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Der Terror frißt seine Urheber

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Es ist bekanntlich der Fluch böser Taten, daß sie fortzeugend Böses gebären müssen. Araber — ihre wichtigsten Regierungsmitglieder — wissen jetzt, wie Terrorismus schmeckt.

Aber der palästinensische Terror in der Welt wäre nicht entstanden, wären nicht die arabischen Regierungen — ja, die Regierungen — die eigentlichen Drahtzieher und Kri-sengewinnler seit eh und je gewesen. Es ist schon so: die arabischen Regierungen sind Schreibtischterroristen — um nichts weniger schuldhaft als die Terroristen selbst.

Man erinnere sich:

• Nach der Gründung Israels entstand in der Arabischen Liga eine panarabische Vereinigung, die die Israeli nicht nur „ins Meer treiben“ wollte, sondern auch die Palästinenser zwangsweise in Lagern festhielt, um vor aller Welt ein sichtbares Zeichen zu setzen. Die Arabische Liga war nicht irgendwer, sondern eine Art Exekutivorgan der arabischen Regierungen.

• In den Lagern entstand der Bazillus unheilvoller Unzufriedenheit, gepaart mit Aussichtslosigkeit. Die in den Lagern geborenen Palästinenserkinder mußten auf diese Weise hoffnungslose Desperados werden. Und es gab für sie ja nur zwei Möglichkeiten: gewaltsam zurück nach Israel oder hinein in die (nach dem ölsegen) immer reicheren arabischen „Brüdernationen“. Nichts bildet eine natürlichere Konsequenz als die Frontbildung gegen die „feudalen“ und „reaktionären“ Araber-Staaten, gegen die Potentaten, die Menschen in Lagern vegetieren lassen, obwohl unermeßliche Gebiete und immer mehr Industrialisierung längst, das Flüchtlingsproblem erledigt hätten.

• So trieben die Palästinenser zuerst Jordanien an den Rand des Chaos. König Hussein bereitete ihren Subversionen im „Schwarzen September“ 1970 ein Ende. Heute ist es der Libanon, der ihr Opfer wurde.

• Die arabischen Regierungen, untereinander fast mehr verfeindet als jede jeweils gegen Israel, unterstützten den Terror der PLO und der jeweiligen Linksabsplitterungen immer eifrig — wenn er nicht gegen sie selbst gerichtet war. So gab es auch keine Strafen für Terroristen, wenn sie in Europa sprengten oder mordeten. Man feierte die Münchner Olympia-Mörder ebenso wie die Killer von Athen (unter deren Opfern Kinder waren) in den Radiostationen von Bagdad bis Rabat. Man stellte niemanden vor Gericht, lieferte niemanden aus und sperrte niemanden ein. Ja, man ergriff nicht einmal Boykottmaßnahmen im Luftverkehr — dem ersten Hauptangriffsziel der Terroristen.

• Arabische Regierungen machten die PLO darüber hinaus international hoffähig. Sie führten Jassir Arafat — der sich heute die Attitüde eines „Staatsmannes“ gibt — vor die UNO: beklatscht sogar von europäischen Delegationen. Und mit der Erdölwaffe im Anschlag erpreßten arabische Regierungen die UNO, den palästinensischen Terroristen ihre moralische Rechtfertigung zu geben: Antizionismus ist anständig.

Die Tat von Wien hat Klarheit geschaffen. Vertreter arabischer Regierungen sind Opfer jener Aggression geworden, die sie erzeugt und genährt haben. Werden sie daraus lernen? Hat die Tat von Wien Erfolg (und „Erfolg“ bedeutet für die Terroristen, die arabische Politik in ihrem Sinn steuern), dann sind nicht mehr die Palästinenser billige und willfährige Werkzeuge in den Händen der arabischen Regierungen, sondern diese selbst sind dann Gefangene ihrer Zeugungen aus Gewalt und Feigheit; weil die Palästinenser ja auch immer von den arabischen Regierungen benützt wurden, wenn sich diese nicht selbst die Hände mit dem Geschäft im Nahen Osten schmutzig machen wollten.

So gesehen, kann die Geiselnahme von Wien ein Anfang sein: Entweder zur Identifikation der arabischen Regierungen mit der Sache der palästinensischen Terroristen — also die Klarstellung, daß man sich zu dem Kind bekennt, das man da in zwanzig Jahren in Lagern herangezogen hat —, oder aber endlich die Abtrennung der arabischen Verantwortlichen von den Desperados — und der gemeinsame Kampf aller Zivilisierten gegen die Mordbrenner des 20. Jahrhunderts.

Das'würde bedeuten:

• Die arabischen Regierungen leisten das ihre zur politischen Lösung des Problems. Sie lösen das Palästinenserproblem durch Ansiedlung der Flüchtlinge und durch die Auflösung der Lager.

• Die arabischen Regierungen boykottieren die PLO und alle anderen Terrororganisationen, brechen jeden Konakt ab und stellen die Lieferung von Geld und Waffen ein.

Die Revolution frißt ihre Kinder. Der Terror frißt seine Urheber.

Die arabischen Verantwortlichen werden sich entscheiden müssen.

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