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Der Mensch ist ein Mitschöpfer

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„Christ und Weltgestaltung": Dazu findet dieses Wochenende in Eisenstadt eine Studientagung zum Katholikentag 1983 statt. Wir zitieren aus der Grundlage für die Diskussion

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„Christ und Weltgestaltung": Dazu findet dieses Wochenende in Eisenstadt eine Studientagung zum Katholikentag 1983 statt. Wir zitieren aus der Grundlage für die Diskussion

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Der Mensch ist nach christlicher Auffassung nach dem Bild Gottes geschaffen und dazu berufen, in freier Entscheidung dessen Schöpfungswerk weiterzuführen: Unrecht, Verfolgung, Folgerung, Ausrottung des Menschen beleidigen auch den Schöpfer.

Freilich muß auch jeder Mensch sich bewußt sein, daß er zu freiem, verantwortungsvollem Mithandeln mit Gott berufen ist und sein eigenes Leben bewußt gestalten muß, statt sich im Strom eines „Trends" treiben zu lassen.

Jeder Christ ist verpflichtet, zum Gemeinwohl einen Beitrag zu leisten („Gaudium et spes" 75)... Bei der Verfolgung politischer Ziele wird jede konkrete Maßnahme darauf zu überprüfen sein, ob ihre Verwirklichung oder NichtVerwirklichung mehr

Menschlichkeit, mehr Gerechtigkeit, mehr Freiheit, mehr Frieden bringt. Nur eine solche Haltung ist sinnvoll — nicht ein Bewahren um des Bewahrens oder ein Verändern um des Veränderns willen ...

Bei aller Hochschätzung menschlichen Lebens darf gerade der Christ freilich nicht vergessen, daß es auch noch höhere Werte gibt, die den Einsatz des eigenen Lebens rechtfertigen können.

Daher gibt es ein Recht des einzelnen und der Gemeinschaft auf Notwehr sowie eine Pflicht des einzelnen und der Gemeinschaft zur Nothilfe für Dritte („Gaudium et spes" 79). Freilich dürfen Notwehr und Nothilfe nicht leichtfertig und ohne Bedacht-nahme auf die Folgen in Anspruch genommen werden. Im konkreten Einzelfall wird oft eine qualvolle Güterabwägung unvermeidlich sein.

EHE UND FAMILIE sind Ursprung und Fundament der menschlichen Gesellschaft. Gott hat den Lebensbund zwischen Mann und Frau gestiftet, Christus die Ehe zum Sakrament erhoben. Die Familie ist der ursprüngliche Ort, wo Hoffnung gelebt und gegeben werden kann.

Durch ihre natürliche Eigenart ist die Ehe auf Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hin geordnet. Sie muß daher prinzipiell für neues Menschenleben offen sein — auch für „ungeplan-tes".

Freilich haben Eheleute die Pflicht, gewissenhafte Überlegungen darüber anzustellen, wie vielen Kindern sie gute Eltern sein können und als Ergebnis solcher Überlegungen verantwortete Elternschaft auch zu praktizieren.

NUR DER MENSCH KANN ARBEITEN, also eine planmäßige, zweckorientierte Tätigkeit betreiben. Ziel der Arbeit ist die Befriedigung geistiger und körperlicher Bedürfnisse.

Arbeit ist Voraussetzung für Menschsein, weil der Mensch durch Arbeit nicht nur die Natur umwandelt, sondern sich auch selbst verwirklicht, „mehr Mensch wird" („Gaudium et spes" 9, „Laborem exercens").

Da Arbeit auch Fortführung des Schöpfungswerkes Gottes unter eigenverantwortlicher Beteiligung der Menschen ist, hat jeder Mensch ein moralisches Recht auf Arbeit und einen Anspruch auf die Mitbestimmung von Arbeitsmethoden und Arbeitszielen je nach Fachkenntnis und Bereitschaft zur Mitverantwortung...

Es ist unverantwortlich, die Vorräte der Erde aufzubrauchen, ehe sichergestellt erscheint, daß künftige Generationen ihren Bedarf an Rohstoffen und Energien anderweitig decken können. Es ist unmoralisch, künftigen Generationen technische Probleme, die Gefahren für menschliches Leben darstellen, nur mangelhaft gelöst zu „vererben".

Es ist gleichfalls unverantwortlich, künftigen Generationen drückende Lasten für Vorhaben zu hinterlassen, deren Erträge wir schon konsumiert haben. Es ist unverantwortlich, soziale Einrichtungen zu plündern, die auch noch künftigen Generationen zur Verfügung stehen sollen...

POLITIK IST MEHR als Parteipolitik. Jede Art der Mitwirkung an Entscheidungen im öffentlichen Leben ist im weitesten Sinn Politik.

In einer Zeit, in der bei Einzelpersonen und in bestimmten Gruppen eine Tendenz zum Rückzug aus der Politik in bloße „Innerlichkeit" unverkennbar ist, muß an die Pflicht aller Christen zur Weltgestaltung in Vereinen, Organisationen, Verbänden, Aktionsgemeinschaften, Interessenvertretungen, Parteien usw. mit Nachdruck erinnert werden.

Abzulehnen ist freilich eine zunehmende Vereinnahmung von Lebensbereichen durch die Parteien. Abzulehnen ist ebenso eine Verächtlichmachung der Parteien und ihrer Vertreter, die oft unter schweren äußeren Bedingungen ihre Pflicht zu erfüllen haben.

Abzulehnen ist aber gleichfalls jede Privilegierung von Politikern und jede Anhäufung öffentlicher Amter und Funktionen. Dies widerspricht auch jedem Demokratieverständnis, das von Ge-waltentrennungund Machtverteilung ausgeht...

Historisch bedingt, betreiben die meisten Katholiken Österreichs Politik aus christlicher Verantwortung in einer bestimmten Partei. Ihr Wirken gehört anerkannt und bedankt.

Unbestritten ist freilich auch, daß katholische Christen bei der Beurteilung konkreter politischer Erfordernisse und Maßnahmen zu unterschiedlichen Schlüssen gelangen und ihrem politischen Auftrag in verschiedenen politischen Gruppierungen und Parteien nachkommen können, wenn ein sorgfältig gebildetes Gewissen sie dazu drängt.

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