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Deutschmeister

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Wenn wir es nicht schon seit' Wochen aus der Bildzeitung wüßten, daß Deutschland Weltmeister wird, hätten uns in dem Stolper-Spiel gegen die Tschechoslowakei tatsächlich einige . Zweifel befallen können. Ohne dieses Wissen könnte ich auch nie am Dienstag eine Kolumne schreiben, die am Donnerstag erscheint, während am Mittwoch noch das tückische Albion lauert, um Deutschland· ein letztes Bein zu stellen.

Die Frage ist ja auch nicht, ob wir der wahre Weltmeister -sind. Unklar ist nur noch, ob sie uns diesen Titel auch gönnen oder wieder einmal - wie zum Beispiel 1 966 in England - mit faulen Tricks rauben.

Wie oft. habe ich schon den Vorschlag zur Güte gemacht: Versucht uns nicht ständig unsere nationale Ehre als geborene Fußball-Weltmeisterwegzunehmen oder davon was abzuzwacken - mit Vize- und so.

Denn eines sollte dem neidischen Albion und den eifersüchtigenAzzurri klar sein: Nur weil wir jetzt mit der deutschen Einheit alle Hände voll zu tun haben, kann man uns nicht unsere angestammten Rechte am Ball einfach vom Fuß klauen! Wir sind zwar jetzt schon als Deutschmeister fest nominiert und als solche auch der Welt beste Zahlmeister. Doch deshalb braucht man uns jetzt nicht die letzte Chance versauen, noch einmal als Bundesrepublik Weltmeister zu werden.

Nach dem nächsten Weihnachten, wenn die Zonis beigetreten sind und unsere Mark in den Knochen haben, st????llt sich diese Frage sowieso nicht mehr, wer Weltmeister ist.

Es könnte allenfalls sein, daß die Dynamos aus Dresden und die Lokomotives aus Leipzig sich zu wichtig nehmen, und Berlin sich wieder als großdeutscher Zentral-Wasserkopf zu krautig macht. In diesem Falle würde Bayern nach dem gleichen Beitritts-Artikel 23 unseres Grundgesetzes einfach aus der BRD austreten. Dann sollen die mal sehen, ob sie ohne uns noch Weltmeister werden. Als Deutschland 1974 zum letzten Mal nicht nur Weltmeister war, sondern auch als solcher anerkannt wurde, waren immerhin sechs von elf Spielern vom FC Bayern! Diesmal sind nur zwei oder drei Bayern in der Mannschaft. Das heißt, falls wir verlieren, sind es auf jeden Fall die Preußen gewesen.

Rein weltpolitisch gesehen, wäre für uns folgendes der ideale Ausgang dieses Turniers: Deutschland kommt ins Endspiel nach Rom, dort wird von einem rotchinesischen Schiedsrichter Matthäus grundlos vom Platz gestellt und zwei Minuten vor Schluß beim Stande von 2:2 ein absolut unmöglicher Elfmeter für die Italiener gegeben. Dann wäre Italien mit sich und seinem völlig ungerechten Weltmeister-Titel zufrieden, aber uns Deutsche als unglückliche Verlierer hätte die ganze Welt wieder lieb.

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