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Des Kaisers Refugium in Laxenburg

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Maria Theresia und Joseph II. liebten Schloß Laxenburg bei Wien mehr als Schönbrunn. Von Franz II. (I.), dem Guten, der zum „alten" und „neuen Schloß" (Blauer Hof) noch die nach ihm benannte romantische Wasserburg sowie einen „gothischen" Turnierhof errichten ließ, wird sogar berichtet, er hätte während der Napoleonkrise an einen seiner Minister die bange Frage gerichtet: „Aber Laxenburg, das wem's mir doch lassen?"

Der römisch-deutsche Kaiser Franz II., der zum Kaiser Franz I. von Österreich geworden war, durfte den weitläufigen englischen Park mit seinen Bauten südlich der Haupt- und Residenzstadt behalten. Und als Napoleon geschlagen war und im Herbst 1814/Winter 1815 der Kongreß in Wien tanzte, da lud der Monarch seine königlichen Gäste und die ausländischen Delegierten zu glanzvollen Festivitäten und Jagdveranstaltungen auch hinaus in sein Lieblingsdomizil.

Seit dem Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg und in den Nachkriegsjahren zum Teil zerstörten und altersbedingt verfallenden Anlage gehört Laxenburg mit jährlich einer Million Besuchern zwar nicht zu den prominentesten Touristenattraktionen Österreichs, dafür aber zu den am meisten frequentierten Naherholungszentren der Bevölkerung. Nicht zuletzt zählt die zeitweilige Sommerresidenz des Kaiserhauses zu den am besten kontinuierlich betreuten Gebäuden aus ehemals habsburgischem Besitz, für deren Erhaltung sowohl das Land Niederösterreich, die Wiener Holding und die Schloß Laxen-burg-Betriebsgesellschaft als auch die

Einnahmen aus den Eintrittsgebühren (Park: 10 Schilling, Franzensburg: Erwachsene 28 Schilling, Kinder 12 Schilling) aufkommen.

1993 läuft eine zwölf Millionen teure Aktion zur Trockenlegung der Franzensburg aus. Dabei hat man, um ein weiteres Vordringen der Feuchtigkeit zu verhindern, nicht nur den Werkstein dieser um einen künstlichen Teich angelegten Nachahmung einer mittelalterlichen Burg mit Türmen, Mauerzinnen, Wehrgängen, Toren und Erkern, einem Thron-, Habsburger- und Lothringersaal, zwei Empfangssälen und einer Kapelle zerschnitten. Nach gleicher Methode wurden und werden auch die architektonischen Bestandteile der Ausstattung, wie die 1799 in Klosterneuburg abgetragene und hier wieder eingebaute Capella speciosa aus der Zeit um 1220 behandelt.

In Zusammenarbeit mit dem Bun-desdenkmalamt wurden kürzlich dringend notwendig gewordene Maßnahmen zum Schutz beziehungsweise zur Restaurierung der ebenfalls durch Feuchtigkeitseinwirkungen gefährdeten Glasmalereien eingeleitet, die -primär zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen - Biedermeierkunst in höchster Vollendung verkörpern. Die geschätzten Kosten machen eine dreiviertel Million Schilling aus.

Mit 300.000 bis 400.000 Schilling veranschlagt wird die Pflegevorsorge für die Ölbilder aus dem 17. und 18. Jahrhundert (darunter Rudolf II. von Hans von Aachen) und 20 lebensgro-

ße Gemälde der Habsburg-Lothringer, von denen der „Dehio Niederösterreich" als „eine für die österreichische Malerei der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wichtige Ahnengalerie" spricht. Von Leopold Kupel-wieser hebt er je ein Bild von Franz IL, seinem Bruder Erzherzog Karl, dem Sieger von Aspern, und von Erzherzog Anton hervor. Von Ferdinand Waldmüller nennt er ein Porträt der Kaiserin Maria Ludovica, der dritten, politisch sehr engagierten und mit Goethe befreundeten Gemahlin von Franz II.

Mit der Sanierung der von Schimmelpilzen befallenen Holzvertäfelungen und der lädierten Ledertapeten hat man in der alijährlich von Ende Oktober bis Ostern gesperrten Franzensburg bereits begonnen. Ebenso mit der Reinigung der mehr oder minder stark verrosteten Waffen, die Franz IL, der „echte Herr Biedermeier auf dem Kaiserthron" mit gleicher Begeisterung sammelte wie Bücher, alte Möbel, Altäre und Skulpturen. In Laxenburg, wo sich Kaiser Franz eine kleine Tischlerei eingerichtet hatte, reparierte er das zusammengetragene Inventar aus aufgelassenem Kloster-, Kirchen- und Adelsbesitz, tischlerte Vogelkäfige, ging gärtnerischen Arbeiten nach und schob zwischen den alten Buchen im Park einen Schubkarren einher, in dem sein epileptischer kleiner Sohn aus zweiter Ehe, der spätere Ferdinand I., der Gütige, saß. Zu festlichen Anlässen veranstaltete er in dem um 1800 nach dem Vorbild der Rosenburg angelegten Turnierhof Ritterspiele und das damals sehr beliebte Karussellreiten. Jetzt bröckelt das den Turnierhof umrahmende Mauerwerk ab. Es soll nun auch in Ordnung gebracht werden.

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