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Der Kärntner Werner Berg

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Diese Frage wird derzeit deshalb sehr kontrovers diskutiert, weil Werner Berg, einer der interessantesten Maler Österreichs (der jedenfalls in Bleiburg durch die Werner- Berg-Galerie landesweit für Kärnten bekannt ist, der in der slowenischen Untersteiermark ausgestellt hat und dort Preise erhielt, der in Wien größte Erfolge hatte), erklärt hat, er werde bei den Kärntner Landtagswahlen für die KEL (Kärntner Einheitsliste — Koroška Enotna Lista), also slowenische Liste stimmen. Mit unerhörter Wut fielen daraufhin deutschnationale Kreise über ihn her und beschuldigten ihn des Volksverrats, weil er aus Westfalen stammt.

Nun: Werner Berg ist schon seit fünf Jahrzehnten in Kärnten ansässig, hat sich bescheiden als Bauer in der rein slowenischen Gemeinde Radsberg niedergelassen, die die SPÖ Kärnten (unter Hans Sima) auslöschte, weil sie keine SPÖ- Mehrheit hatte und außerdem eben rein slowenisch war, und lebt heute als Bauer und Maler auf dem Rutarhof in der ebenfalls slowenischen Gemeinde Gallizien. Werner Berg wurde lange Zeit hindurch auch durch die Kärntner Deutschnationalen als ein ganz großartiger Maler gefeiert. Erst seit er sich entschloß, die Slowenen Südostkärntens in seinen markanten Gemälden fest- zuhälten und seitdem bekannt geworden ist, daß er mit Slowenen spricht und sie nicht als „minderwertig“ ansieht, ist er verfemt. Ihm wurde das Schicksal des berühmten Kärntner Mundartdichters (und Finanzbeamten) Wilhelm Rudnigger zuteil, den man ob seiner köstlichen Dichtungen — erinnert sei an „‘s Sumsale“ — geradezu als Heros am deutschkämtnerischen Literaturhimmel pries, bis zu dem Tag, an dem er den braunen Kärntner Anzug ironisch apostrophierte und einige freundliche Worte für die Slowenen fand. Daraufhin war er plötzlich zuerst ein miserabler Dichter und schließlich eine Unperson. Längst hat er sein „pater peccavi“ gesprochen und ist wieder in die nationale High Society aufgenommen.

Werner Berg hat also erklärt, er würde KEL wählen. Darf er das denn nicht? Kann ein Kärntner deutscher Volkszugehörigkeit, der es mit dem nationalen Frieden im Land ernst meint, eigentlich eine der drei „deutschen“ Parteien wählen? Die SPÖ hat zweifellos einen sehr attraktiven Landeshauptmann. Aber er hat sich als deutschnational und als Slowenengegner bekannt. Kann also jemand, der es mit dem nationalen Frieden ernst meint, SPÖ wählen? Kann so jemand ÖVP wählen? Die ÖVP, deren Landtagsvizepräsident Dr. Wolfgang Mayerho- fer-Grüenbühl in der sogenannten Ortstafelkommission — vermutlich freilich inspiriert von seinem Souffleur, Hofrat Valentin Einspieler (einem Exslowenen) — es fertigbrachte, zu erklären, das Bundesgymnasium für Slowenen in Klagenfurt sei eine Übererfüllung des Staatsvertrages und habe wieder zu verschwinden? Es ist verständlich, daß die Kärntner ÖVP den Sozialisten die deutschnationalen Stimmen abjagen will, nachdem sie im Jahre 1945 die ehemaligen Nationalsozialisten der SPÖ in die Arme trieb. Aber kann jemand unter den Deutschkärntnern, der es mit dem nationalen Frieden im Land ernst nimmt, angesichts solcher Umstände ÖVP wählen? Was die FPÖ anlangt, so braucht man dazu wohl überhaupt kein Wort zu verlieren. Sie ist geradlinig und ihren Prinzipien achtenswert treu, sie muß für die „Reinheit des deutschen Blutes“ eintreten. Ihre Wählbarkeit für jemanden, der es mit den legitimen Interessen der Minderheit ernst meint, scheidet von vorneherein aus.

Kann solch ein Deutsehkärntner KPÖ wählen? Die Frage stellen, heißt, sie verneinen. Wer vom Kommunismus ißt, stirbt daran. Das weiß man seit Imre Nagy, seit dem blutigen August 1968 in der CSSR, und auch ein jugoslawischer Kommunismus ist nichts anderes als Marxismus-Leninismus.

Hat Werner Berg recht, wenn er sich für die Wählbarkeit der KEL durch Deutschkärntner erklärt? Wäre die KEL eine Wahlpartei, die sich anschickt, die Mehrheit im Landtag zu erringen, müßte man auch dazu nein sagen. So aber kann man nur sagen: diese Partei ist wählbar auch für den Nicht-Slowenen, denn es kann nur wünschenswert sein, daß wenigstens ein Slowene in diesem Landtag vertreten ist, im Landtag eines Landes, dessen Volk aus Deutschkärntnern und Slowenen besteht; und wo es Stärkere gibt — auf der Seite des Schwächeren!

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