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Der Unternehmer —ein Kamel?

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Zu diesem originellen Titel hielt am 21. Oktober der stei-> rische Diözesanbischof Johann Weber auf Einladung des Präsidiums der steirischen Handelskammer einen in jeder Hinsichi hörenswerten Vortrag, Mit originellen Formulierungen, vor allem aber hintergründigen Gedanken rückte der Bischof dem Thema zu Leibe. Weber untergliederte den Vortrag in fünf „Kamel-Thesen": • Das Kamel in der Bibel:

Jeder kennt das bekannte Bibelwort: „Eher geht ein Kamel

durch das Nadelöhr, als daß ein Reicher in das Reich Gottes gelangt." Die Bibel, welche die Provokation liebe, meine damit, daß der Reiche in seinem diesseitigen Leben viele Türen durchschritten, viele rote Teppiche beschritten habe, daß ihm aber die letzte Türe verschlossen bleiben könnte.

Wer ist denn reich? fragte Bischof Weber. Seine Antwort: „Der, der den Reichtum absolut und nicht relativ sieht." Die Bibel habe eine Vorliebe für die Armen und auch die neue Papstenzyklika „Laborem exercens" stehe in dieser Tradition.

Der Arbeiter steht dabei im Vordergrund, wobei die Arbeiter viel weiter zu sehen seien. Weber: „Auch der Unternehmer ist ein Arbeiter."

• Das Kamel ist ein Lasttier:

Last ist drückend, Last ist schwer.. Wer jemals Rucksäcke getragen habe, wisse dies ebenso gut wie derjenige, der hinter dem

Schreibtisch sitzt, wenn alle schon nach Hause gegangen sind. Weber fordert „vielleicht etwas apodiktisch" auf: „Last ist einfach zu tragen. Trage die Last, aber sie ist nicht bloß Last."

Es könnte sein, daß für die freien Unternehmer eine Last bereitgestellt ist, meint Bischof Weber, die demnächst aufgenommen werden müsse: Die Rezession. Der freie Unternehmer müsse einen Teil dieser Last tragen, um damit einen Beitrag dazu zu leisten, daß Österreich segensreicher und glücklicher werde. • Das Kamel halte lange durch, es habe einen langen Atem:

„Das ist nicht bloß eine Sache der Kapitaldecke." Die Frage, „Wofür lebe ich?" werde vielfach abgelöst von der viel drängenderen Frage: „Wovon lebe ich?"

Eine gewisse Ordnung, ein gewisses Gebäude, an dem man sich orientieren könne, sei für jeden notwendig. Die Katholische Soziallehre biete ein derartiges Gerüst, eine Orientierung oder einen Bauplan - aber nicht Detailantworten.

Als wesentliche Pimkte der Katholischen Soziallehre strich Bischof Weber das Personalprinzip, das nach allseitig verwirklichter Gerechtigkeit verlangende Gemeinwohlprinzip sowie die Solidarität und die Subsidiarität hervor.

Auf die Frage „Wovon lebst du?" müsse auch mit dem Suchen nach einem neuen Weltbürgertum geantwortet werden. Weber: „Wir sind keine Insel, wir sind hineingeflochten in die Welt. Es muß möglich sein, für andere, etwa für Länder der Dritten Welt, etwas von unserem Reichtum abzugeben. Ich sage das nicht, weil ich annehme, daß sich diese Völker einmal rächen werden."

Schließlich lebe man auch von

Anerkennung. Wer könne jemals Anerkennung ernten, wenn er selbst nicht bereit sei, ehrliche Anerkennung zu geben? Es gehe darum, daß jeder diesen Atem der Anerkennung brauche. Und das Gebet sei die Urwurzel dafür, daß es Anerkennung gebe.

Apropos Anerkennung: Bei dieser Gelegenheit auch eine Bemerkung zur Situation der Frauen: In vielen Betrieben gehören die Frauen nach wie vor zu jenen, die nach Ansicht von Bischof Weber noch nicht ganz vorne an der Sonne stehen. Man sollte im Fernsehen nicht immer Burgschauspielerinnen, sondern auch Frauen beim Akkord zeigen.

Von aktueller Bedeutung ist ebenso Webers Stellungnahme zur Feiertagsdiskussion: „Man kann heilige Zeiten nicht machen, sie werden gegeben. Wir werden nicht nachgeben bei den Feiertagen, weil hier ein Gut auf dem Spiel steht, das man nicht so einfach verschieben kann wie Rechenkugeln."

• Das Kamel habe eine komplizierte Art, sich niederzuknien. Jeder Mensch kniet vor etwas. Webers Frage: „Wovor knie ich? Lohnt es sich, davor zu knien?" Und dann: „Gott hat genug Zeit, zu warten, bis du dich niederkniest, auch wenn du so lange brauchst wie ein Kamel."

• Abschließend stellte der steiri-sche Bischof fest, daß es auffalle, wie schwer der Staat zu wirtschaften verstehe. Die Sozialleistungen unseres Staates seien kritisch zu überprüfen. Weber: „h.h-gesehen von der Finanzierungsmöglichkeit ist auch zu bedenken, welche Gesinnungen, welche Menschen wachsen heran, wenn alle nur bedient werden?"

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