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Der Jammer mit der Volkspartei

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Typisch Volkspartei. Da klopfen die Landesfürsten Alois Mock ermunternd wie tröstend auf die Schulter, und schon fliegen aus den gesicherten Stellungen der Länder die Hackein. Persönliche Meinung muß dann herhalten, wo man mit Parteimeinung hinter dem Berg hält.

Plötzlich sorgen sich Funktionäre um die Bundespartei, denen sie vorher ziemlich Wurst war. Nachweisbar.

Plötzlich kommen die guten Ratschläge, die Volkspartei solle ihr „großes personelles Reservoir in den Ländern ausschöpfen“. Da müßte der Mund offenbleiben, der so voll genommen wird.

Tatsache ist: Jahre war niemand bereit, seine gesicherte Landesposition für die unsichere Bundesebene zu tauschen. Wo möglich, hat man sich sogar noch abgesetzt. Oder hat „abgeworben“. Im Fall von Josef Riegler war Josef Krainer sein Landeshemd jedenfalls um vieles näher als der Bundesrock des Alois Mock.

Wer den Namen einer einzigen Landesgröße der Volkspartei zu nennen vermag, die in die Bundespolitik gedrängt hat, verdient jetzt die goldene Anstecknadel zur Ehrenrettung der Hackel-schmeißer.

Längst ist die ÖVP in sechs mehr oder drei minder starke Regionalparteien zerfallen, die sich eine Bundesorganisation zur Verteilung der Reststimmenmandate für den Nationalrat leisten. Die Bundesohnmacht hat sogar zu noch mehr Landesmacht verhol-fen.

Kommen jetzt die Retter, die sich in sechzehn Jahren geschickt zu verbergen wußten? Jetzt, da sich das Oppositionsdasein dem Ende zuzuneigen scheint und es um Mitbeteiligung an der Regierungsmacht auf Bundesebene geht? Diese schiefe Optik muß erst noch entzerrt werden.

Und zwar unmittelbar. Diese Personaldiskussion kann sich die Volkspartei keinen Tag länger mehr leisten. Nachdem sie bereits mit allen Trümpfen in der Hand bei den Wahlen am 23. November das Bummerl bekommen hat, verspielt sie sonst noch stümperhaft ihre Chancen bei den eben anlaufenden Koalitionsgesprächen.

Alois Mock, der sich jahrelang abgerackert hat, wurde desavouiert. Die Schulterklopfer von gestern klopfen gezielt auf seine Finger. Die Schmerzgrenze ist erreicht.

Er wird die Partei, die ihn in Stich gelassen hat, nicht in Stich lassen. Aber er verdient es nicht, nur mehr als Parteiobmann auf Abruf gelten zu dürfen.

Mock — oder? Jetzt ist mit dem Lavieren Schluß. Mit dem Herumnörgeln und Intrigieren.

Ich bin bereit, es zu machen. Das hat man bisher nur von Alois Mock gehört. Wer sonst?

Der ist aufgerufen, aus seinem Versteck zu kommen, anzutreten. Offen und ehrlich. Und Alois Mock wird der letzte sein, der sich ihm in den Weg stellt.

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