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Der Mohr kann gehen

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Nach der „Schlacht um Hainburg“ sollte der Konflikt am „grünen Tisch“ ausgetragen werden. Die meisten Experten fühlen sich heute von der Regierung mißbraucht.

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Nach der „Schlacht um Hainburg“ sollte der Konflikt am „grünen Tisch“ ausgetragen werden. Die meisten Experten fühlen sich heute von der Regierung mißbraucht.

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Österreich ist jenes Land, in dem - im Verhältnis zu vergleichbaren politischen Systemen - am wenigsten gestreikt wird. Nur ein paar Sekunden pro Jahr im Schnitt. Wir sind auf dieses Ergebnis stolz, zeugt es doch von einem (sozial)partnerschaftlichen, harmonischen Klima.

Umso mehr hat die Öffentlichkeit die politische Konfliktaustragung um den Kraftwerksbau

Hainburg irritiert, der bis zur handgreiflichen Auseinandersetzung ausartete. Als Konfliktlösungsmodell boten sich zwei Dinge an: Zeit (Ausrufung einer „Nachdenkphase“) und eine (ökologie-)Kommission.

Beide Instrumente haben erreicht, was sie bezwecken wollten: die Lage ist wieder ruhig, und überdies haben andere Themen mittlerweile das Problem Hainburg überlagert.

Nach einem mehr als einjährigen Nachdenkprozeß gibt es bis heute keine politische Entscheidung darüber, ob ein Nationalpark Do-nau-March-Thaya-Auen errichtet wird und ob noch weitere Kraftwerke an der Donau unterhalb von Greifenstein ausgebaut werden, und wenn dies der Fall ist, an welchen Standorten diese errichtet werden.

Vielfach wurde die ökologiekommission als sozialpartnerschaftliches Modell gepriesen, das als Vorbild für die Konfliktaustragung Ökonomie - Ökologie dienen könnte. Die Ergebnisse der mehrmonatigen harten Arbeit der Ökologiekommission wurden aber bisher nicht beachtet. Es hat eher den Anschein, als ob die Regierung hier ein Instrument zur Ruhigstellung kritischer Wissenschaftler geschaffen hätte.

Die Aufgabe der Kommission war es, darüber nachzudenken, wieviel und welche Energie wir wo brauchen; ob es Alternativen zu einem Kraftwerk Hainburg gibt und wie ein Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen aussehen sollte.

Die Antwort auf die energiepolitischen Fragen ist die Okologie-kommission in ihrem Bericht schuldig geblieben. Somit bleiben die wichtigsten Vorfragen für den Bau von Kraftwerken unbeantwortet.

Mehr noch. Die notwendigen Maßnahmen für eine wirtschaftliche Energiepolitik wurden nicht urgiert, wie Anreize zum Energiesparen, das Ausschöpfen von Alternativenergien, somit - damit im Zusammenhang stehend - die Änderung des Versorgungsauftrages der E-Wirtschaft sowie die Änderung der Tarif struktur.

Schon vor der Präsentation des Endberichtes der Ökologiekommission präsentierte der Regierungsbeauftragte Jörg Kaniak ein Papier, das sich in seinen Aussagen von den Ergebnissen der

Öko-Kommission deutlich unterschied.

Kaniak bezeichnet das Erhalten einer Fließstrecke zwischen dem Kraftwerk Wien und Wolfsthal II - also die vollständige Erhaltung der Aulandschaft unter Vermeidung jeglicher baulicher Maßnahmen — als die „Maximierung der ökologischen Zielsetzung“.

Wahr ist vielmehr, daß die Maximierung dieser Zielsetzungen die Erhaltung einer freien Fließstrecke von Greifenstein bis Preßburg sind und daß Kaniak durch das Vorgeben verschiedener Varianten des Totalausbaues der Donau gleichsam Kompromißlösungen anbietet.

Dazu kommt, daß er diese Kraftwerke nicht als eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit sieht, sondern als eine Maßnahme gegen die bedrohliche Donauein-tiefung.

Folgt man diesem Gedanken, so ist es notwendig, östlich von Greifenstein nicht nur die Staustufe Wien aus diesen Gründen zu erbauen, sondern auch zwischen Wien und Wolfsthal noch ein weiteres Kraftwerk, da nach Wien die Eintiefungstendenz der Donau erheblich sein wird.

Die Interessen derer, die um jeden Preis weitere Donaukraftwerke bauen wollen, hat Kaniak mit seinem Bericht sicherlich befriedigt. Diejenigen Ökologen aber, die mit den Kraftwerksplanern und -technikern in mühevoller Arbeit in der ökologiekommission nach einer akzeptablen Lösung gerungen haben, fühlen sich durch den Kaniak-Bericht hintergangen.

Bernd Lötsch: „Der Bericht ist tendenziös. Kaniak hat die Erkenntnisse des Arbeitskreises Nationalpark entweder nicht hinreichend verstanden, oder hat sich darüber hinweggesetzt.“ Lötsch, der den Arbeitskreis Nationalpark geleitet hat, droht mit einigen anderen Ökologen, aus der Kommission auszutreten. Grund: Es gibt noch immer keine Entscheidung bezüglich Nationalpark und Donauausbau.

Die E-Wirtschaft hat jedenfalls die Nachdenkpause nicht benützt. Sie beharrt auf dem Totalausbau der Donau. Der Generaldirektor der Donaukraftwerke AG (DoKW), Josef Kobilka, im Originalton: „Die E-Wirtschaft hat einen fest umrissenen Versorgungsauftrag. Sie ist nicht dazu da, die Leute zum Sparen zu bringen. Sie will Strom verkaufen.“

Die Ökologiekommission hat kein Umdenken in Fragen der Energiepolitik eingeleitet, sie hat derzeit noch kein politisches Ergebnis erzielt (weder den Nationalpark noch die Zusage, daß östlich von Greifenstein keine Donaukraftwerke mehr errichtet werden).

Es kann auch ein Ergebnis sein, daß sich Wissenschaftler in Zukunft politisch nicht mehr engagieren, weil es ohnehin ergebnislos scheint. Für manchen Regierenden hätte damit die Ökologiekommission ihren Zweck erfüllt.

Der Autor ist Gemeinderat und Landtagsabgeordneter der OVP in Wien.

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