6880958-1979_09_15.jpg
Digital In Arbeit

Der Schöpfer und die Evolution

19451960198020002020

Gibt es Gott? fragte das österreichische Fernsehen eine Reihe österreichischer und ausländischer Naturwissenschafter. Ihre Antwort lautete weitgehend übereinstimmend: Man kann Gott nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden beweisen -aber auch seine Existenz nicht widerlegen. Die FURCHE präsentiert, leicht gekürzt, vier dieser Aussagen: von Hans Tuppy, Biochemiker an der Universität Wien und Präsident des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung; Rupert Riedl, Zoologe an der Universität Wien; Fritz Heppner, Neurochirurg an der Universität Graz, sowie Heinz Zemanek, Informationstheoretiker an der Technischen Universität Wien.

19451960198020002020

Gibt es Gott? fragte das österreichische Fernsehen eine Reihe österreichischer und ausländischer Naturwissenschafter. Ihre Antwort lautete weitgehend übereinstimmend: Man kann Gott nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden beweisen -aber auch seine Existenz nicht widerlegen. Die FURCHE präsentiert, leicht gekürzt, vier dieser Aussagen: von Hans Tuppy, Biochemiker an der Universität Wien und Präsident des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung; Rupert Riedl, Zoologe an der Universität Wien; Fritz Heppner, Neurochirurg an der Universität Graz, sowie Heinz Zemanek, Informationstheoretiker an der Technischen Universität Wien.

Werbung
Werbung
Werbung

Naturwissenschaften und Gottesglaube gehören zwei verschiedenen Ebenen an, gibt es doch keine naturwissenschaftliche Methode, kein Experiment, kein Mittel, exakt nachzuweisen, daß Gott existiert. Anderseits kann auch ein ungläubiger Wissenschafter mit keiner naturwissenschaftlichen Methode die Existenz Gottes ausschließen. Gehören also Naturwissenschaft und Glaube zwei verschiedenen Ebenen an, so besteht doch zwischen ihnen eine Beziehung. Ich bin der festen Überzeugung, daß naturwissenschaftliche Ergebnisse und Erkenntnisse dazu dienen können, den Glauben an Gott plausibler zu machen und zu bereichern.

Wenn ich als Biochemiker die erstaunlichen Erkenntnisse der Biologie und Chemie betrachte, die gezeigt haben, was für Vielfalt, für Mannigfaltigkeit, für Entwicklungsfähigkeit, für Planmäßigkeit unter den Lebewesen herrscht, dann kann ich nicht anders, als an einen großen Entwurf zu denken, der all dem zugrunde liegt, und die Frage nach dem zu stellen, der diesen Entwurf in die Welt gesetzt und verwirklicht hat.

Freilich haben wir von den Lebewesen - dank der Wissenschaften -heute ein anderes Bild als früher. Seit der Entwicklungslehre sehen wir alle Organismen als eine Einheit. Wir sehen sie im entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhang. Zumindest für die Evolution im Kleinen kenne wir die Mechanismen - Mutation und Selektion -, welche eine Höherentwicklung erlauben. Ob das auch für die Makro-Evolution gilt, ist umstritten. Immerhin, alle Lebewesen gehen auseinander hervor, stehen im Zusammenhang.

Widerspricht das wicht der Vorstel-

lung von einem Schöpfergott? Macht es die Vorstellung nicht überflüssig? Ich stelle die Gegenfrage: Ist nicht die Vorstellung von einem Schöpfer, der die Welt der Lebewesen so gestaltet hat, daß in ihr die Evolution zur Geltung kommt, eine viel erhabenere als die von einem Schöpfer, der jede Art von Lebewesen für sich gleichsam zusammenhanglos in die Welt gesetzt hat?

Die moderne Molekularbiologie hat gezeigt, daß im Erbgut eine überaus reichhaltige Information steckt. Diese Information ist schriftähnlich. Die chemischen Bausteine sind zu makromolekularen Strukturen aneinandergefügt. Die Zahl der Bausteine ist imponierend: Bei höheren Organismen sind es mehrere Milliarden.

Im Verlaufe der Evolution hat sich die biologische Information in den Lebewesen außerordentlich vermehrt, bereichert und verändert. Es ist für mich überaus einleuchtend, in diesen schriftähnlichen Strukturen materialisierte Gedanken Gottes zu sehen. So wie nach christlicher Auffassung die Heilige Schrift nicht durch direktes Schreiben Gottes zustande gekommen ist, sondern dadurch, daß er Menschen inspiriert hat Wie im Laufe einer längeren Geschichte diese Schriften geschrieben worden sind, so ist es auch im Laufe der Evolution geschehen.

Gott bediente sich beim Einschreiben seiner Information im Reiche der Lebewesen der bereits vorhandenen Natur und ihrer Geschöpfe. Er schrieb und verbesserte und vermehrte und ließ diese Information wachsen im Verlaufe einer langen, reichhaltigen Entwicklungsgeschichte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung