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Der neue Anti-W enzl: Hartl

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Profilierung oder Konfrontation — das ist die Frage, die sich politischen Beobachtern bei einer spekulativen Einschätzung der künftigen Ziel- orientierung der Öberösterreichischen SPÖ stellt. Wird der am 16. November beim außerordentlichen Parteitag in Enns mit einer hauchdünnen Mehrheit von 53 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen Landesobmann gewählte Rupert Hartl das Durchsetzungsvermögen innerhalb seiner Partei haben, um ihr echte neue Handiungsimpuise zu geben? Wird der vom BSA-Obmann und Landesrat zum sozialistischen Landes-Chef aufgestiegene. Richter nicht vorerst als Medizinmann tungieren müssen, um die vielen Wunden der SP Oberösterreich zu heilen, wodurch naturgemäß Versäumnisse in der Programmarbeit entstehen müßten? Oder versucht es der politische Senkrechtstarter, der Ohne längere Parteikarriere erst seit 1967 auf der Bühne der Landespolitik eine Rolle spielt, sofort mit harter Konfrontation mit der gefestigten VP von Landeshauptmann Erwin Wenzl, um die Öberösterreichischen Genossen psychologisch- taktisch auf Einigkeit einzuschwören? Zweifellos wird es einige Wochen dauern, bis die ersten Konturen von Hartls Führung deutlich sichtbar werden. Der politische Wind wird aber aller Voraussicht nach in jedem Falle kälter blasen, denn Hartl wurde in Enns als neuer Anti-Wenzl an üe SPÖ-Spitze gestellt.

Das fand bekanntlich seinen Ausdruck auch darin, daß die Funktionen des Parteichefs und höchster Regierungssozialisten vereinigt wurden. Hartl wird also Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Fridl, seinen geschlagenen Mitbewerber um den Obmannposten, auch in der Landesregierung ablösen. Er kann dabei späte Genugtuung verbuchen: als es nämlich 1973 um die Nominierung des Spitzenkandidaten der Sozialisten für die Landtagswahl ging, verlor Hartl die Stichwahl gegen

Fridi. Nun ist Fridi ausgestochen. Er nimmt Abschied von der Politik und wird von der SPÖ auf den mit Jahresanfang 1975 neu zu besetzenden Sessel eines Generaldirektor-Stellvertreters der Landeselektrizitätsgeselltschaft OKA gehoben. Fridls Schmerz wird sich in Grenzen halten können: ein Monatssalär von mehr als 70.000 Schilling wird ihn trösten. Durch dieses Trostpflaster, das die SPÖ Oberösterreich Fridi generös spendierte, verklebte sie sich aber die Lösung eines weiteren, noch offenen Personalproblems: Landesparteisekretär Habringer,

von den Ennser Delegierten mit nur 120 von mehr als 320 möglichen Stimmen de facto abgewählt — de jure kann ihn nur die Bundespartei, deren Angestellter der Landessekretär ist, abziehen —, harrt noch der Versorgung.

Keine Sorgen bereitet der ausgeschiedene Landesparteiobmann Hil- linger, der aus der heißen Parteitagsschlacht relativ unversehrt zurückkehrte: er ist als Linzer Bürgermeister weiterhin fest im Sattel, wenngleich ihm seine alles überstrahlende Valkstümlichkeitsgloriole früherer Tage nur mehr nostalgisch aus dem Privatarchiv entgegenleuchten wird. Hätte Hillinger in Linz einen ernsten Konkurrenten, was er selbst bei der Zusammenstellung seines Rathausteams stets pein- lichst zu vermeiden verstand, wären Wetten auf seinen Wedterverbleib riskant gewesen.

Die Personalfragen sind aber nur Oberflächenmerkmale der oberösterreichischen SPÖ gewesen. Im Parteiinneren geht es vor allem bei den Stoßtrupps der jüngeren Genossen um eine sehnsüchtig herbeigewünschte, stärker ideologiegeprägte Landespolitik der SPÖ. Das kam in Enns mehrmals deutlich zum Ausdruck. Es wurde, vereinfacht gesagt, mehr sozialistische Politik gefordert, zu der eine „verbürgerlichte“ Parteiführung unfähig sei. Inwieweit diese teils in härtester Form abgegebenen Erklärungen auf die Parteilinie in der nächsten Zeit tatsächlich Einfluß gewinnen werden, bleibt abzuwarten. Sie völlig zu ignorieren,. dürfte für die Spitze gefährlich sein.

Gerade bei der neuen Kursfestlegung der SPÖ in Oberösterreich könnte sich zeigen, daß mit dem Köpfeversetzen an der Spitze keineswegs wieder alles in Ordnung ist. Nun einmal aufgewühlt, dürfte die SP noch einige Zeit mit sich selbst beschäftigt sein. Vor allem braucht Hartl eine starke Rückendeckung im einfachen Parteivolk, dessen Kandidat er nicht war. Er wird viele an der Basis tätige SPler erst davon überzeugen müssen, daß er wirklich die bessere Wahl war. Nicht beschäftigen wird er sich hingegen damit müssen, sich mit seinem unmittelbaren politischen Gegenüber, Landeshauptmann Wenzl, bekanntzumachen: Wenzl und Hartl waren Schulkollegen, die beiden Klassenkameraden drückten gemeinsam die bischöflichen Gymnasialbänke im Linzer „Collegium Fe- trinum“.

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