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Die Anliegen der Universitaten sollten Anliegen der Stadt sein

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Am 17. Jänner fand an der Universität Wien die feierliche Promotion von sechs Studierenden unter den Auspizien des Bundespräsidenten statt. Zu diesem für eine Universität nicht alltäglichen Festakt war neben Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger und Wissenschaftsminister Hertha Firnberg auch der Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien Leopold Gratz erschienen. Seine Anwesenheit und die nachfolgende Einladung an die jungen Doktoren zu einem Essen in den Festräumen des Rathauses waren ein Zeichen für die sich in der letzten Zeit verbessernden Beziehungen zwischen der Stadtverwaltung und ihren Hohen Schulen.

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Am 17. Jänner fand an der Universität Wien die feierliche Promotion von sechs Studierenden unter den Auspizien des Bundespräsidenten statt. Zu diesem für eine Universität nicht alltäglichen Festakt war neben Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger und Wissenschaftsminister Hertha Firnberg auch der Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien Leopold Gratz erschienen. Seine Anwesenheit und die nachfolgende Einladung an die jungen Doktoren zu einem Essen in den Festräumen des Rathauses waren ein Zeichen für die sich in der letzten Zeit verbessernden Beziehungen zwischen der Stadtverwaltung und ihren Hohen Schulen.

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Was in vielen Universitätsstädten Österreichs als selbstverständlich gilt, ständige Kontakte, Informationsgespräche und Zusammenarbeit, ist in Wien nur in Ansätzen vorhanden. Obgleich zwei Drittel aller österreichischen Studierenden an den fünf Universitäten und drei Kunsthochschulen der Bundeshauptstadt studieren, waren die Kontakte zwischen Vertretern der Hochschulen und der Stadtverwaltung seit dem Ersten Weltkrieg eher spärlich. Dieser Zustand erklärt sich nur zum Teü aus der Tatsache, daß Wien gleichzeitig die Funktionen von Bundesland, Landes- und Bundeshauptstadt erfüllen muß. Im Jubeljahr der Universität Wien und der Technischen Hochschule Wien —1965 — anerkannte die Stadt die Leistung der Hohen Schulen durch die Stiftung eines Hochschuljubüäumsfonds zur Förderung der Forschung, doch gelang es erst Prof. Günther Winkler, dem Rektor des Studienjahres 1972/73, mit dem damaligen Bürgermeister Wiens, Felix Slavik, eine erste gemeinsame Gesprächsbasis zu schaffen. Der Bürgermeister sprach vor dem Plenum der österreichischen Rektorenkonferenz, die Wiener Hochschulen übermittelten dem Bürgermeister einen Problemkatalog.

Diese ersten Kontakte zeigten auf, daß die Stadt Wien erkannt hatte, wie wichtig und förderlich eine Universität für eine Stadt und ihre Bevölkerung sein kann. Gerade Wien, das einen ständigen Bevölkerungsrückgang verzeichnet und eine wachsende Uberalterung feststellen muß, benötigt junge, aktive Studierende. Diese gestalten das Kulturleben einer Großstadt entscheidend mit.

Auch städtebaulich treten Universitäten stark in Erscheinung. Prägten im vergangenen Jahrhundert die Gebäude der Universitäten das Stadtbild man denke nur an das Hauptgebäude der Universität Wien und der Technischen Universität Wien am Karlsplatz so setzen auch heute die Universitäten mit ihren verschiedenen Bauvorhaben städtebauliche Akzente. Ich erwähne hier nur als Beispiele das „Ju-ridicum“ der Universität Wien im ersten Wiener Gemeindebezirk in der Helferstorferstraße oder das neue Gebäude der Wirtschaftsuniversität, das gemeinsam mit dem Zoologischen Institut der Universität Wien - über dem Gelände des Franz-Josefs-Bahnhofes entsteht.

Freüich soll nicht verschwiegen werden, daß einer Stadt durch die Existenz von Universitäten auch Probleme erwachsen. Die ständig steigenden Studentenzahlen - sie dürften in den nächsten Jahren noch weiter steigen - zwingen die Hochschulen zur Forderung nach mehr Raum. Eine Erleichterung für die Universität Wien wird sicherlich das erwähnte „Juridi-cum“ der Rechtswissenschaftlichen Fakultät bringen, ebenso wie die Fertigstellung des Institutsgebäudes der Zoologen. Ein für die Universität Wien geradezu existentiell wichtiges und notwendiges Projekt ist die Verbauung im Bereich der Sensengasse. Hier sollen Räumlichkeiten für Institute der Pharmazie, Chemie und der Vorklinischen Medizin errichtet werden. Leider wird dieses Projekt schon länger diskutiert und der Baubeginn dadurch immer wieder verzögert Auf dem Wunschzettel der Universität steht aber auch noch die Baulücke am Schottenring 11, die - weil nahe zum Hauptgebäude - ideal für die Errichtung eines Sprachenzentrums geeignet wäre.

Man darf die Rolle des Raumbedarfs gerade an einer Massenuniversität, wie es die Universität Wien mit ihren 35.000 Studierenden ist, nicht unterschätzen. Zuwenig Raum, gepaart mit Mangel an Personal, kann die Qualität der Ausbildung unserer Studierenden gefährden. Aber gerade die Qualität der Ausbildung des akademischen Nachwuchses darf nicht sinken, sie sollte vielmehr noch angehoben werden, will Österreich in der Zukunft im Konzert der Nationen weiter mitspielen. Die Stärke des österreichichen Akademikers liegt - dies bestätigt der Anklang, den diese im Ausland finden - in seiner umfassenden Ausbildung, die ihm die Möglichkeit bietet, zu improvisieren und sich rasch anzupassen. Auf diese Stärke sollte nicht leichtfertig - durch Minderung der Qualität - verzichtet werden.

Die Universität Wien und mit ihr die anderen Hochschulen haben oft das Gefühl mangelnder Unterstützung gehabt, wenn sie die Interessen ihrer Angehörigen in der Öffentlichkeit zu vertreten hatten. Nicht immer konnte genügend Verständnis, etwa bei der Stadtverwaltung, gefunden werden. Die Nähe der Universität Wien zum Sitz der Stadtverwaltung sollte nicht nur eine geographische sein. Die Stadtverwaltung, so wäre es für die Hochschulen wünschenswert, sollte die Anliegen der Universität zu den ihren machen. Ansätze, wie die letzte Promotion unter den Auspizien des Bundespräsidenten, sind in letzter Zeit deutlich sichtbar geworden und geben Hoffnung auf eine zunehmend intensive Zusammenarbeit zwischen Wien und seinen Hohen Schulen.

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