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Die Angst, Priester zu werden

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In einem Gebet zum Tag der geistlichen Berufe, der letzten Sonntag weltweit gefeiert wurde, bittet der Papst: „Rüttle die Herzen jener Jugendlichen auf, die dir folgen möchten, aber ihre Unsicherheiten und Ängste nicht überwinden können." Ein Grund, warum sich heute so wenige zum Priestertum entscheiden, ist also sicherlich die Angst.

Angst, sich ein ganzes Leben zu binden. Es fehlt oft nicht an Idealismus und Einsatzbereitschaft für die Kirche. Aber dem Lebensgefühl des jungen Menschen von heute scheint zuwiderzulaufen, sich unwiderruflich festzulegen. Ein möglicher Wechsel ist ihm reizvoller, neu anzufangen ein Zeichen besonderer Lebendigkeit.

Angst vor Überforderung. Sakramente würdig zu feiern, Predigt und Katechese reichen für den Priesteralltag nicht mehr aus. Der Priester soll heute ein Zeichen der Zeit zu deuten wissen, Menschen in all ihren Krisen begleiten, Gemeinden mit sehr unterschiedlichen Gliedern aufbauen. Wie aber kann er das, wenn er künftig vielleicht drei und mehr Pfarren zu betreuen haben wird?

Angst vor dem Alleinsein. Und das gar nicht nur wegen der Ehelosigkeit, zu der er verpflichtet ist. Priester fühlen sich heute oft alleingelassen von Mitbrüdern und Vorgesetzten bei ihrer Suche nach neuen Wegen der Seelsorge. Fürchten, alleinzubleiben, wenn sie die Radikalität des Evangeliums einfordern. Wenn sie Partei ergreifen für solche, die am Rande stehen.

Angst um den künftigen Weg der Kirche. Junge Menschen haben „Kirchenträume". Träumen von einer einladenden, geschwisterlichen Kirche, in der die heilende Nähe Jesu Christi noch viel deutlicher erlebbar wird. In der es Vielfalt gibt, aber keine Spaltung, weder nach außen, noch nach innen. Die Mut zu Veränderungen und tiefgreifenden Erneuerungen hat.

Solcherlei Ängste sind nicht unbegründet und lassen sich weder durch asketische Belehrung noch durch Gebet allein nehmen. Angst wird dort kleiner, wo man versucht, ihr den Grund zu entziehen. Und wo Zeichen gesetzt werden, die Zuversicht vermitteln.

Aber heute ist gerade so fatal, daß der Angst der jungen Menschen vor dem Priesteramt eine andersgeartete Angst so mancher Amtsträger korrespondiert. Eine Angst nämlich, jene Erneuerungen konsequent weiterzuführen, für die sich das Konzil einst im Vertrauen auf Gottes Geist entschieden hat.

Das häufigste Wort in den nachösterlichen Berichten der Bibel ist: „Fürchtet euch nicht." Angst stand schon am Anfang der Kirche. Und sie hat sich immer wieder eingestellt, wenn man zu sehr auf die eigene Kraft, und zu wenig auf das Wirken des Geistes gesetzt hat. „Herr Jesus Christus, rüttle unser aller Herzen auf, daß wir die Angst in der Kirche überwinden!"

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