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Der verlorene Vater

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Weite Zonen der Erde sind von geistlichen Wüsten überzogen. Dort stößt man auf Jugendliche, die von menschlicher Verlassenheit und einem alles durchdringenden Zweifel geprägt sind, wie er von Bruchstellen, die bis in die Tiefe der Jugendlichen reichen, ausgelöst wird.

Selbst wo sie nach einem spirituellen Leben dürsten, werden so viele Jugendliche vom Zweifel überwältigt. Sie sind nicht imstände, Gott ihr Vertrauen zu schenken, zu glauben, da sie kein Vertrauen in jene fanden, denen sie durch ihre Lebensumstände anvertraut sind.

Der Abbruch von Beziehungen hat sie unschuldig in ihrer Kindheit oder frühen Jugend verwundet. Daraus erwachsen Skepsis und Mutlosigkeit: Wozu überhaupt leben? Hat das Leben noch einen Sinn?

In Kalkutta gibt es sichtbare Sterbehäuser.... doch in den westlichen Gesellschaften befinden sich viele Jugendliche in wahren unsichtbaren Sterbehäusern.

Zum Gleichnis vom verlorenen Sohn sagte ein Jugendlicher in New York: „In meiner Familie ist nicht der Sohn weggegangen — uns hat der Vater verlassen.“ Es gibt auch Eltern, die ihre Kinder zwar materiell versorgen, aber überhaupt nicht an deren Leben teilnehmen.

Viele Jugendliche suchen mit nostalgischer Vehemenz nach dem, was ihnen vorenthalten wurde. Sie versuchen, im allgemeinen in kleinen Gruppen, gemeinsame Erfahrungen zu machen: Sie lassen sich in Formen aller Art, selbst noch in die esoterischsten, gießen — Hauptsache, sie fühlen sich zusammen wohl.

Sie möchten sich mit anderen Jugendlichen zusammentun, auch mit Jugendlichen, die Eltern haben, wie sie einfühlsamer nicht sein könnten. Solche Eltern sehen dann, wie ihre Söhne und Töchter sich von ihnen entfernen, obwohl sie diesen das Beste von sich selbst geschenkt hatten.

Der Bruch zwischen den Generationen zeitigt noch ganz andere Folgen: Es gibt alte Menschen, die ihr Leben in der Vereinsamung beenden müssen. Obwohl sie materiell versorgt sind, ist es, als bliebe ihnen kein anderer Ausweg, als den Tod zu erwarten. Dabei haben doch Menschen im hohen Alter so oft die Fähigkeit, anderen in völliger Selbstlosigkeit zuzuhören.

In einer Zeit zerbrochener Beziehungen und heftiger Erschütterungen wagen wir es deshalb, einen Aufruf an Menschen aller Altersstufen zu richten:

Um lebendige und nicht halbtote Menschen zu sein, sucht Jesus den Lebendigen. Sucht ihn, selbst wenn ihr ihn verloren zu haben glaubt. Er liebt euch. Findet ihr ihn, so findet ihr alles, Liebe, Frieden, Vertrauen. Dann lohnt es sich, das Leben zu leben.

Wir alle können dort, wo wir stehen, zu Friedensstiftern und Trägern der Versöhnung werden.

Unsere Wohnung, und sei sie noch so bescheiden, soll wie das Haus von Maria in Nazareth sein: Ein Ort, um Jesus, den Christus, aufzunehmen, um zu beten, ein Ort, um anderen zuzuhören, sie zu begleiten und es ihnen so zu ermöglichen, aus der derzeitigen Vertrauenskrise herauszufinden.

Im Alter sagte Johannes, der Evangelist, nur noch immer wieder: Gott ist Liebe. Wo Gott ist, dort ist die Liebe. Wenn ihr einander liebt, sagt Jesus, werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid. Tragen wir die Liebe Jesu zu den Vereinsamten, den Traurigen, den Kranken, den Niedergedrückten!

Dadurch werden auch noch viele andere von Mutlosigkeit Und Zweifel hinüber gehen zum Vertrauen in den Geist des lebendigen Gottes. Und somit werden viele junge und weniger junge Menschen ihrerseits zu einem Ferment des Friedens und der Versöhnung, eines Friedens und einer Versöhnung, die derzeit nicht nur unter den Glaubenden, sondern in der ganzen Menschheitsfamilie von äußerster Wichtigkeit sind.

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