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Der Stahlbesen fegt weiter

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Südkoreas „starker Mann“, Präsident Chun Doo Hwan, baut seine Macht zunehmend aus: Bei den ersten Parlamentswahlen im Land seit der Ermordung des früheren Staatschefs Park Chung Hee in der vorigen Woche erreichte die von ihm geführte „Demokratische Gerechtigkeitspartei“ 151 Mandate der insgesamt 276 Sitze zählenden Nationalversammlung.

Zweitstärkste Fraktion wurde die oppositionelle „Demokratische Korea- Partei“; die von ehemaligen Anhängern Parks gegründete „Koreanische National-Partei“ erreichte 25 Mandate. Fünf Splitterparteien teilen sich die restlichen acht Sitze.

Was die Partei Chuns als „überwältigenden Sieg“ und „Übereinstimmung der Bevölkerung mit der Politik der Partei“ wertete, bezeichneten regimekritische Kreise als „bedeutungslose Stimmabgabe“, zumal es keine echte Opposition gebe.

In einem recht eigentümlichen Licht stehen diese Wahlen in Südkorea jedenfalls ganz bestimmt, wenn man sie an einer Aussage Präsident Chun Doo Hwans mißt, der laut „Korean Herald“ erklärte: „Manche Leute glauben irrtümlich, daß das Volk die Regierung kontrollieren kann, indem es andere Kandidaten als die der Regierungspartei wählt. Wenn die Regierung keine Mehrheit bekommt, wird es kaum eine Zusammenarbeit von Parlament und Regierung geben; dies muß zu Konfrontation und Unruhe führen.“

Am eisenharten autoritären Regierungsstil in Südkorea wird sich wohl auch in Zukunft wenig ändern. Und vor allem die Oppositionellen leiden unter dem Stahlbesen Präsident Chuns:

Laut einem von der Gefangenenhilfeorganisation „Amnesty International“ veröffentlichten Bericht wird in südkoreanischen Gefängnissen nach wie vor gefoltert, gibt es ungerechte Gerichtsverfahren und wird willkürlich die Todesstrafe verhängt. Obwohl das Kriegsrecht im Jänner dieses Jahres aufgehoben worden sei, würde gewaltlose Opposition und Kritik noch immer mit schweren Strafen geahndet.

Amnesty besitze die Namen von 500 politischen Gefangenen, von denen manche lediglich vom verbrieften Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hätten. Seit Juli vergangenen Jahres bemühe sich eine Kommission zur Aufklärung der Vorwürfe wegen Massenarrests und Folter vergeblich, die Einreise ins Land zu bekommen.

Nach Regierungsstatistiken wurden seit letzten Sommer im Rahmen einer Säuberungsaktion 51.061 Personen als asoziale Elemente, 1864 als Gangster und 4636 als Spieler, Drogenhändler und Schmuggler verhaftet. Nicht mitgeteilt wurde die Zahl der politischen Gefangenen, die seit den Demonstrationen des letzten Frühlings ihre Freiheit verloren.

Indes unternahm Machthaber Chun

in letzter Zeit einiges, um sein negatives Image im Ausland aufzupolieren: Er wandelte die über den prominenten Oppositionsführer Kim Dae Jung verhängte Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe um, erließ eine Amnestie für 522 Gefangene und säuberte die Administration von korrupten Politikern der Park-Ära.

Immerhin, diese Maßnahmen soTg- ten gegenüber der Schutzmacht USA für so gutes Wetter, daß Chun als erstes ausländisches Staatsoberhaupt von US-Präsident Reagan in Washington empfangen wurde.

Weniger gut sind die Beziehungen Südkoreas zu Japan, obwohl sich seit der Begnadigung Kims doch einiges gebessert hat. Aber Chun ist höchst unglücklich darüber, daß die Japaner versuchen, mit Nordkorea auf wirtschaftlichem Gebiet enger zusammenzuarbeiten, ihm wäre ein scharfer antikommunistischer Kurs Tokios natürlich viel lieber. Zusätzlich erwartet er sich vermehrte japanische Investitionen und eine Behebung der passiven Handelsbilanz.

Seoul erwartet dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent. Dem ausländischen Beobachter aber will es angesichts der auf wirtschaftlichem Gebiet auch in Zukunft zu erwartenden Fortschritte nicht so recht einleuchten, daß Südkorea nicht ein echt demokratisches Regime vertragen kann.

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