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Der Paradiesvogel

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Ist da nicht ein großes Rätsel, ja ein Geheimnis um Friederike Mayröcker? Wie sie selber in einem Interview sagt, bleibt ihre Dichtung ohne Resonanz bei den Kritikern und auch ohne Erfolg -mit einer Ausnahme — bei den Verlagen. Andererseits gibt es einen Kreis, mag er auch klein sein, der in dieser Dichterin den „Paradiesvogel” bewundert und bestaunt und dieses Staunen kulturpolitisch so gewaltig zu instrumentieren versteht, daß Friederike Mayröcker mit dem Großen Staatspreis für Literatur ausgezeichnet worden ist, was nun, wie sie sagt, ihre praktische Anonymität keineswegs aufgehoben hat.

Mitten in den Störfeldern der Grammatik und des Wirklichkeitsbezuges gelingt es der Dichterin, zu einem Zustand vorzustoßen, der bisher von Sprach-und Sinnkonventionen getarnt geblieben ist. Während die Informationsindustrie Sinnzusammenhänge am laufenden Band der Wissenschaften und Kulturessays montiert und dann als Sinnkonfektion frisch von der Stange der Weltanschauungen anbietet, ist da eine Frau, welche diesen operationalen und tüchtigen Wortbetrieb völlig ignoriert und auf den „Rohzustand” unseres Bewußtseins zurückgreift.

Tatsächlich, Friederike Mayröcker wäre für viele ein Korrektiv. Vor allem für diejenigen, die heute das Sagen haben. Sie könnten bei ihr ein wenig das Schweigen lernen.

REISE IN DIE NACHT. Von Friederike Mayröcker. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 1984, 136 Seiten, kart., öS 154,40.

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