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Der riskante Wohnungskauf

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Es geht nicht nur darum, Wohnbauskandale aufzuklären. Es gilt vielmehr, Wohnungswerber künftig vor unsauberen Praktiken zu schützen.

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Es geht nicht nur darum, Wohnbauskandale aufzuklären. Es gilt vielmehr, Wohnungswerber künftig vor unsauberen Praktiken zu schützen.

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Die Skandale in der Wohnbauwirtschaft haben verdeutlicht, daß Wohnungswerber beim Kauf von Wohnungen oder Eigenheimen ein kaum akzeptables Risiko zu tragen haben, dessen Umfang den meisten bis vor kurzem nicht bewußt war.

Die verkaufenden Firmen sind in der Regel nur zu den nachfolgenden Konditionen bereit, den Vertrag gegenzuzeichnen: So ist es üblich, den vereinbarten Kaufpreis für eine Wohnung oder ein Reihenhaus in vier oder fünf Raten zu bezahlen. Meist sind die ersten 20 Prozent schon binnen 14 Tagen nach Unterzeichnung des

Vorvertrages zum Kaufvertrag fällig. Also zu einem Zeitpunkt, an dem oft nicht einmal der Aushub für das entstehende Objekt getätigt worden ist.

Bei Konkurs oder Illiquidität der Firma hat dann der Käufer aber hinsichtlich der Rückforderung seiner schon bezahlten Teilbeträge das Nachsehen, wenn nicht ausreichende Sicherheiten gegeben sind. In dem erwähnten Vertragsstadium ist etwa eine grundbücherliche Sicherstellung noch nicht möglich, beziehungsweise können später fremde Pfandgläubiger allfälliger Pfandrechte sogar trotz grundbücher-licher Sicherheit Probleme bereiten.

Mit der Geschäftsabwicklung glaubt sich der Wohnungskäufer aller Sorgen enthoben. Die Wohnbaufirma kümmert sich ja um die gesamte finanzielle Abwicklung. Wie verhängnisvoll dieser Glaube sein kann, soll — zusätzlich zum „Wohnbau Ost"-Skandal — ein Beispiel aus der jüngsten Zeit der Vorarlberger Wohnbaugeschichte verdeutlichen:

Die Intermobilia Wohnbaugesellschaft mbH & CoKG. aus Dornbirn begann 1980/81 in Vorarlberg ein größeres Reihenhausobjekt kombiniert mit Eigentumswohnungen zu errichten. In der Planungs- und Bauausführungsphase bediente sie sich zweier Kreditinstitute für die Vorfinanzierung. Das eine Institut finanzierte das zu bebauende Grundstück vor, das andere das Bauobjekt selbst. Beide sicherten sich durch Eintragungen von

Pfandrechten im Grundbuch ab.

Ein Käuferehepaar unterschrieb auf Anraten der Intermobilia eine völlig abstrakt gehaltene Verpfändungserklärung, worin es seine Bausparvertragssum-men zu Gunsten eines dritten Kreditinstitutes zur Sicherstellung eines zwischen der Intermobilia und diesem Institut abgeschlossenen Kreditvertrages abtrat. Die Kreditsumme deckte sich mit der Bausparvertrags-summe. In dieser Erklärung fehlte jedoch jeder Hinweis auf die beabsichtigte Verwendung der Kreditsumme.

Dieses Kreditinstitut konnte zum Zeitpunkt der Kreditvergabe an die Wohnbaugesellschaft durch Einsicht im Grundbuch von den Pfandrechtsansprüchen der beiden anderen Institute noch nichts wissen, da die grundbücherliche Eintragung erst im laufen war. Obwohl dieses Insti-

tut mit der Vorfinanzierung des Wohnbauobjektes direkt nichts zu tun hatte, akzeptierte es die Abtretung der Bausparvertrags-summe des Ehepaares für die Sicherstellung eines Kredites, der offensichtlich für andere Projekte der Firma verwendet wurde.

Vielleicht diente dieses Geschäft auch zur Abdeckung eines größeren Darlehens, das dieses Institut der Intermobilia gewährt hatte. Moralische Bedenken gab es keine.

Auf das vorhandene Risiko dieser Vorgangsweise wurde das Ehepaar von niemanden der mit diesem Geschäft betrauten Personen hingewiesen. Durch die Verpfändungserklärung hatte es nämlich die Bausparkasse verpflichtet, die Zahlungen aus den Bausparverträgen ausschließlich an das Kreditinstitut zu leisten, das mit dem Bauobjekt unmittelbar zu tun hatte.

Zwar zahlt die Bausparkasse die Darlehen nur gegen grundbücherliche Sicherstellung aus, ist jedoch bei der Freigabe der vorhandenen Eigenmittel nicht an dieses Faktum gebunden. Somit wurden entsprechend den vertragsgemäßen Zahlungsvereinbarungen die Eigenmittel dem Kreditinstitut überwiesen, welches ein Pfandrecht darauf erworben hatte.

Somit bewirkte die Uberweisung der Eigenmittel von 300.000

Schilling keinerlei Senkung der Grundbuchlasten, die von den das Kaufobjekt vorfinanzierenden Kreditinstituten stammten und keinen Platz mehr für andere Sicherheit bringende Eintragungen ließen.

Als dann die Wohnbaugesellschaft in Konkurs ging, hatte das Ehepaar den Verlust der Bauspareigenmittel zu verzeichnen.

Ein Einzelfall? Nein, wohl eher symptomatisch für die abnehmende moralische Verantwortung in unserer Gesellschaft, die natürlich durch Gesetze nicht erfaßt und ersetzt werden kann.

Die nachfolgenden Vorschläge zur möglichen Risikosenkung für den Wohnungswerber müßten daher nicht diskutiert und geprüft werden, wenn alle Verantwortlichen (Firmen, Kreditinstitute, Bausparkassen) ihre Sorgfaltspflichten genauer nähmen und sich nicht vom Rang und Namen unseriöser Menschen immer wieder blenden ließen.

Es könnte etwa durch die Novellierung des Konsumenten-schutzgesetzes

• ein generelles Abtretungsverbot geben für Darlehensansprüche des Verbrauchers (gegenüber Bausparkasse, Wohnbauförderung, sonstigen Kreditgebern), mit Ausnahme der Abtretung an die Kreditinstitutionen, die dem Verbraucher bis zur Eintragung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch eine ausreichende Bankgarantie gewähren;

• eine Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers vor der grundbücherlichen Eintragung eines Eigentumsrechtes an der Unternehmer (Wohnungseigentumsorganisator, Generalunternehmer, Baustoffhändler) entweder nur über Treuhänderschaft oder Bankgarantie geben; in jedem Falle sollte eine Zahlung des Verbrauchers nur Zug um Zug fällig sein. Durch den Zwang zur Bankgarantie würden diese reinen Bausparfinanzierungsge-schäfte ohne engen Kontakt mit dem Wohnbauobjekt selbst vermieden.

Verpfändungserklärungen für solche Geschäfte sollten ferner nur noch objektbezoggn formuliert werden. Vollmachtserklärungen an Dritte, sei es für die Darlehensabwicklung im Bereich der Bausparfinanzierung und der Wohnbauförderungsfinanzie-rung, sollte nur in dringenden begründeten Fällen Berücksichtigung finden.

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