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Der Weg zur „Hartwährungspolitik"

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Die „Ära Schmitz" als Präsident der Oesterreichischen Nationalbank: alles andere als beschauliche Jahre. Die Aufhebung der Dollar-Goldkonvertibilität am 15. August 1971 bedeutete auch für die österreichische Währungspolitik eine wesentliche Zäsur.

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Die „Ära Schmitz" als Präsident der Oesterreichischen Nationalbank: alles andere als beschauliche Jahre. Die Aufhebung der Dollar-Goldkonvertibilität am 15. August 1971 bedeutete auch für die österreichische Währungspolitik eine wesentliche Zäsur.

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Wolf gang Schmitz war von Februar 1968 bis Jänner 1973 Präsident der Oesterreichischen Nationalbank, somit in einer Periode, die für die internationale Währungspolitik und auch für Österreich alles andere als beschaulich war. Das Wechselkursregime des Bretton-Woods-Systems (ein Festkurssystem mit Bandbreitenregelung) krankte mehr und mehr am ,.Leitwährungsdilemma", also an einer Vertrauenskrise der Leitwährung (US-Dollar).

Währungssysteme, die eine nationale Währung als dominierende Währungsreserve verwenden, sind mit dem Problem konfrontiert, daß die Leitwährung als internationales Zahlungsmittel benötigt wird, dieses Erfordernis aber Devisenabflüsse aus dem Leitwährungsland voraussetzt, woraus eine tendenzielle Schwächung der Zahlungsbilanzposition dieses Landes folgt.

Die Aufhebung der Dollar-Goldkonvertibilität, am 15. August 1971 war auch für die österreichische Währungspolitik eine Zäsur. Unter Präsident Schmitz sind damals die entscheidenden Grundlagen für die „Hartwährungspolitik" gelegt worden. Ausgangspunkt war das Konzept des effektiven Wechselkurses und daher ein Währungskorb, dessen Zweck es war, die Auswirkungen von Wechselkursveränderungen auf die

österreichische Wettbewerbsfähigkeit zu glätten. Somit sind schon damals ökonomische Argumente formuliert worden, die darauf hinauslaufen, daß flexible Wechselkurse reale Anpassungskosten nicht ersparen.

Als - damals junger - Ökonom in der Notenbank habe ich großen Respekt vor der erkenntniskritischen Einstellung von Präsident Schmitz gewonnen und von ihr profitiert: Schon damals haben wir uns mit dem „Vakuum" zwischen monetärer Theorie und der praktischen Geldpolitik beschäftigt, aber nicht einen sterilen Gegensatz, sondern eine fruchtbare Auseinandersetzung als optimale Formel für das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis angestrebt. Das hat später zu einer eklektisch formulierten theoretischen Begründung der „Hartwäh-

rungspolitik" geführt, die zwar nicht den Anforderungen einer konsistenten Theorie entsprach, aber doch einen wichtigen Beitrag zur Durchsetz-barkeit dieses Konzept lieferte.

Es ist interessant, wenn auch nicht überraschend, daß der Einfluß solcher Weichenstellungen erst später erkannt wird. Aus heutiger Sicht ist die unter Präsident Schmitz entwik-kelte „Erkenntnistheorie" der Notenbank, die auf der Grundlage einer praktisch (verwertbaren) Theorie eine sinnvolle Praxis zum Ziele hatte, ausschlaggebend gewesen für die späteren währungspolitischen Entscheidungen und vor allem auch für die Standfestigkeit der Notenbank in schwierigen Phasen.

Dies ist umso bemerkenswerter, als gerade in der hier betrachteten Perio-

de der monetaristisch begründete monetäre Steuerungsprozeß (also die Geldmengenpolitik) für Notenbanken besonders attraktiv war; schließlich war die „Chicagoer Schule" - theoriegeschichtlich gesehen-die vorerst letzte gleichsam institutionalisierte ökonomische Kraft, die intellektuelle Ausstrahlung mit konkreten wirtschaftspolitischen Vorstellungen verbunden hatte. Das vorher erwähnte Vakuum war im wesentlichen eine Folge des Ignorierens der institutionellen Verhältnisse. Deren Bewertung (so die Infrastruktur für eine aktive Einkommenspolitik) und die daraus ableitbaren Vorteile für die makroökonomische Stabilität haben dazu geführt, daß in Österreich ein währungspolitischer Konsens für ein Wechselkursziel erreicht werden konnte.

Maßgeblicher Einfluß

Hinsichtlich der banktechnischen Entwicklungen war die „Ära Schmitz" von einer bemerkenswerten Flexibilisierung der währungspolitischen Instrumente gekennzeichnet. Das betraf vor allem den (schon Ende 1966 begonnenen) Einsatz derOffenmarkt-politik; die Novelle 1969 zum Nationalbankgesetz ermöglichte der Notenbank auch restriktive Operationen (durch die Ausgabe von „Kassenscheinen"), eine wichtige Ergänzung des Instrumentariums, auf die etwa im Jahr 1970 zurückgegriffen wurde.

Sowohl in den theoretischen Grundlagen als auch in der praktischen Währungspolitik hat somit Präsident Wolfgang Schmitz Weichenstellungen vorgenommen, die den späteren Verlauf der österreichischen Notenbankpolitik maßgeblich beeinflußt haben.

Der Autor ist Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung derOesterreichischen Nationalbank.

Erfolgreiche Vorgänger sind immer eine < Freude

,.Profunde und erfolgreiche Vorgänger sind immer eine Freude für Amtsinhaber. Selbst in unserer raschlebigen Zeit haben sich viele der Entscheidungen, die Dr. Wolfgang Schmitz als Notenbankpräsident in den Jahren 1968 bis 1973 traf, als tragfähig und haltbar erwiesen. Geleitet waren sie stets von seinem ausgeprägten Gewissen und hohen Verantwortungsgefühl. Den Dank des Hauses verbinde ich mit meinen herzlichen Glückwünschen zum Siebziger und für viele weitere erfüllte Jahre. Dr. Maria Schaumayer Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank

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