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Der Lösung näher, aber: Kein Grund zum Jubel

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Mit dem Bundesvoranschlag 1979, der nun dem Nationale rat vorgelegt wurde, steht neuerlich zur Diskussion, ob eine Sanierung des aus den Fugen geratenen Staatshaushaltes gelingt. Der Präsident der Nationalbank, Univ.-Prof. Dr. Stephan Koren, sieht auf dem Gebiet der Budget-Defizite noch keine positive Entwicklung. Aus der steigenden Tendenz der Defizite müsse erst eine sinkende werden. Zur Zahlungsbilanz meint er: Wir sind der Lösung etwas näher, zum Jubel haben wir aber keinen Grund. Im Interesse der Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft müsse noch zwei bis drei Jahre eine restriktive Wirtschaftspolitik betrieben werden, sagt Koren in dem FURCHE-Gespräch mit Alfred Grinschgl.

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Mit dem Bundesvoranschlag 1979, der nun dem Nationale rat vorgelegt wurde, steht neuerlich zur Diskussion, ob eine Sanierung des aus den Fugen geratenen Staatshaushaltes gelingt. Der Präsident der Nationalbank, Univ.-Prof. Dr. Stephan Koren, sieht auf dem Gebiet der Budget-Defizite noch keine positive Entwicklung. Aus der steigenden Tendenz der Defizite müsse erst eine sinkende werden. Zur Zahlungsbilanz meint er: Wir sind der Lösung etwas näher, zum Jubel haben wir aber keinen Grund. Im Interesse der Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft müsse noch zwei bis drei Jahre eine restriktive Wirtschaftspolitik betrieben werden, sagt Koren in dem FURCHE-Gespräch mit Alfred Grinschgl.

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FURCHE: Herr Präsident, im Herbst vergangenen Jahres wurde em sogenanntes Maßnahmenpaket zur Sanierung der Zahlungsbilanz und des Staatshaushaltes beschlossen. Hat dieses Maßnahmenpaket sein Ziel erreicht?

KOREN: In Summe kann man glaube ich heute feststellen, daß die Entlastung der Zahlungsbilanz verhältnismäßig stark gewesen ist. Im heurigen Jahr wird das Leistungsbi-lanz-Passivum um sicherlich etwa die Hälfte kleiner sein als im Jahr 1977.

Das ist aber zum Teil auch anderen Faktoren zuzuschreiben, wie zum Beispiel den Nachwirkungen der besonderen Import-Hausse im vergangenen Jahr, was automatisch bewirkt hat, daß heuer eine Entlastung stattgefunden hat. Und es ist natürlich auch darauf zurückzuführen, daß die Konjunktur schwächer gewesen ist,

als man zugrundegelegt hat, so daß durch die schwächere Konjunktur auch eine Import-Entlastung eingetreten ist.

Weniger erfolgreich war der Versuch, das Defizit im Staatshaushalt zu verringern, denn hier war ein Defizit von rund 40 Milliarden Schilling programmiert. Infolge geringerer Einnahmen und höherer Ausgaben als erwartet, wird im heurigen Jahr der Abgang wieder höher sein als 1977 und das ist, wenn man die Zahlungsbilanz im Auge hat, keine positive Entwicklung.

FURCHE: Aufweiche Marke müßte Ihrer Meinung nach das Budgetdefizit reduziert werden und in welchem Zeitraum müßte das geschehen?

KOREN: Ich will gar keine Marke setzen. Aber eines ist sicherlich unbedingt notwendig: daß die Tendenz steigender Budget-Defizite abgefangen wird. Mit anderen Worten: Aus der steigenden Tendenz der Defizite muß eine sinkende Tendenz der Defizite werden.

FURCHE: Zurück zur Zahlungsbilanz: Sie haben von der Import-Hausse unmittelbar vor Einführung der Luxussteuer gesprochen. Die Vorziehkäufe haben bewirkt, daß es kurzfristig gelungen ist, die Importflut einzudämmen. Aber wird dieser Erfolg dauerhafter Natur sein?

KOREN: Das wird sich in .der nächsten Zeit zeigen. Die Prognose des Wirtschaftsfor-schungs-Instituts rechnet für das nächste Jähr wieder mit einer leichten Verschlechterung der Zahlungsbilanz ...

FURCHE: Gegenüber dem heurigen Jahr?

KOREN: ... gegenüber dem heurigen Jahr. In erster Linie deshalb, weil eine leichte Wirtschaftsbele-bung zwangsläufig wieder zu einer Vergrößerung der Importe führen wird. Das heißt nichts anderes, als daß wir das Problem sicherlich noch nicht gelöst haben, daß wir der Lösung etwas näher gekommen sind, aber noch keinen Grund zum Jubel haben.

FURCHE: Mit der Luxussteuer hat man primär die Österreicher daran zu hindern versucht, ausländische Waren zu kaufen. Hat man bisher nicht zuwenig dafür unternommen, die Konsumenten für den Kauf inländischer Produkte zu bewegen?

KOREN: Ich glaube, daß jede Aktion, die zur Verbesserung des Absatzes inländischer Güter führt, positiv zu bewerten ist. Entscheidend bleibt natürlich die Frage, ob diese Güter konkurrenzfähig sind oder nicht. Mangelnde Konkurrenzfähigkeit wird man durch keine Werbung kompensieren können. Daher bleibt der entscheidende Ansatzpunkt der: durch eine restriktive Politik die Kostensituation innerhalb von zwei bis drei Jahren so zu entlasten, daß unsere Güter wieder konkurrenzfähig werden und durch eine entsprechende Investitionspolitik auch die Produktion neuer Güter anzuregen und zu fördern.

FURCHE: Der Finanzminister hat in seiner Budgetrede auch von einer günstigen Entwicklung auf dem Gebiet der Währungsreserven gesprochen. ÖVP-Obmann Josef Taus bestreitet das. Was sagen Sie dazu?

KOREN: Die Währungsreserven sind seit dem Tiefpunkt im Vorjahr gestiegen. Wir haben derzeit etwas über 50 Milliarden Schilling Währungsreserven. Natürlich ist dieser Zuwachs darauf zurückzuführen, daß im Lauf des heurigen Jahres beträchtliche Kapitalimporte durchgeführt worden sind. Ohne jeden Kapitalimport hätte es, nachdem unsere Leistungsbilanz noch immer passiv ist, natürlich einen Rückgang an Reserven gegeben. Man kann daher nur festhalten, daß die steigenden Währungsreserven zum Teil durch Kapitalimporte bewirkt worden sind. Und daß die steigenden Kapitalimporte der letzten Jahre natürlich künftige Belastungen für Zinsenzahlungen und Rückzahlungen miteinschließen.

FURCHE: Für die nahe Zukunft steht ein neues europäisches Währungssystem zur Diskussion. Welche Vor- und Nachteile könnte unserem Land eine Beteiligung an einem solchen Währungssystem bringen?

KOREN: Diese Frage kann man derzeit nicht erschöpfend behandeln. Ich glaube, eines steht von vornherein fest: Daß wir größtes Interesse daran haben, daß in Westeuropa eine Zone größerer währungspolitischer Stabilität entsteht. Wenn es gelingt, ein solches stabileres System zu schaffen, dann sind wir denkbar daran interessiert, daran teilzuhaben.

FURCHE: Können Sie für einen Laien in groben Zügen skizzieren, wie ein solches europäisches Währungssystem aussehen würde?

KOREN: Es würde darum gehen, zwischen einer möglichst großen •Zahl von europäischen Währungen ein fixes Paritätensystem zu schaffen, das heißt Wechselkurse herzustellen, die nur innerhalb ganz schmaler Bandbreiten schwanken können, so daß die Handelstreibenden dieser Länder auf längere Sicht mit stabilen Wechselkursen zwischen diesen Ländern rechnen können.

Diese Stabilität setzt aber voraus, daß die wirtschaftliche Entwicklung der teilnehmenden Länder annähernd harmonisch verläuft, das heißt also, daß in diesen Ländern grob gesagt die Inflationsraten nicht zu weit auseinander liegen, was derzeit zweifellos noch der Fall ist.

FURCHE: Wie wird sich der Schilling im Verhältnis zur deutschen Mark weiterhin entwickeln?

KOREN: Ich glaube, für die österreichische Währungspolitik ist unverändert maßgebend, daß wir eine Politik betreiben, die unseren Wechselkurs mit den Ländern mit harter Währung hält. Wir haben schon in der letzten Woche dokumentiert, daß wir keine sklavische Bindung an die deutsche Mark darunter verstehen.

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