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Der Handel kämpft um Marktanteile
Schon seit mehreren Jahren ist im Einzelhandel ein kräftiger Strukturwandel im Gang. Herkömmliche Handelsbetriebe sehen sich durch das Vordringen neuer Vertriebsformen, Betriebstypen und Unternehmen bedroht und herausgefordert. Basistrends dieses Kampfes um Marktanteile und Standorte sind eine zunehmende Unternehmenskonzentration, steigende Teilnahme ausländischer Firmen, das Auftreten aggressive
agierender Mitbewerber sowie eine Präferenz für größere Betriebseinheiten. Am stärksten zu spüren bekommen das die zahlreichen kleineren Einzelhandelsbetriebe, die sich im ländlichen Raum als Nahversorger oder als Fachhändler einem-zunehmenden Wettbewerbsdruck durch straff organisierte Filialbetriebe ausgesetzt sehen. Dementsprechend haben sich ihre Reihen schon merkbar gelichtet, was dazu geführt hat, daß sogar schon in manchen städtischen Gebieten fühlbare Versorgungslücken im lange Zeit dicht geknüpften N ahversorgungsnetz entstandep sind. Hier sind wiederum besonders sozial schwächere und ältere Menschen die Leidtragenden; für die das reichhaltige Warenangebot entfernter Großmärkte und Einkaufszentren ohne eigenes Auto oft nur unter erheblichem zusätzlichen Zeit- und Wegekostenaufwand erreichbar ist.
Der Trend zu Großmärkten und Einkaufszentren ist aus diesen Gründen auch als Problem der Regionalpolitik und der Raumordnung erkannt worden. Besonders sind es Großbetriebseinheiten „auf der grünen Wiese", die zusätzliches Verkehrsaufkommen erzeugen und bisher beste innerstädtische Geschäftslagen durch Kaufkraftentzug beziehungsweise -timlerik????n???? bis zur Verödung entvVerten.Wäh...:. rend die 'Kirche zwar noch im Dorf bleibt, verlieren die historisch gewachsenen Stadt- und Ortszentren durch ungehemmte Entwicklungen dieser Art ihre durch Zusammenwirken von Handels-, Dienstleistungs-, Kultur- und Verwaltungsfunktionen auf engem Raum geprägte Bedeutung und Multifunktionalität. Versuche, diese Vielfalt in synthetischen Konsumoasen mit einem Mindestmaß an Lebensqualität nachzubilden, können bisher als genauso gescheitert betrachtet werden wie die Konzepte der großen Schla????städte im sozialen Wohnbau.
Bereits zu Beginn der achtziger Jahre bat man in . den Raumordnungsgesetzen der Länder versucht, diese Entwicklungen durch restriktive Bestimmungen für die Ansied- . lung von Einkaufszentren zu steuern. Nicht immer mit Erfolg, zumal der Verfassungsgerichtshof in mehreren Fällen darin einen Eingriff in die Gewerbe- und Wettbewerbskompetenz des Bundes erblickt hat.
Konfrontiert mit intensiven Auseinandersetzungen über Großvorhaben, hat die Steiermark mit dem im Juli 1988 erlassenen „Entwicklungsprogramm zur Versorgungsinfrastruktur" einen neuen Weg beschritten. Abgestimmt auf ihre zentralörtliche Bedeutung wird · darin den Gemeinden auferlegt, Einkaufszentren nur bis zu bestimmten maximalen Betriebsgrößen genehmigen zu dürfen, während Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion als Stand9rte für Einkaufszentren überhaupt ausscheiden. Durch Richtlinien für die im Weg der Flächenwidmungspläne gehandhabte örtliche Raumplanung wird darüber hinaus eine günstige Situierung der Einkaufszentren durch ihre Ausrichtung auf
die Ortszentren angestrebt. Das heißt Großmärkte sollen in passender Größe an passenden Standorten durchaus Platz haben und sich dort dein Wettbewerb mit den Klein- und Mittelbetrieben stellen.
Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Instrument sind durchaus erfolgversprechend, wenngleich geeignete Sanktionsmöglichkeiten gegen Übergriffe einzelner Hechte im Karpfenteich noch immer ausstehen.
Es wäre aber trotz allem verfehlt, darin ein Allheilmittel zu erblikken, mit dem durch einen Federstrich alle aufgestauten Strukturprobleme des Handels bereinigt
werden. Raumordnu.ngsmaßnahmen sind - richtig eingesetzt - sicherlich wertvolle Hilfen, können aber eine Gewerbe- und Wettbewerbspolitik nicht ersetzen, die es den mittelständischen Handelsbe- · • trieben ermöglicht, ihre Versör.:. gungsaufgaben auch unter geänderten Bedingungen erfolgreich zu erfüllen.
Die kleinen und.mittleren Unternehmer des Handels wäre.n aber ihrerseits schlecht beraten, · alfein auf gesetzlich aufgerichtete Schutzwälle zu ihrer Bestandssicherung zu vertrauen. Für sie gilt vielmehr' die Herausforderung, sich durch Findigkeit im Aufspüren von
Marktchancen und Kundenwünschen vom Massenangebot- der Großmärkte und Filialisten zu behaupten. Die vielen leistungsfähigen, mittelständischen Gewerbebetriebe
können als Beispiel dafür gelten, daß die Bäume der Großen nicht in den Himmel wachsen . . Der Autor ist Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung der Handelskammer Steiermark.
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