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Der Triumph im Kernland

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Der Erfolg bei der Landtagswahl in Niederösterreich, , demonstratives Selbstbewußtsein beim Bundesparteitag: Ist die ÖVP nach langer Durststrecke wieder im Aufwind?

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Der Erfolg bei der Landtagswahl in Niederösterreich, , demonstratives Selbstbewußtsein beim Bundesparteitag: Ist die ÖVP nach langer Durststrecke wieder im Aufwind?

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Der größte Wahlerfolg der ÖVP seit 1945, das schlechteste Ergebnis für die SPÖ seit 1954: Die niederösterreichischen Landtags- wahlemvom 16. Oktober sind mit diesem Ergebnis (Details dazu im Kasten) wohl überraschend gelaufen — mit Einschränkungen.

Erste Einschränkung: Weil Umfragen der ÖVP eine Stärkung ihrer Position signalisiert haben, wurde die Landtagswahl vom April 1984 vorverlegt. Die stärkste Partei im Lande rechnete -» noch bevor Landeshauptmann Siegfried Ludwig durch die Einleitung einer gerichtlichen Voruntersuchung ins Schußfeld geriet — mit einem Gewinn von zwei zusätzlichen Landtagssitzen.

Zweite Einschränkung: Nur betriebsblinde Funktionäre in den Landesleitungen von SPÖ und FPÖ können damit spekuliert haben, daß die nach dem 24. April gebildete Koalitionsregierung auf Bundesebene einladend genug ist, um bei Regionalwahlen Parteigänger zu gewinnen.

Beim Versuch, den außerordentlichen ÖVP-Wahlerfolg in Niederösterreich zu erklären, bieten sich fünf Gründe an.

Grund Nummer eins — und geflissentlich übersehen: Die Landespolitik der letzten Periode konnte sich durchaus sehen lassen. ÖVP und SPÖ haben sie gemeinsam zu verantworten gehabt. Dies hat es der SPÖ und ihrem Spitzenkandidaten Leopold Grünzweig schwer gemacht, Konflikte darzustellen.

Grund Nummer zwei: die rotblaue Koalitionsregierung. Damit hat sich weder das SPÖ-Fußvolk in den bisherigen Arbeiterhochburgen abgefunden noch das ausgeprägt nationale FPÖ-Fähnlein in Niederösterreich. Das ist die Ursache für den freiheitlichen Sturz in die Bedeutungslosigkeit.

Grund Nummer drei ist die Angst um die Arbeitsplätze: Wie will SPÖ-Grünzweig die VEW- Arbeitsplätze in Ternitz erhalten,

wenn es SPÖ-Sinowatz nicht gelingt? Da macht man schon lieber einen „schwarzen” Landeshauptmann stark, damit der in Wien auf den Tisch hauen kann. So gewann die ÖVP in Ternitz fast vier Prozentpunkte dazu, während die SPÖ 6,5 Prozent Stimmenanteil verlor.

Grund Nummer vier für den Erfolg der ÖVP und den Mißerfolg von SPÖ wie FPÖ ist das Belastungspaket. Nur naive Koalitionsverfechter konnten hoffen, dadurch im Landtagswahlkampf Auftrieb zu erhalten.

Grund Nummer fünf liegt in der letzten Wahlkampfwoche, der, Einleitung einer gerichtlichen Voruntersuchung just zu diesem Zeitpunkt gegen Landeshauptmann Siegfried Ludwig, der zeitgleichen Strafanzeige gerade durch SPÖ-Änwalt Heinrich Keller …

Wer immer in Niederösterreich um die ständigen Bemühungen wußte, Ludwig (bisher ohne Erfolg) in den WBO- oder Hypo- Skandal hineinzuziehen, konnte an keinen Zufall glauben. Dazu kommt: Bisher wurden immer — auch von Harald Ofner — Verdächtigungen ausgesprochen, doch ohne die Spur eines Beweises vorzulegen.

Es war nicht Mitleid, es war Empörung (Stichwort: Politju- stiz), die sich in Stimmenzuwachsen für Ludwig und die ÖVP niederschlug. Aber es war ein großer Vertrauensvorschuß, dessen sich Ludwig nun würdig erweisen muß: mit einer untadelig sauberen Weste.

Erst die Summe all dieser Einflüsse erklärt den Wahlsonntag: Die ÖVP ist nicht ganz so gut, wie es ihr Triumph vermuten ließe, die SPÖ noch nicht so schlecht, wie man aus den Stimmenverlusten schließen könnte. Nur die FPÖ ist nunmehr in Niederösterreich so gut wie aufgerieben.

Vereinte Grüne und Alternative Liste haben sich dagegen (in nur zwei Wahlkreisen) vergleichsweise respektabel geschlagen. Doch ohne gemeinsame Liste bleiben sie wohl auch bei kommenden Wahlgängen chancenlos.

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