7006545-1987_44_13.jpg
Digital In Arbeit

Deutliche Signale des Wandels

19451960198020002020

Immer mehr wird unsere Gesellschaft zu steigender Flexibilität, zu Eigenverantwortung und Innovation angehalten. Oberösterreich steht auch vor diesen Bewährungsproben und hat teilweise schon recht deutliche Akzente gesetzt.

19451960198020002020

Immer mehr wird unsere Gesellschaft zu steigender Flexibilität, zu Eigenverantwortung und Innovation angehalten. Oberösterreich steht auch vor diesen Bewährungsproben und hat teilweise schon recht deutliche Akzente gesetzt.

Werbung
Werbung
Werbung

Die oberösterreichische Bevölkerung von heute ist geprägt durch stark rückläufige Geburtenzahlen und immer schwächer besetzte Jahrgänge bei Kindern. Als Folge des Geburtenbooms in den sechziger Jahren hingegen s^nd die 20jährigen die am stärksten vertretenen Jahrgänge. Sie ihrerseits bewirken auch die schwierige Situation am Arbeitsmarkt. Diese Schwierigkeiten werden noch dadurch verstärkt, daß relativ schwache Jahrgangsstärken — noch immer eine Folge beider Weltkriege — aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Diese Ausgangsbevölkerung verändert sich in der Zukunft durch folgende Einflußfaktoren:

• Jedes Jahr kommt ein neuer Geburtsjahrgang dazu. Eine Schätzung der Stärke ist aber nicht so unsicher, wie es auf den ersten Blick erscheint, denn wir kennen die Zahl der Elternjahrgänge der nächsten 25 Jahre und können aus der Vergangenheit ableiten, mit welcher Wahrscheinlichkeit die verschiedenen Altersjahrgänge der Frauen Nachwuchs bekommen werden. In den nächsten Jahren wird das Nachrücken der geburtenschwachen Jahrgänge jedenfalls zu einem erheblichen Rückgang der Frauen im fruchtbaren Alter führen.

• Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Veränderung der Sterblichkeit, oder positiv formuliert, der Lebenserwartung. Seit den fünfziger Jahren gibt es ein kontinuierliches Zunehmen der Lebenserwartung. Sie beträgt derzeit bei Frauen 78 und bei Männern 71 Jahre.

• Die Zahl der vorhandenen Bevölkerung kann in ihrer Gesamtheit und in ihrer Zusammensetzung aber auch erheblich durch Wanderung beeinflußt werden. In Oberösterreich wurde in der Vergangenheit kaum eine nennenswerte Außenwanderung beobachtet (siehe Kasten), was nicht heißt, daß in Zukunft Wanderungen durch einseitige Altersstrukturen ausgelöst werden könnten. Es gibt aber heute keine Anhaltspunkte dafür, so daß die Prognose für Oberösterreich im wesentlichen ohne Wanderungseinfluß gerechnet werden kann.

Für die Verteilung der Bevölkerung innerhalb des Bundeslandes wird aber die Binnenwanderung eine sehr große Rolle spielen. Es könnte unter den Kommunen zu einem Wettbewerb um den einzelnen Bürger kommen. Welche Gemeinden hier durch verbesserte Lebensqualität attraktiver werden, wird weitgehendst von der künftigen Gemeindepolitik und dem Weitblick der Bürgermeister abhängen und kann heute unmöglich prognostiziert werden.

Ein Vergleich von Bevölkerungspyramiden der Jahre 1986, 2105 und 2030 und die zu erwartende Strukturverschiebung der Bevölkerung läßt deutlich folgende Schwerpunkte erkennen:

• Kinder und Jugendliche werden immer weniger, bis zum Jahr 2030 ist etwa mit einer Halbierung der Zahl der unter 20jährigen zu rechnen.

• Erwerbsfähige, das sind die 20-bis unter 60jährigen, werden vorerst bis zum Jahr 2000 noch immer mehr. Erst im Jahr 2017 wird ihre Anzahl wieder auf den heutigen Stand abgesunken sein, um in weiterer Folge ziemlich rasch zu schrumpfen.

• Pensionsjahrgänge, also die über 69jährigen, wachsen ständig an. Ganz grob kann man festhalten, daß sich die Zahl der alten Menschen bis zum Jahr 2030 fast verdoppeln wird. Dies ist die sicherste Aussage einer Bevölkerungsprognose, weil diese Menschen heute bereits leben.

Das Bildungssystem Oberösterreichs wird am nachhaltigsten von der immer mehr schrumpfenden Zahl der Kinder und Jugendlichen beeinflußt. Wenn bezüglich der Geburtenzahlen kein Wunder geschieht, werden etwa bis zum Jahr 2010 keine neuen Pflichtschullehrer mehr gebraucht. Weniger Kinder brauchen aber auch weniger Kinderwägen, weniger Kinderkleider, weniger Nahrungsmittel, weniger Schulbücher und so fort. Der dadurch bedingte Nachfragerückgang wird mit Sicherheit eine starke Auswirkung auf den Arbeitsmarkt haben.

Der Nachfragerückgang betrifft heute Artikel für Kinder und Jugendliche. Morgen, wenn die Jahrgänge der sechziger Jahre die Grundausstattung ihrer Haushalte abgeschlossen haben, werden von diesem Nachfragerückgang Autos, Wohnungen, Möbel und so weiter betroffen sein. Die Rückwirkungen auf den

Arbeitsmarkt können noch gar nicht abgeschätzt werden. Zusätzlich wird der Arbeitsmarkt dadurch belastet, daß 30 Jahre lang noch mehr Arbeitskräfte als heute zur Verfügung stehen werden. Dabei ist die Rationalisierung noch gar nicht berücksichtigt.

Die Uberalterung der Erwerbsfähigen wird bei der Schnellebig-keit des heutigen Wissens zu einer immer intensiveren Erwachsenenbildung zwingen, wollen wir den internationalen Anschluß nicht verpassen. Die wohl gravierendste gesellschaftliche Veränderung erwartet uns jedoch durch die Zunahme der Zahl der alten Menschen. Die Fragen nach der gesamtösterreichischen Finanzierbarkeit der Pensionen, des Gesundheitssystems und des Sozialsystems drängen sich auf.

Es wird notwendig sein, daß sich die Wirtschaft, aber auch die öffentliche Hand, an die geänderten Strukturen anpassen.

Die Probleme, die aus der Bevölkerungsentwicklung entstehen, sind entgegen weitverbreiteter Meinung weitgehend vorhersehbar, sie werden sich aber nicht von selbst lösen. Staat und Politik müssen schon jetzt vorausschauende Entscheidungen treffen.

Der Autor ist Leiter der Abteilung Statistischer Dienst im Amt der OO Landesregierung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung