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Der Lebensbezug kommt nicht zu kurz

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Es mag in diesem Zusammenhang unpassend klingen - aber' die kürz- 1 lieh approbierte Dissertation destausfc geniändischen Theologen und Religionslehrers Dr. Ernst Pöschl muß eine „Heidenarbeit“ gewesen sein. Nach Auskunft des Autors handelt es sich bei dieser Studie mit dem Titel „Der Lebensbezug des Religionsunterrichtes an höheren Lehranstalten für wirtschaftliche Frauenberufe“ um die erste gesamtösterreichische Untersuchung zur Einstellung von Schülern zum Religionsunterricht.

An 536 Mädchen aus allen Bundesländern wurden je 150 Fragen gerichtet, was ein Gesamtmaterial von über 80.000 Stellungnahmen ergab - mit zum Teil überraschenden Resultaten.

... aber reformbedürftig

So waren 75 Prozent der befragten Schülerinnen der Meinung, daß im Religionsunterricht wichtige und interessante Lebensfragen behandelt werden, nur sechs Prozent hingegen bejahten den Satz „Was im Religionsunterricht behandelt wird, kann ich im Leben nicht gebrauchen“.

Die Mehrheit der Schülerinnen findet demnach, daß der Lebensbezug keineswegs zu kurz kommt. Freilich spüren viele noch eine deutliche Diskrepanz zwischen dem, was sie im Unterricht an Themen interessieren würde, und dem, was tatsächlich gelehrt wird. (Zum Vergleich: Vorigen Winter ortete der MKV nur 2,2 Prozent, die für eine Abschaffung des Religionsunterrichtes eintraten, während der Rest ihn grundsätzlich bejahte, 44,1 Prozent der Befragten ihn allerdings als reformbedürftig einstuften.)

Ein großes, nicht ausreichend befriedigtes Interesse bezieht sich vor allem auf die Themengruppen „aktuelle politische Fragen“, „psychologische Fragen“, „Gebet und Meditation“, „Christentum und moderne Literatur“ sowie „moderne Theologie“. Daß darunter Themen sind, die zumindest teilweise auch in anderen Fächern behandelt werden müßten, zeigt, daß man sich vom Religionsunterricht durchaus vieles an Lebenshilfe erwartet, was andere Fächer

nicht' leisten können oder wollen. Uberfüttert fühlten sich die:Schüler-, ihnen mit den Themen „Heilige Schrift“, „Kirchengeschichte“ und „Christliches Menschenbild“.

Eine überwältigende Mehrheit stimmte für ihren Religionsunterricht den Charakterisierungen interessant, lebensnah, modern, gründlich, wichtig, sinnvoll, bildend und brauchbar zu. Die geringste Zustimmung fanden die Beurteilungen „humorvoll“ und „überzeugend“.

Auf Grund der im Laufe dieser Untersuchung gemachten Fülle von Angaben konnte Pöschl vier Hypothesen eindeutig verifizieren:

• Die Einstellung zum Religionsunterricht ist abhängig vom Lebensbezug der Themen.

• Die Einstellung zum Religionsunterricht korreliert mit den angewandten Unterrichtsmethoden.

• Hat die Schülerin eine positive Einstellung zum Religionslehrer, dann wird sie auch eine günstige Einstellung zum Religionsunterricht haben.

• Die Einstellung zum Religionsunterricht steht in Verbindung mit dem Vertrauen der Schülerin zum Religionslehrer.

Zwei weitere - vermutlich richtige - Hypothesen konnte die Studie nicht bestätigen, aber auch nicht widerlegen: daß die Einstellung zum Religionsunterricht von der religiösen Situation im Elternhaus mitbestimmt werde und daß sie mit außerschulischen kirchlichen Aktivitäten der Schülerin Hand in Hand gehe.

Besser als der Ruf

Alles in allem zeigt Pöschls verdienstvolle Arbeit, daß der Religionsunterricht in Österreich viel besser ist als der Ruf, der ihm gelegentlich zuerkannt wird. Daß gerade in diesem Fach die Person des Lehrers außerordentlich wichtig ist, ist nicht neu und auch kein Grund zur Sorge. Es ist kein Geheimnis, daß die derzeitigen Anwärter auf das Lehramt in Religion von allen Lehramtskandidaten die beste pädagogische Ausbildung erhalten.

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