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Der Lehrer muß sich einbringen

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Gilt es, die gesellschaftspolitische Situation zu bestimmen, in der unsere Kinder aufwachsen, drängt sieli eine pessimistische Situationsbeschreibung allgemeiner Orientierungslosigkeit auf. Die Unsicherheit in Wert- und Normfragen führt dazu, daß nichts mebir gilt, daß alles zur Disposition und Diskussion steht. In dieser Zeit suchen aber immer mehr Menschen, vor allem Jugendliche, nach Orientierung. Sie wollen wissen, woran sie sich in ihrem Tun und Lassen halten können.

Gilt es aber andererseits, die pädagogische Situation zu beschreiben, so spiegelt diese die Unsicherheit und den Pluralismus wider: auch in der Erziehung herrscht Unklarheit über Ziel und Orientierung. Viele einander wi-

dersprechende Richtungen zeichnen sich durch ein kurzlebiges Dasein aus, der feste Glaube an die Machbarkeit und die Wendung zur Empirie bringen es mit sich, daß Grundsätze und Normen wenig gelten; Erziehung bleibt auf der Strecke, sie wird als ideologieverdächtig diskriminiert.

„Dies aber ist“ , wie Marian Heitger meint, „die verkehrteste Antwort, die man auf die gegenwärtige Herausforderung geben kann. Denn die Unsicherheit in Wert- und Normfragen, die weltanschauliche Pluralität fordert nicht ein Weniger, sondern ein Mehr an Erziehung.“

Pluralismus kann doch wohl nicht eine Absage an alle W erte, kann nicht Beliebigkeit und Unverbindlichkeit sein. Auch Pluralismus verlangt Begründung, Stellungnahme und Entscheidung, er kann nicht von Wertungen befreien.

Walter Spiel stellt fest, daß der Abbau von Wertordnungen bei den Jugendlichen wie auch in der Gesellschaft, aber auch die Angst oder die Unfähigkeit der Eltern oder Erzieher, gegenüber den Jugendlichen noch Standpunkte zu beziehen, als ein Sinndefizit und Ursache einer Krise anzusehen sind, die im mer mehr Familien erfaßt: „Die Kinder und Jugendlichen sind im wörtlichen Sinn haltlos geworden. Sie können sich nirgends mehr anhalten. Sie haben keine Leitbilder, keine Ordnung mehr.“

Für die katholische Schule provoziert natürlich die pluralistische Welt, in der wir leben, im besonderen Maß die Frage nach der Mbglichke it einer christlichen Erziehung in der heutigen Zeit, wo doch in weiten Kreisen die Bereitschaft fehlt, christliche Werte und Normen als Maßstäbe für das eigene Handeln zu akzeptieren. „Die Kirche erkennt aber das dringende Bedürfnis nach der Gegenwart des christlichen Gedankengutes, insoweit es einen gültigen Prüfstein für die wirren Begriffe und Verhaltensweisen unserer Zeit darstellt… Der kulturelle Pluralismus drängt deshalb die Kirche, ihre erzieherischen Anstrengungen zu steigern, um selbständige und verantwortungsbewußte Persönlichkeiten heranzubilden, die dem lähmenden Relativismus widerstehen und gemäß den Anforderungen ihres Tauf gelöbnisses leben kön nen“ (Kongregation für das katholische Bildungswesen „Die katholische Schule“ , Rom 1977).

Wir wissen, daß sich jede Erziehung an einem bestimmten Menschenbild orientiert. Für die Erziehung aus christlicher Verantwortung ist die unantastbare Würde der Person als jener Grundwert anzusehen, der als Voraussetzung, Ziel und Regulativ des erzieherischen Tuns gilt.

Der christliche Lehrer orientiert sich bei seinem Handeln an christlichen Werten und an dem Menschenverständnis, wonach der Mensch Geschöpf Gottes, seinem Wesen nach Person und dazu bestimmt ist, die Welt mitzugestalten. Er wird darauf aus sein, dem Schüler ein exaktes Wissen zu vermitteln, dem jungen Menschen aber auch zur Erkenntnis verhelfen, daß einige Daten aus der Geschichte noch nicht das Ganze sind. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Daseins wird die Frage nach Gott letztlich nach sich ziehen.

Freilich kann es gar nicht in der Macht des Lehrers liegen, ob der junge Mensch die Antwort des Erziehers, der aus christlicher Verantwortung handelt, annimmt oder nicht. Denn Glaube ist nicht lehrbar. Er kann aber bezeugt werden durch das glaubwürdige Leben eines Lehrers. Standpunkt- losigkeit und Scheu, im Unterricht das Christentum zu bekennen, sind sicherlich kein erfolgreicher praktischer Anschauungsunterricht für ein christliches Leben.

Roman Bleistein sagt es deutlich: „Der Lehrer bringt in seinem Unterricht nicht Sachen, sondern in den Sachen sich.“ Dadurch wird die Schule zum Raum der Lebensdeutung, und der Lehrer wird sich „der seligen Last bewußt, an der Menschwerdung junger Menschen mitwirken zu dürfen“ .

Der Autor ist Direktor des Gymnasiums am Jesuitenkolleg in Wien-Kalksburg.

Deutsche Kultur in Siebenbürgen

Volkskultur manifestiert sich auch in der Festtracht. Deshalb hilft das beispielhaft dokumentierte Werk über die festliche Bauernkleidung der Siebenbürger Sachsen, das Wesen dieser Volksgruppe zu verstehen.

Daß „der Gegensatz zu den mit den siebenbürgischen Deutschen Tür an Tür lebenden Ungarn, Szeklern und Rumänen“ , wie im Vorwort behauptet wird, „unübersehbar groß ist“ , gehört freilich zu den Vorstellungen einer romantisch-altertümlichen Volkskunde. Eigenständigkeit schließt die Kontaktnahme nicht aus.

Alles in allem ist aber das Buch nicht nur aus kulturhistorischen Gründen bedeutsam: Es lenkt die Aufmerksamkeit auf eine unterdrückte Minderheit, deren Kultur sich gegen die gewaltsame Rumä- nisierung kaum behaupten kann.

GS

DIE FESTTRACHT DER SIEBENBURGER SACHSEN. Von Ortrun Scola, Gerda Bretz- Schwarzenbacher und Annemarie Schiel. Callwey Verlag, München 1987. 172 Seiten, 130 Schwarzweiß- und 35 Farbabb., geb., öS 387,-.

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