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Der Wandel

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Als im Jahre 1959 der stei-rische Landeshauptmann Josef Krainer senior die JVeue österreichische Gesellschaft“ gründete, murmelte Bundeskanzler Julius Raab verdrossen: ,JDie alte ist ma lieber.“

Da war die Zeit Raabs aber schon vorbei. Bruno Kreisky kam damals als Außenminister in die Regierung ...

Im März 1960 trat Julius Raab als ÖVP-Obmann zurück, uitd ein Jahr später folgte ihm der SteirerAlfons Gorbach als Kanzler.

Unter Gorbachs Nachfolger Josef Klaus errang 1966 die ÖVP, die bei den Nationalratswahlen 1959 mit nur einem Mandat (79) vor den Sozialisten (78) gelegen hatte, die absolute Mehrheit.

Die Zeit war reif für einen Wandel. Doch die ÖVP konnte in den vier Jahren Alleinregierung diese Zeit nicht nützen.

Die „Neue österreichische Gesellschaft“, deren politischer Einfluß dürftig war, muß als Symptom gesehen werden: Unter ihrem Generalsekretär Karl Gruber tastete man nach Möglichkeiten eines neuen geistigen Stils in der Politik.

Wie heute, so könnte man sagen, um etwas gewaltsam eine Parallele zu ziehen. Denn so wie damals eine verkrustete Koalitionsstruktur jede politische Dynamik gelähmt hatte, wird lebendige Demokratie heute zerrieben zwischen dem Hochmut der Parteien und der Frustration der Wähler.

Gleichzeitig aber geistern Begriffe wie ,J)ritte Republik“ oder „Neue SPÖ“ herum, und vielfältig tauchen Ansätze für Grundsatzdiskussionen auf, die man seit mehr als 20 Jahren verschollen glaubte: Da wird die Funktion des Bundespräsidenten erörtert; das Wahlrecht wird in Frage gestellt; die alte Idee einer Reaktivie-rung des Bundesrates taucht auf; sozialistische Wähler in Wien wollen es nicht mehr als selbstverständlich hinnehmen, daß ein Kandidat (Erwin Lanc), den die Partei an die vierte Stelle placiert hatte, nach der Wahl durch einen ganz weit hinten gereihten Genossen ersetzt wird; der Ruf nach mehr Unabhängigkeit für den Abgeordneten wird Taut. Und Franz Vranitzky will die 'SPÖ radikal erneuern.

Wird morgen vom Wähler honoriert, wer heute glaubhaft reformiert?

Der „alte Krainer“ war immer überzeugt, daß die Österreicher in ihrer Mehrheit nicht zum Sozialismus neigten.

Eine neue österreichische Gesellschaft bewies später das Gegenteil und ging ein Stück Weges mit Bruno Kreisky.

Krainer senior hatte allerdings für seine Behauptungen immer eine Einschränkung parat: ,JSs sei denn, die ÖVP versagt...“

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