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Der Kampf um den N ahost-Frieden

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Seit der April-Tagung der PLO in Algier gelten deren Fraktionen als versöhnt. Das Ringen um die Politik der PLO geht weiter, mit Folgen für eine mögliche Nahostkonferenz.

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Seit der April-Tagung der PLO in Algier gelten deren Fraktionen als versöhnt. Das Ringen um die Politik der PLO geht weiter, mit Folgen für eine mögliche Nahostkonferenz.

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Die Versöhnung der größeren Gruppierungen - es handelt sich um die Volksfront zur Befreiung Palästinas (Habasch), um die Demokratische Volksfront (Hawat- me) und die KP, einige kleinere Organisationen blieben außerhalb des Einigungsprozesses — ist die Folge von zumindest zwei Vorgängen. Der wichtigere davon war der sogenannte Lagerkrieg im Libanon, bei dem es der von Syrien unterstützten schiitischen Amal-Bewegung darum ging, die palästinensische Präsenz im Libanon auszuschalten. Da die Amai dabei militärisch nicht erfolgreich war, schritt sie sogar zur barbarischen Taktik des Aushun- gerns von Zehntausenden Flüchtlingen.

In dieser Situation konnten die Arafat-kritischen Fraktionen um Habasch und Hawatme nicht abseits stehen. Sie mußten sich offen für die Lager und gegen die Amai, das heißt indirekt auch gegen Syrien, stellen. Der palästinensische Widerstand erzielte einen relativen Erfolg.

Die andere „Front“ betrifft das Vorgeplänkel für eine eventuelle internationale Nahostkonferenz. Mit dieser Absicht und zur Gewinnung regionaler und westlicher Unterstützung hatte Jassir Arafat ein gemeinsames Vorge hen mit König Hussein von Jordanien und Präsident Hosni Mubarak von Ägypten angestrebt. Aus „ideologischen“ , aber auch aus Gründen der bisherigen Erfolglosigkeit der Bemühungen Arafats forderten die Organisationen der „Demokratischen Allianz“ (also Volksfront, Demokratische Front und KP) einen Bruch mit Jordanien und eine Distanzierung von Ägypten.

Den ßruch hatte Amman sowieso schon im Februar 1986 vollzogen, weil es auch König Hussein nicht gelungen war, Arafat zur Annahme der UN-Resolution 242 aus dem Jahre 1967 ohne amerikanische Gegenleistung und ohne Ergänzung (die Resolution spricht von der Palästina-Frage nur als Flüchtlingsproblem) zu bewegen. Israel hatte sowieso erklärt, daß es auch dann nicht mit der PLO verhandeln würde, wenn diese die Resolution 242 akzeptierte.

Der Kongreß in Algier distanzierte sich noch deutlicher von dieser Resolution und von Jordanien, und ging auch zu Ägypten auf kritische Distanz. Gleichzeitig wurde die Einberufung einer internationalen Konferenz, auch auf Wunsch der Sowjets, die gerne daran teilnehmen würden, gefordert und verlangt, daß die PLO daran als gleichberechtigter Partner teilnehmen solle-Damit wurden Vorstellungen, die PLO solle als Teil einer allgemeinen arabischen oder jordanisch-palästi nensischen Delegation auftretęn, verworfen.

Es ist schwer zu sehen, wie diese Beschlüsse die angestrebte Teilnahme an einer solchen Konferenz näherbringen können. Diese Konferenz ist ja auch in Israel sehr umstritten und hätte sogar zu einem Bruch der Koalition führen können (FURCHE 21/1987).

Die neugefundene Einheit wird vielleicht in einer Intensivierung des bewaffneten Kampfes zum Ausdruck kommen, dessen militärische und auch politische Effektivität sehr begrenzt ist. Weder der Kampf noch eine internationale Konferenz können in abseh barer Zeit etwas bewirken, wenn sich nicht in den Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern selbst etwas ändert.

Die Resolutionen von Algier sprechen zwar allgemein vom Kampf gegen den Zionismus, sehen aber die Fortsetzung des Dialogs mit allen israelischen Kräf-

ten vor, die die Rechte der Palästinenser anerkennen. Eine quantitative und qualitative Ausweitung dieses Dialogs würde langfristig wohl mehr bringen als alle anderen Bemühungen der PLO.

Zu den zwei Konzeptionen einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz: die eine kann man als amerikanisch-israelisch-jordanisch bezeichnen. Man scheint sich hier darauf verständigen zu wollen, daß die Konferenz nur als legitimierendes Vorgeplänkel für darauf folgende direkte Verhandlungen dienen soll. Ein Arrangement mit Jordanien über die seit zwanzig Jahren besetzten Gebiete bedeutete die Ausschaltung eines unabhängigen palästinensischen

Faktors. Die PLO wäre damit nur ein Anhängsel der Jordanier.

Die andere Konzeption ist eine sowjetisch-palästinensische. Europäische Staaten haben in diesem Sinn schüchterne Signale von sich gegeben. Ginge es nach ihnen, so wäre die Konferenz kein Vorgeplänkel, sondern ein Konfliktlösungsmechanismus, an dem auch die PLO beteiligt werden müßte.

Obwohl viel darüber geredet wird, ist nicht anzunehmen, daß eine der beiden Konzeptionen verwirklicht werden kann. Für Außenminister Schimon Peres und (in geringerem Maße) für die USA hätte ein Scheitern aber auch etwas Gutes. Man könnte behaupten, es wenigstens versucht zu haben, und dadurch innen- und außenpolitisch gewinnen. Sowohl die Sowjetunion als auch die PLO haben ein Interesse, es nicht soweit kommen zu lassen.

Und die UdSSR hat gegenwärtig etwas in der Hand, womit sie den Gang der Ereignisse beeinflussen könnte: Sollte die Sowjetunion zu einer substanziellen Änderung ihrer Auswanderungspolitik für sowjetische Juden und zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel bereit sein, dann könnte sie im Gegenzug eine Nahostkonferenz nach ihrem Geschmack verlangen.

Langfristig hat aber auch die PLO etwas in der Hand. Letzten Endes können nur die Palästinenser eine wie immer geartete israelische Präsenz legitimieren. Für den gegenwärtig Starken scheint dies momentan nicht nötig zu sein, langfristig ist es doch entscheidend.

Der PLO-Beschluß in Algier, die Beziehungen mit den demokratischen israelischen Kräften zu intensivieren, sollte ernst genommen werden. Nur so käme man zum Kern des Konflikts und zu Vorschlägen mit Aussicht auf Verwirklichung.

Der Autor ist Mitarbeiter des Österreichischen Instituts für Internationale Politik in Laxenburg.

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