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Der Mensch als Weg der Kirche
Kan. Msgr. Bauer ist Direktor des Pastoralamtes der Diözese Eisenstadt und Geistlicher Assistent der KA Burgenlands.
Kan. Msgr. Bauer ist Direktor des Pastoralamtes der Diözese Eisenstadt und Geistlicher Assistent der KA Burgenlands.
Seitdem ich im vergangenen Jahr in der Enzyklika „Re-demptor hominis" Johannes Pauls 11. den Satz gelesen habe „Der Mensch ist der Weg der Kirche", lassen mich diese Worte nicht mehr los.
Wir haben in der Folge in unserer Diözese Uber den Inhalt dieses faszinierenden Satzes viel nachgedacht und oft darüber gesprochen. Immer mehr wurde uns dabei bewußt, daß auch im Mittelpunkt der Heilsgeschichte der Mensch steht, für den Jesus vom Himmel herabstieg, Fleisch annahm und selber Mensch wurde.
Wir begannen unter diesem Aspekt die Hl. Schrift zu meditieren und sahen vieles in einem neuen Licht. Die Berichte der Evangelien über die Begegnungen Jesu mit den Menschen seiner Zeit ließen uns erahnen, wie herzlich, unmittelbar, unkompliziert sein Umgang mit den Menschen gewesen sein muß.
Sogar an unserem Diöze-sanpatron, dem hl. Martin, beeindruckte uns etwas von neuem, was uns schon alltäglich und gewohnt geworden war: seine schlichte einfache, menschliche Tat der Mantelteilung, die ihn unsterblich gemacht hat.
Allmählich begann dieses faszinierende Wort „Der Mensch ist der Weg der Kirche" einen Prozeß der Besinnung und Überlegung auszulösen, der immer weitere Kreise zog. Vor uns stand der oft ängstliche,unsichere,suchende, nach Lebenssinn fragende, geschundene, manipulierte, weithin entrechtete Mensch, wie wir ihn Tag für Tag erleben.
Angesichts des Papstwortes wurde uns bewußt: Dieser konkrete Mensch ist unsere Aufgabe, ihm müssen wir aus dem Glauben Hoffnung und Zuversicht geben, ihm müssen wir leben helfen, ihm muß Kirche Anwalt, Helfer, geistige Heimat sein!
Dieser Satz „Der Mensch ist der Weg der Kirche" hat mich nicht nur fasziniert, sondern auch beunruhigt:
Nimmt man uns als Kirche, als Seelsorger, dieses Wort auch ab, wenn wir es in den Mund nehmen? Haben wir nicht viele Menschen schon enttäuscht, wenn wir die Institution über den Menschen, das
Recht über die Liebe, den Buchstaben über den Geist ge-setz haben?
Gibt es nicht innerhalb der Gesellschaft immer noch große Gruppen - in der Arbeiterschaft oder den politischen Parteien etwa -, die uns mit Mißtrauen begegnen, wenn wir von Menschlichkeit reden, weil immer noch Belastungen aus der Vergangenheit in die Gegenwart hereinwirken?
Sind wir Christen uns nicht selber noch weithin im unklaren, wie echtes Menschsein heute aussehen muß, weil wir uns gleichzeitig bewußt sind, daß eine radikale Nachahmung des Umganges Jesu mit den Menschen viele Traditionen und Strukturen unserer Kirche sprengen würde?
Vielleicht sollten wir gar nicht so viel herumgrübeln, wie dieses Wort „Der Mensch ist der Weg der Kirche" verwirklicht werden kann, sondern vielmehr in kleinen Schritten, aber ganz bewußt, damit beginnen.
Wie das konkret geht, habe ich bei einer Begegnung mit jenem erfahren, von dem dieses Wort geprägt wurde. Es war beeindruckend mit welcher Güte, Herzlichkeit, Aufmerksamkeit, Bescheidenheit der Papst sich seinen Besuchern gewidmet hat.
Ob Mann oder Frau, Priester oder Kind, jeder hatte das Bewußtsein: Als er mit mir sprach, war ich für ihn der einzige und wichtigste Mensch, und er war ganz für mich da!
Zeichnet sich da nicht ein Weg ab - hin zu einer gütigen, herzlichen, menschlichen Kirche?
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