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Der Rasperl und das Krokodil

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Der Sommer geht langsam zu Ende. Jörg Haider ist wieder ins heimatliche Bärental und damit auf den Boden der österreichischen Wirklichkeit zurückgekehrt. Bei seinem Studienaufenthalt an der Harvard-Universität in den USA schien er ja einen partiellen Realitätsverlust erlitten zu haben, als er via „News” ankündigte, er werde 1999 Bundeskanzler sein - und zwar in einer Koalition mit der SPO.

Derlei Ankündigungen gehören bei ihm zum Geschäft.

Zunächst mußte Haider dem Journalisten, der ihm eigens in die USA nachgefahren war, etwas bieten. Die beiden lieferten einander ein Wortgefecht und hauten sich gegenseitig auf den Schädel. Sie dürften dabei eine ziemliche Hetz' gehabt haben.

Zweitens mußte sich Haider aber seinem Publikum in Osterreich in Erinnerung rufen als der, der sich etwas traut und die Koalition das Fürchten lehrt. Er muß der Kasperl sein, der auf das Krokodil einschlägt.

Die regelmäßige Ankündigung, im jeweils nächsten, spätestens aber übernächsten Jahr werde er Bundeskanzler sein, gehört zur Show. Zwar wollen das nicht einmal alle jene, die ihn wählen, aber sie freuen sich, wenn er damit die Koalitionsparteien schreckt.

Tatsächlich ist Haiders Lage ziemlich verzwickt. Es dauert nun doch schon ziemlich lang, daß er darauf wartet, Regierungschef zu sein und die Chancen, daß er es bald wird, sind nicht größer geworden.

Natürlich hängt alles vom Wahlausgang im Frühjahr 1999 ab, aber eine Konstellation, in der Haider Bundeskanzler werden könnte, ist schwer vorstellbar.

Eine Koalition mit der ÖVP dürfte sich schon rein rechnerisch nicht ausgehen. Selbst wenn dieser unwahrscheinliche Fall einträte, würde es an Bundespräsident Thomas Klestil scheitern, der schon vor und nach der Wahl 1995 eine solche Lösung verhindert hat. Außerdem würde die ÖVP daran zerbrechen, wenn sie-Haider zum Kanzler wählte.

Was also liegt näher, als es mit der SPO zu versuchen?

Mit „dem Viktor” verträgt sich Haider gut. Auch inhaltlich hätten die beiden Parteien vermutlich weniger Schwierigkeiten miteinander, als man auf den ersten Blick annehmen würde. Haider ist ja alles andere denn ein Wirtschaftsliberaler, und um den Preis der Regierungsbeteiligung wird er jegliche Konzession machen. Sein Publikum wählt ihn ohnehin nicht wegen bestimmter inhaltlicher Positionen.

Aber warum sollte die SPÖ sich Haider überhaupt antun? Sie braucht ihn nicht, um weiterhin den Bundeskanzler stellen zu können. Eine geschwächte ÖVP wird ein sehr angenehmer und gefügiger Partner für eine Fortsetzung des Kuschelkurses sein.

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