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Dialog im Kreml

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Kissinger: „Ich bin persönlich zu Ihnen gereist, lieber und verehrter Herr Breschnew, um alle Mißverständnisse, die sich zwischen uns auftürmen könnten, zu beseitigen.“

Breschnew: „Die Sowjetunion steht fest und treu zu ihren arabischen Freunden.“

Kissinger: „So zum Beispiel könnten unsere harmlosen und routinemäßigen Truppenbewegungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, an denen kaum 10.000 Panzer beteiligt waren, zu völlig unzutreffenden Befürchtungen führen.“

Breschnew: „Unsere arabischen Freunde stehen in einem heldenhaften Abwehrkampf gegen die israelischen Aggressoren...“

Kissinger: „Unsere Panzer bewegen sich zwar südwärts, was aber in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit den kriegerischen Verwicklungen im Nahen Osten steht.“

Breschnew: „...die sofort zum Stehen gebracht werden müssen!“

Kissinger: „Da Sie möglicherweise im Besitz übertriebener Berichte Ihrer Geheimdienste sind und sich derartige Maßnahmen ohnehin nicht verheimlichen lassen, gestehe ich freimütig ein, daß unser atomares Kampfpotential in Mitteleuropa ebenfalls in Alarmbereitschaft versetzt wurde.“

Breschnew: „Der Friede im Nahen Osten ist unser größtes Anliegen.“

Kissinger: „Ich möchte mit aller Deutlichkeit feststellen, daß diese Alarmbereitschaft unserer atomaren Verbände keineswegs den Zweck hat, Ihre Entscheidungen, lieber Herr Breschnew, in irgendeiner Weise zu beeinflussen.“

Breschnew: „Wir werden unsere arabischen Freunde großzügig unterstützen ...“

Kissinger: „Auch die Flüge amerikanischer Maschinen von Deutschland in den Nahen Osten haben weder militärischen noch politischen Charakter...“

Breschnew: .....wenn sie im Zuge

ihres heldenhaften Abwehrkampfes gegen die Aggressoren...“

Kissinger: „Diese Flüge haben also sozusagen überhaupt nicht stattgefunden und auch die Sechste Flotte hat sich kaum von ihrem Platz bewegt, schließlich ist das Mittelmeer ja nur ein paar Flugzeugträger-langen lang.“

Breschnew: „... ebenfalls für einen Waffenstillstand eintreten.“

Kissimger: „Wir sind übrigens, wie ich sehe, völlig einig. Der Waffenstillstand wird auf keine Schwierigkeiten stoßen.“

Breschnew: „Wir nehmen unsererseits zur Kenntnis, daß Sie, sehr verehrter Herr Kissiniger, sich unseren Standpunkt zu eigen gemacht haben.“

Kissinger: „Wir scheiden also im herzlichsten Einvernehmen.“

Breschnew: „Wir scheiden im herzlichsten Einvernehmen. Nur ein Wort noch im Vertrauen: Könnten Sie sich vielleicht in Tel Aviv dafür stark macnen, daß der Waffenstillstand zustande kommt, bevor die Israeli Kairo noch näher kommen? Sollte unser Botschafter in Ägypten auf dem Weg zwischen Botschaft und Residenz israelische Panzerspitzen treffen, könnte es zu den ernstesten Peinlichkeiten kommen. Ich wüßte wirklich nicht, welche Instruktionen ich ihm für sein Verhalten in einer solchen Situation geben könnte.“

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