolge haben ein „Wohlstandsunbehagen" erzeugt, das insbesondere in der jüngeren Generation ausgeprägt ist, für die Not, Arbeitslosigkeit und Mangel an vielerlei Bequemlichkeiten nur vom Hörensagen bekannt sind und deren Schilderung mit Unbehagen aufgenommen wird.

Es wächst wieder das Gefühl, daß der Mensch „nicht vom Brot allein lebt", daß sein Sinnen und Trachten sich nicht im Wettkampf um die höhere Zuwachsrate und Statussymbole erschöpfen darf. Wird diese Akzentverschiebung nicht rechtzeitig richtig verstanden, kann es leicht zu antitechnischen, antiwirtschaftlichen und antizivilisatorischen Bewegungen kommen, in denen der Traum von der - unwiederbringlich dahingegangenen - Idylle vom „einfachen Leben" und vom „Zurück zur Natur" spukt (siehe die Aktivität gegen die Kernenergie, gegen „die Technik" überhaupt).

Der bekannte Fachmann für Öffentlichkeitsarbeit, Professor Dr. Albert Oeckt, meinte kürzlich treffend, diese grundlegenden Bewußtseinsänderungen der Menschen hätten den Bedarf an Information und Aufklärung erhöht. Eine weit verbreitete Zukunftsangst mache es nach seiner Ansicht notwendig, das bestehende Vakuum durch Informationen aufzufüllen...

Was wir brauchen, ist nicht gewissermaßen eine verklärende „Theologie des

Unternehmertums", sondern eine realistische Einschätzung der Situation, aber mit dem nötigen ethischen Fundament und, daraus abgeleitet, der Courage, mit Zähigkeit und Einfallsreichtum die Konsequenzen zu ziehen.

Die Unternehmer sollten den Mut haben, den Begriff des „Systemverän* derers" für sich, und zwar positiv - im Sinne von Verbesserungen - zu besetzen. Denn nur dann werden sie imstande sein, möglichst viele Menschen zu ihren Bundesgenossen zu machen.

Sie sollen weder ihr Haupt voll Scham verhüllen, weil sie „nur" in einem Bereich von angeblich niedriger Ordnung tätig sind, sie sollen sich aber auch selbst nicht zu den modernen Rittern oder gar zum Nabel der Welt hinaufstilisieren.

Schon gar nicht hilft jene simplifizierende Formulierung, die da lautet, ein mit Gewinn arbeitendes Unternehmen erfülle bereits einen öffentlichen Auftrag. D,ie großen Liberalen, etwa der Freiburger Schule, wußten schon, warum sie immer wieder auf die notwendige Balance zwischen der Welt des Ökonomischen und der des Außerökonomischen hinwiesen.

Vorabdruck aus MANAGEMENT DER ACHTZIGER JAHRE. Perspektiven einer Herausforderung. Hrsg. E. Mayer. Multiplex Media Verlag, Wien 1980.430 Seiten, öS 680.-

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung