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Der Wettlauf

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Noch schweigen die Kanonen am Suezkanal, doch das Waffenklirren ist weithin hörbar. Auf der ägyptischen Seite (Westufer) gehen die Vorbereitungen weiter, obzwar die Soldaten außerhalb der Unterstände ohne Stahlhelm und Ausrüstung zu sehen sind. Doch innerhalb von Minuten können sie schußbereit in ihren zum größten Teil ausbetonierten Stellungen stehen. Zur Zeit beschäftigen sie sich mit einem psychologischen Krieg gegen die Israelis, die in ihren Bunkern an der Ostseite ausharren und mit schußbereiter Waffe auf den Feind warten.

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Noch schweigen die Kanonen am Suezkanal, doch das Waffenklirren ist weithin hörbar. Auf der ägyptischen Seite (Westufer) gehen die Vorbereitungen weiter, obzwar die Soldaten außerhalb der Unterstände ohne Stahlhelm und Ausrüstung zu sehen sind. Doch innerhalb von Minuten können sie schußbereit in ihren zum größten Teil ausbetonierten Stellungen stehen. Zur Zeit beschäftigen sie sich mit einem psychologischen Krieg gegen die Israelis, die in ihren Bunkern an der Ostseite ausharren und mit schußbereiter Waffe auf den Feind warten.

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Wenn man die Landkarte des Suezkanals betrachtet, so wird man sofort erkennen, daß eine Invasion weder im Norden, wo es sich ausschließlich um unwegsames Sumpfland handelt, noch bei den beiden Bitterseen, durch welche der Kanal gezogen wurde, möglich ist. Hieraus geht hervor, daß von den fraglichen 150 Kilometern nur 50 Kilometer leicht überquerbares Terrain darstellen. Auch die bereits vorbereiteten Invasionsstützpunkte sind von der israelischen Seite aus erkennbar und leicht unter Beschuß zu nehmen, so daß im Grunde genommen eine solche Invasion nur mit einem Bombenteppich möglich wäre.

Im allgemeinen nimmt man an, daß das Raketennetz am Suezkanal das dichteste auf der Welt derzeit vorhandene sein dürfte.

Der Vorteil solch eines Netzes ist, daß sofort Dutzende Raketenbasen zu ein und derselben Zeit in Aktion treten können und ein Pilot nur wenig Möglichkeit hat, wenn er einmal in einen solchen Raketenregen hineingerät, mit Hilfe von Flugakrobatik zu entkommen. Der Nachteil dieses Netzes liegt aber in seiner Dichte, da es dadurch viel leichter zu erkennen und zu vernichten ist. Die amerikanischen Shrike-Raketen,

welche elektronisch gesteuert von israelischen Flugzeugen aus abgefeuert werden können, stellen ihrerseits eine ziemliche Gefahr für das ägyptische Raketennetz dar.

Das ägyptische Freundschaftsabkommen mit der Sowjetunion sieht vor, daß die russische Luftwaffe den Assuan-Damm sowie das ägyptische Hinterland verteidigen soll.

Zur Zeit spricht man davon, daß sich unter den 15.000 russischen Technikern und Ratgebern, die derzeit in Ägypten stationiert sind, 250 bis 300 russische Piloten befinden, welche 18 Mig-23-Maschinen fliegen, die bekanntlich noch nicht durch einen anderen westlichen Flugzeugtyp übertroffen wurden. Diese Flugzeuge dienen hauptsächlich zu Erkundungsflügen und überflogen vor einiger Zeit auch eine israelische Luftbasis innerhalb der Sinai-Halbinsel.

Die ägyptischen Kriegsvorbereitungen haben auch teilweise zivilen Charakter in Form von Luftschutzübungen, Bau von Luftschutzkellern in den Städten und Einführung von Verdunklungsvorschriften. Eine der größten Schwierigkeiten der ägyptischenf Armee während des Sechstagekrieges war die Hand-

habung von Panzerarmeen. Zur damaligen Zeit konnten die Panzerdivisionen nicht voll eingesetzt werden, weil der ägyptische Generalstab nicht fähig war, eine voll ausgerüstete Panzerdivision zu befehligen. Bei den letzten Manövern der ägyptischen Armee im Wüstengebiet von Genifa wurde jedoch bereits mit Panzerdivisionen erfolgreich operiert.

Die ägyptische Flotte ist im Verhältnis zur israelischen um vieles stärker und moderner ausgerüstet. Die Luftwaffe verfügt über 500 bis 600 voll einsatzbereite Kampfflugzeuge.

Israelische Befestigungen

Ein Außenstehender, der die israelische Seite des Suezkanals besucht, wird als erstes einen riesigen Sandwall entdecken, der längs des Kanals errichtet wurde und eine erste Deckung gegen die gegenüberliegende Seite darstellt. Die israelische Befestigungslinie entstand in ihrer heutigen Grundkonzeption erst während des Verschleißkrieges im Jahre 1970, als es sich herausstellte, daß die herkömmlichen Schützengräben als Deckung nicht genügend Schutz bieten.

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Im Gegensatz zur ägyptischen Befestigungslinie, die aus eng miteinander verbundenen Stellungen und Unterständen besteht, ist die israelische ein Konglomerat von Bunkern, die völlig autark zu verteidigen sind und zwischen denen motorisierte und Infanterieeinheiten patrouillieren. Dieses System gibt den Israelis die Möglichkeit, im Falle eines Angriffes das Gros der Streitkräfte an die Angriffsstelle zu werfen. Die erste Verteidigungslinie soll auch nur dazu dienen, den ersten Angriff so lange aufzufangen, bis Luftwaffe und Panzereinheiten in Aktion treten können. Hinter dieser Befestigungslinie wurde ein enges Militärstraßennetz angelegt, wurden unterirdische Treibstoff- und Wasserdepots gebaut, Panzerfallen und Minenfelder sowie eine zweite Verteidigungslinie eingerichtet.

Eine der wichtigsten Einheiten der Armee sind 500 Seekommandos und Froschmänner, die in der Vergangenheit bereits einige geradezu selbstmörderische Aktionen unternommen hatten, wie das Eindringen in den Hafen von Alexandria.

Israels Piloten zeichnen sich durch Draufgängertum, Einsatzbereitschaft und Erfindungsgabe aus, so daß ihre zahlenmäßige Unterlegenheit nicht ausschlaggebend ist und die allgemeine Annahme besteht, daß Israel eine Luftübermacht gegenüber der Ägyptens besitzt.

Schließlich und endlich ist jede militärische Aktion einer modernen Armee von der Luftüberlegenheit ihrer eigenen Streitkräfte abhängig.

Von einer eventuellen Ostfront gegen Israel kann wenigstens zur Zeit keine Rede sein. König Hussein von Jordanien hat bereits erklärt, daß er an einem Krieg gegen Israel nicht teilnehmen könne. Syrien könnte mit seinen Panzereinheiten eventuell von den Golanhöhen her angreifen. Hier jedoch ist diese Möglichkeit während der Wintermonate durch die topographischen Bedingungen fast unmöglich.

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