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Der Gewinn verpflichtet
Sollen Staatsunternehmungen eher Gewinne bringen oder mehr „solidarisch wirtschaften“ ? Erfolgreiche Unternehmerethik sichert die Zukunftsmöglichkeit für viele.
Sollen Staatsunternehmungen eher Gewinne bringen oder mehr „solidarisch wirtschaften“ ? Erfolgreiche Unternehmerethik sichert die Zukunftsmöglichkeit für viele.
Eine eigenartige (aber nicht ganz untypische!) Moral vertritt der Betriebspfarrer der VOEST: Er bezeichnete es - laut „Kurier“ vom Ostersonntag — als eine „Sünde“ , „nur mehr Gewinn, Ergebnisse und Zahlen zu sehen imd nicht mehr den Menschen“ . Pfarrer Hans Wührer fordert statt dessen ein „solidarisches Wirtschaften“ .
Er ist damit das Opfer mehrfacher Fehlleistungen. Als Sünde versteht der katholische Pfarrer sicherlich ein Verhalten, das dem christlichen Sittengebot widerspricht. Was aber gebietet das Sittengesetz der Unternehmensführung gerade im Falle der heutigen Situation der VOEST und anderer Staatsunternehmungen in ähnlicher Situation? Wohl in erster Linie, daß diese Unternehmen dem Gemeinwohl dienen und dabei — in zweiter Linie — so vielen Österreichern, wie damit vereinbar ist, einen möglichst gesicherten Arbeitsplatz zu gewähren.
Der verantwortliche Umgang mit knappen Gütern erfordert ihren Gebrauch nach dem ökonomischen Prinzip, das heißt deren Produktion mit einem möglichst geringen Einsatz von Mitarbeitern, Sachkapital, Energie, Rohstoffen und Halbfabrikaten et cetera. Sozial handelt der Unternehmer, der auf diesem Wege für das Gemeinwohl und damit für seinen Nächsten erfolgreich tätig ist und die Gesellschaft mit den von ihr nachge-, fragten Waren und Leistungen zu möglichst geringen Kosten versorgt.
Wenn Wirtschaften nichts anderes bedeutet als ein der vernünftigen Menschennatur entsprechender Umgang mit knappen Gütern, dann ist das ökonomische Prinzip ein ethisches Postulat, sagte Johannes Messner schon in seiner Habilitationsschrift (1927). Dieser Erfolg des Unternehmers schlägt sich - dem Zweck der Wirtschaftsrechnung entsprechend — in der Erfolgsbilanz des Unternehmens als Gewinn und damit notwendigerweise in Zahlen nieder.
Jeder Unternehmer dient auch einem hohen gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungs-
grad, indem er in seinem Betrieb Arbeitsplätze schafft oder erhält, deren Sicherheit durch die Gewinne des Unternehmens abgestützt ist. Das wird durch eine erfolgreiche Behauptung im internationalen Wettbewerb möglich gemacht, dessen rechnerischer Maßstab wieder der Gewinn des Unternehmens ist.
Solange ein Betrieb Verluste erwirtschaftet, die - wie im Falle der VOEST - nach Aufzehrung der Reserven aus den Taschen der Gesellschaft (das heißt der Steuerzahler) bezahlt werden sollen, handelt er demnach doch wohl nicht vorbildlich moralisch! Im Falle der Untemehmensfühnmg der VOEST, im besonderen aber auch für jeden anderen Unternehmer im allgemeinen, ist es daher die erste moralische und soziale Pflicht, sehr wohl an das Betriebsergebnis zu denken!
Aus dem Gewinn werden die Investitionen finanziert, die für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und damit für die Existenzbasis der Beschäftigten notwendig sind, sowie die finanziellen Reserven zur Uberbrückung von Krisenphasen (etwa bis zur Marktreife einer neuen Entwicklung) und die Steuern für das Gemeinwesen gezahlt.
Wer insbesondere im Falle der staatseigenen Unternehmungen in Österreich immer noch die Sorge hat, die Politiker und Manager würden zu viel an den Gewinn denken, dem ist doch wohl nicht mehr zu helfen! Daß er aber anders (und richtig) Denkende als
„Sünder“ bezeichnet, ist doch wohl eine Perversion der christlichen Untemehmerethik! i Der Betriebspfarrer der VOEST irrt in zweifacher Hinsicht: Nicht nur darin, daß die Ge-winnerzielung - wie dargestellt -ein Gebot der Unternehmerethik ist, sondern auch, daß gerade „den Menschen sehen“ heißt, seine Zu-kimftsmöglichkeiten wahrzunehmen, wobei die wichtigste Voraussetzung ist, daß diese Unternehmungen wieder in die Gewinnzone kommen!
Das gilt auch für die von Karl Wührer angesprochenen Politiker: Sie sind — anders als die Manager - für die Rahmenbedingungen verantwortlich, die zur Expansion bestehender und zur Gründimg neuer Unternehmungen und zur Investitions- und Be-schäftigungsfreudißkeit anregen.
Schließlich ist auch - anders als Karl Wührer meint — solidarisches Wirtschaften keine Alternative zur Gewinnerzielung. Würde die VOEST wieder in die Gewinnzone kommen, so wäre das das sicherste Zeichen dafür, daß dort solidarisch gewirtschaftet wird, sohdarisch für alle Nutznießer: Für das Unternehmen, für die dort Beschäftigten und für die Steuerzahler!
Der Autor, Finanzminister und Nationalbankpräsident a. D., ist Herausgeber der FURCHE.
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