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Der Presse helfen!

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Aus der großen Sorge um die Situation der österreichischen Presse erlauben wir uns, folgendes Problem an Sie heranzutragen:

Pressefreiheit und Demokratie sind untrennbar miteinander verbunden. Die eine kann es ohne die andere nicht geben. Die Pressefreiheit kann jedoch durch eine verfassungsmäßige Garantie allein nicht gesichert werden, sie ist auch durch eine Reihe weiterer Maßnahmen sicherzustellen. Die Pressefreiheit ist bei uns heute zwar nicht politisch, wohl aber materiell bedroht. Dem Verlust von Einnahmen durch das Auftreten neuer Kategorien von Werbeträgern steht das rapide Ansteigen der Ausgaben durch eine rasche Zunahme der Produktions- und Vertriebskosten sowie ein regelmäßiges Ansteigen der Steuern und Gebühren gegenüber. Dieser Schere sind in wenigen Jahren bereits acht österreichische Tageszeitungen und 21 Wochenzeitungen zum Opfer gefallen.

Mit dem Verlust der Vielfalt geht ein guter Teil der freien Meinungsbildung verloren, wie eine Reihe ausländischer Beispiele zeigt, und letztlich wird dadurch die Pressefreiheit ernstlich bedroht. In manchen Staaten wurden daher bereits staatliche Maßnahmen getroffen, um die Aufrechterhaltung der Meinungsvielfalt und damit der Pressefreiheit im eigentlichen Sinne zu gewährleisten. So etwa eine echte Befreiung von der Mehrwertsteuer, die Förderung von Investitionskrediten für Zeitungsunternehmen, die Einräumung von Sondertarifen im Bahn- und Postverkehr und Förderungsmaßnahmen beim Bezug von Papier.

Der österreichischen Presse wurden aus diesen Gründen bereits bisher materielle Zugeständnisse von selten des Staates gewährt, wie etwa seit 1. April 1969 die Befreiung der Vertriebserlöse der Zeitungen von der Umsatzsteuer.

Die österreichischen Zeitungen sehen sich aber besonders in der gegenwärtigen Situation einem noch viel größeren materiellen Druck als bisher gegenüber:

So ist eine neuerliche Erhöhung der Druckpreise um 5 Prozent für die allernächste Zeit bereits festgelegt, wobei die Druckpreiserhöhungen in den letzten Jahren rund 25 Prozent betrugen.

Papierpreiserhöhungen mußten im April 1970 und Jänner 1971 im Gesamtausmaß von rund 8 Prozent in Kauf genommen werden.

Ferner steigen die Kosten des Vertriebes. So stehen Erhöhungen des Bahnversandes für Zeitungen allein in diesem Jahr um rund 20 Prozent bevor, nachdem dieser erst mit 1. Jänner 1969 gesteigert wurde. Erhöhungen der Postversandgebühren sind angekündigt, wobei bereits ab 1. Oktober 1971 die Einziehungsgebühr von achtzig Groschen auf 1 Schilling erhöht wurde.

Löhne und Gehälter der Belegschaften der Zeitungsbetriebe sind ab 1. Jänner 1969 um 8 Prozent, ab 1. Jänner 1970 um 3 Prozent sowie ab 1. Jänner 1971 um 15 Prozent gestiegen. Darüber hinaus erfahren sie im Jahre 1972 eine abermalige Erhöhung um 15 Prozent.

Die Honorare für freie Mitarbeiter sind seit 1969 ebenfalls um 26 Prozent gestiegen und werden 1972 um weitere 15 Prozent erhöht.

Auch die Kosten für ausländische Dienste, insbesondere auf dem Nachrichten- und Bildsektor, sind bereits massiv erhöht worden.

Nicht zuletzt würde die Ausdehnung des Werbefernsehens starke Einbußen bei den Anzeigenerlösen mit sich bringen.

AU dies könnte den Niedergang einer Reihe weiterer Zeitungen in Österreich nach sich ziehen und selbst jene Unternehmen, die zur Zeit noch finanziell gesichert dastehen, in eine äußerst schwierige wirtschaftliche Lage bringen.

Wenn man sich zum Prinzip der Vielfalt der Presse bekennt, ist es notwendig, der Presse überall dort zu helfen, wo ihr aus der gleichen Einsicht schon bisher in geringerem Ausmaß geholfen wurde — auf dem Gebiet der Steuergesetzgebung und der Tarifgestaltung —, aber auch in anderen Bereichen. Ähnlich wie bei der Befreiung der Vertriebserlöse von der Umsatzsteuer sollte für die Presse bei der bevorstehenden Einführung der Mehrwertsteuer eine über die im derzeitigen Gesetzentwurf hinausgehende Regelung getroffen werden. Dies würde allerdings nur einen Teil der massiven Mehrbelastungen kompensieren, darum wäre auch eine Befreiung der Presse von der Gewerbesteuer vorzunehmen. Eine Reihe von Institutionen sind bereits heute von der Gewerbesteuer befreit, da sie im Dienste der Öffentlichkeit stehen, wie etwa die Bundesbahnen, die Salinen, die Nationalbank und andere. Dieses öffentliche Interesse gilt auch für die Presse.

Aber auch Maßnahmen der Bundesländer, wie etwa die Befreiung der Presse von der Anzeigenabgabe und von diversen Gebrauchssteuern könnten zu einer wesentlichen Entlastung der Presse führen.

Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation und die angestellten Überlegungen erwartet und fordert die österreichische Presse daher Maßnahmen, die zu einer spürbaren Entlastung führen, wobei dies insbesondere auf dem Gebiet der Steuergesetzgebung und Tarifgestaltung naheliegt, aber auch andere Maßnahmen in Erwägung zu ziehen sein werden.

Der Verband österreichischer Zeitungsherausgeber und Zeitungsverleger übermittelt zu diesem Zweck ein Förderungsprogramm, dessen Verwirklichung, zu einer Sicherung der Vielfalt der Meinungsbildung in Österreich und damit einer echten Pressefreiheit dient.

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