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„DER MACHER MIT HERZ

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Die Angelsachsen unterscheiden zwei Menschentypen, den „thin-ker" und den „doer", also den mehr Philosophierenden und den Zupackenden. Ich will dies für unser Thema, den Unternehmer des 21. Jahrhunderts - merke: Es beginnt in neun Jahren! - anders umschreiben: Was die moderne Wirtschaft braucht, ist der „Macher", aber einer mit Herz und, wie man hinzufügen muß, mit politischer Sensibilität.

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Die Angelsachsen unterscheiden zwei Menschentypen, den „thin-ker" und den „doer", also den mehr Philosophierenden und den Zupackenden. Ich will dies für unser Thema, den Unternehmer des 21. Jahrhunderts - merke: Es beginnt in neun Jahren! - anders umschreiben: Was die moderne Wirtschaft braucht, ist der „Macher", aber einer mit Herz und, wie man hinzufügen muß, mit politischer Sensibilität.

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Der „Macher" ist hierzulande, aber nicht nur bei uns, in den letzten Jahren infolge so manchenKorruptions-falles sehr in Verruf geraten: als kalter, brutaler Technokrat, der, wie es so schlimm heißt, „über Leichen geht", nur dem eigenen Erfolg zugewandt, die Ethik vielleicht wie einen Bauchladen vor sich hertragend, aber ohne moralische Skrupel. Aber aus so vielen Schicksalen dieses negativen Typs von „Macher" wissen wir, daß die Marktwirtschaft letztlich - es dauert oft nur sehr lange - ein brutales Selektionsinstrumentarium ist, das früher oder später dubiose Existenzen ausscheidet.

Der Beispiele aus den Vereinigten Staaten, aus Japan, aus Europa und natürlich auch aus Österreich gibt es genug. So manche Karriere endete dann nicht nur vor dem Konkurs-, sondern auch vor dem Strafrichter. Und das ist auch gut so. Darum sei dem einen oder anderen sehr Naßforschen in Österreich geraten, sich eher schweigsamer zu verhalten und mit seinen temporären Erfolgen nicht zu sehr zu prahlen. Der nächste Konjunkturabsturz kommt so gewiß wie der nächste Winter.

Also „Macher" mit Herz? Dazu gleich eine Feststellung: Solche werden gewiß nicht ausschließlich auf Managementschulen, auch auf sehr teuren und exklusiven, nicht produziert. Wie sagte doch jüngst einer der erfolgreichsten österreichischen Unternehmer, schon reich an Jahren und

Erfahrung, begabt mit der Pranke des Unternehmers, der treffsicher zupackt, wenn ihm der richtige Moment gekommen erscheint (die Griechen würden hier von „kairos" sprechen), nach einer Bilanzbesprechung: „Alles sehr gut und schön, was meine Manager vortragen. Aber wo bleibt die Intuition?"

Intuition, das ist es, was den unternehmerischen Menschen ausmacht, feines Sensorium für das Kommende, instinktsicheres Handeln, aufgebaut auf Kenntnis von Märkten, aber vor allem auch von Menschen, die ja die Wirtschaft bestimmen, eben das gewisse „Gspür" für das, was Erfolg verspricht. Gepaart mit Verständnis auch für die Menschen, die in den Betrieben arbeiten, ebenso wie für die Konsumenten. Das wird nicht in Harvard oder Fontainebleau vermittelt, die Absolventen derartiger elitärer Akademien haben in vielen Fällen alles, nur eines nicht: eben das Unternehmerische.

Aber nichts braucht die Welt, vor allem das im Umbruch befindliche Europa, mehr als unternehmerische Menschen, nicht nur im engeren Bereich dessen, was hierzulande sehr einengend „die Wirtschaft" genannt wird, sondern auch in vielen anderen Bereichen, wie Verwaltung und Bildungswesen. Das letzte Jahrzehnt dieses Jahrhunderts (und Jahrtausends) wird zurecht als das .Jahrzehnt Europas" und das .Jahrzehnt des unternehmerischen Menschen" bezeichnet.

Vor allem die Reformländer im Osten, durch mehr als 40 Jahre vom „normalen" Denken abgeschottet, brauchen derzeit eine breite Schicht unternehmerischer Menschen, die Marktwirtschaft personifizieren. Sie sind unverzichtbar auch zum Aufbau einer Wirtschaft, die den Wunsch der Menschen nach ein bißchen Lebensqualität und Komfort zu befriedigen vermag. Darum sind Investitionen in Ausbildung von Unternehmern und Managern wichtiger als Geld.

Aber Vorsicht in diesem Zusammenhang vor dem Heraufkommen brutaler und gewissenloser Geschäftemacher in den Reformländern, die in nicht zu femer Zukunft auch das politische System junger Demokratien in Gefahr zu bringen vermögen. Der „Klub der jungen Millionäre" in Moskau ist keine Empfehlung, sind doch dort gewiß auch Existenzen versammelt, die mit niedrigsten Methoden Geschäfte machen. Es ist nämlich ein Irrglaube, zu meinen, wir hätten schon das „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts" zu feiern. Ein Rückschlag, geboren aus Enttäuschung und moralischer Zersetzung, ist nicht auszuschließen.

Darum auch ein Wort zur vielstrapazierten Ethik des Unternehmers. Da werden allwöchentlich Symposien zum Thema abgehalten zuweilen auch mit hohen und höchsten Repräsentanten der Kirchen. Aber ist nicht damit oft nur Fassadenputz verbunden, nicht aber ein ehrlicher innerer Aufbruch? Wir wollten, es gäbe weniger Seminare zum Thema mit viel leerem Stroh, sondern mehr ethisches Verhalten, über das man nicht spricht, das man vielmehr im Alltag praktiziert. „Tu Gutes und schweige darüber", könnte man in Abwandlung eines Lehrsatzes der Öffentlichkeitsarbeit sagen.

Alles im Leben ist Politik - von dieser Erkenntis muß auch der moderne Unternehmer ausgehen, Politik nicht ausschließlich im Sinne von Parteipolitik, mit allen in Österreich damit verbundenen negativen Assoziationen. Erschreckende Erkenntnis am Ende einer langen Laufbahn im Dienste eines Unternehmerverbandes: Es wächst eine Unternehmer- und Managergeneration heran, die in hohem und gefährlichem Maße politisches Verständnis vermissen läßt. Die leider auch immer weniger bereit ist, sich für die eigene Sache zu engagieren, die aber sehr wohl Zeit für Freizeitaktivitäten aufzuwenden vermag. „Schmutzige Politik" ist zumeist eine billige Ausrede, immer sollen „die anderen" sich einsetzen, man selbst aber sitzt in der Loge und geizt nicht mit Kritik, wenn vieles wieder einmal nicht so gerät, wie es dem eigenen Interesse entsprechen würde. Nachwuchsplanung auch in dieser Hinsicht wird zu einem Muß für Unternehmer des nächsten Jahrhunderts. Das beginnt aber schon heute!

Zum Abschluß: Man hofft auch auf den gebildeten Unternehmer, jenen, der weiß, daß unser modernes Leben immer „vemetzter" wird, wie der Ausdruck lautet, daß vor allem geistige Strömungen früher oder später auch das Ökonomische bestimmen. Sie wollen aber rechtzeitig verfolgt werden. Wie schon oft gesagt wurde: Die Entwicklungen „jenseits von Angebot und Nachfrage" sind es, die auch wirtschaftlich zu Buche schlagen.

Der Autor ist Generalsekretär der Vereinigung Österreichischer Industrieller.

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