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Der Papst und Lefebvre
Wird der Wechsel im Vatikan eine neue Entwicklung in den Auseinandersetzungen mit und um Erzbischof Lefebvre einleiten?
Für den suspendierten Erzbischof war es immer sehr schwer, seiner Umgebung verständlich zu machen, wie man gegert den Papst katholisch, römisch-katholisch, sein kann. Bekanntlich trennten sich in Econe eine Gruppe von Seminaristen von Lefebvre und übersiedelte nach Rom, wo sie gegenwärtig im Einklang mit den zuständigen kirchlichen Stellen ihr Studium fortsetzen, weil es ihnen nicht möglich war, in diesem Konflikt einen glaubwürdigen und redlichen Ausweg zu sehen.
Wie aber, wenn ein Papst Schwächen zeigt? Wenn er Fehler eines Konzils oder doch wenigstens in dessen kirchenamtlicher Durchführung nicht sieht?
Solche Fragen ergeben sich aus den Vorwürfen, die Erzbischof Lefebvre und seine Freunde gegen Paul VI. erhoben. Nachdem sich aber beide Johannes-Paul-Päpste klar und vollinhaltlich zum Zweiten Vatikanischen ^Konzil bekannt und für Paul VI. wiederholt Worte höchster Wertschätzung gefunden hatten, wurde die kirchliche äKonfliktsitua-tion Lefebvres immer schwieriger.
Zudem wird man in der Meinung nicht fehlgehen, daß die Worte, die Papst Johannes Paul II. am 17. Oktober 1978 sprach, zumindest auch für Lefebvre und seine Anhänger gelten. Damals tadelte der Papst die „starrsinnige Nichtanerkennung dessen, was legitim vorgesehen und in den heiligen Riten eingeführt worden ist“. Dies alles scheint den Erzbischof veranlaßt zu haben, nach Möglichkeiten einer Versöhnung zu suchen.
Zunächst bat er um Audienz bei Johannes Paul II. Sie wurde ihm am 18. November gewährt. Weder der Vatikan noch Erzbischof Lefebvre gaben danach Erklärungen ab, was darauf hindeutete, daß man im Gespräch bleiben wollte. Die Kirchenstrafe der Suspendierung wurde
nicht aufgehoben, was zeigte, daß der Konflikt andauert.
Bald danach erteilte Erzbischof Lefebvre in Econe abermals Weihen, was selbst Freunde mit Befremden aufnahmen. Am 10., 11. und 12. Jänner fanden ausführliche Gespräche unter Leitung von Franjo Kardinal Seper am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre statt. Dazu erklärte der vatikanische Pressesprecher, P. Romeo Panciroli, daß diese Gespräche bereits von Papst Paul VI. gewünscht worden waren. Sie erstrecken sich nicht nur auf Fragen der Lehre, sondern auch auf Fragen der Disziplin und der Seelsorge.
Eine Fortsetzung des Gespräches, das am 15. Jänner in Aussicht gestellt war, wurde vom Vatikan nicht mehr für notwendig gehalten.
Wie hoch sind die Chancen einer Versöhnung einzuschätzen? Daß sich der Erzbischof einem Verfahren in der Glaubenskongregation unterzieht, ist ein Zeichen seiner Bereitschaft, einen Ausgleich zu suchen.
Auf ein gewisses Einlenken deutet auch eine Agenturmeldung hin, wonach er den Konzilstexten zustimmen wolle, „falls diese in der traditionellen Linie der Kirche ausgelegt werden“. Diese Erklärung wurde offiziell nicht bestätigt.
Was die kirchliche Disziplin betrifft, wird der Alterzbischof einsehen müssen, daß die Erteilung von Priesterweihen und die Errichtung von Seminaren und Prioraten ohne Einwilligung des Ortsbischofs kirchenrechtlich nicht möglich ist. Anderseits werden die Basis wie auch die Führungskräfte in der Kirche eine überzeugende Antwort auf die Fragen suchen müssen, ob die Disziplin in der Kirche seit dem Konzil in Ordnung war.
Tatsächlich hat sich Johannes Paul I. in seinem kurzen Pontifikat mehrmals und mit erstaunlichem Nachdruck für mehr Disziplin, zumal im Klerus, eingesetzt. Den gleichen Wunsch äußerte Papst Johannes Paul II. Zum Problem der Priesterausbildung sprach der Papst erst
kürzlich und bekannte sich zu den Seminarien, in denen „die geistlichen Berufe in einer Atmosphäre der Sammlung reifen können“. Man wird in der Annahme nicht fehlgehen, daß sich der Papst zu diesem wichtigen Problem in absehbarer Zeit ausführlicher äußern wird.
Erzbischof Lefebvre wird auch seine Polemik gegen die Liturgiereform einstellen und seinen Anhängern Zurückhaltung auferlegen müssen, zumal hinsichtlich der Behauptung, die erneuerte Liturgie sei eine „protestantische Mahlfeier“, in welcher der „Opfercharakter der Messe “ nicht erhalten geblieben wäre. Diese Behauptung ist in einer Diskussion unter Fachleuten einfach nicht aufrechtzuerhalten.
Alle aber, die in der katholischen Kirche für die Gestaltung der Liturgie Verantwortung tragen, müssen sich von den Kritikern der Liturgiereform, die weit über den Anhängerkreis Erzbischof Lefebvres hinausgehen, fragen lassen, ob die Durchführung der Liturgieerneuerung als geglückt und abgeschlossen gelten kann. In einer Bilanz zur Jahreswende sprach sich der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Prälat Josef Homeyer, für eine stärkere Einbeziehung gefühlsbetonter Elemente in die Liturgie aus.
Ein besonders schwieriges Hindernis auf dem Weg zu einer Versöhnung mit der katholischen Kirche stellt die Anhängerschaft Lefebvres dar. Eher erstarrte Formen des Traditionalismus -gab es in der Kirche schon vor Lefebvre und wird es auch nach ihm geben. Der Konflikt als solcher ist gar nicht neu. Wird seine Umgebung, werden seine Anhänger, werden seine Schüler den eventuellen Schritt zur Versöhnung Erzbischof Lefebvres mitmachen?
Berichte und Kommentare mit aggressivem, bisweilen auch ironischem, urn nicht zu sagen zynischem Stil, haben noch nie einen Weg zur Versöhnung bereitet. Sie sollen daher in diesem Konflikt vermieden werden.
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