Die Beschämung der Dritten Welt

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Die Ergebnisse oder Nicht-Ergebnisse des Millenniumsgipfels in New York wurden schon besprochen, da hatte der Gipfel noch gar nicht begonnen. Das ist verständlich, denn tatsächlich war nicht viel zu erwarten. Vielleicht war der eine oder andere Beobachter dann aber doch überrascht angesichts der Nonchalance, mit der sich die Häupter der Geberländer, etwa Angela Merkel, aufschwangen, bei den armen Staaten Korruptionsbekämpfung einzufordern # und damit gleichzeitig die Einsparungen bei der Entwicklungshilfe zu erklären. Merkels diesbezügliche Vorbehalte in Ehren. Doch schleichen sich geschwinde Zweifel an solcher Moral ein, sieht man, dass den hochmögenden Regierungen #Good# oder #Bad# Governance in der Dritten Welt vollkommen egal sind, wenn es um Exporte ihrer Rüstungskonzerne etwa Richtung Afrika geht (siehe Seite 4/5).

Graben der Missverständnisse

Auch abseits dessen offenbarte sich einmal mehr ein breiter Graben des Unverständnisses zwischen jenen, die geben und jenen die empfangen sollen.

Ein Lehrbeispiel dazu stellt übrigens auch die salbungsvolle Rede von Bundespräsident Fischer dar, dem es gelang die beschämenden Entwicklungshilfekürzungen Österreichs mit keinem Wort zu erwähnen. Nicht einmal der mit allen diplomatischen Wassern gewaschene EU-Kommissionspräsident Barroso schaffte es derart ungeniert an den Tatsachen vorbeizureden. Dabei hätte man durchaus auch Themen abseits von Geldbeträgen und Budgets miteinander zu besprechen gehabt, Dinge, die an die Grundsätze der Entwicklungshilfe gehen.

Zunächst die Frage: Ist es durch Fakten gerechtfertigt, dass die Geber sich in aufdringlicher Permanenz den Mantel des barmherzigen Samariters umhängen, während die Empfänger auf die Rolle der bloßfüßigen armen Schlucker reduziert werden? Bedeutet nicht dieses Rollenbild allein schon die Verfestigung der Armut durch permanente Beschämung? Haben uns die Gesellschaften Afrikas, Südamerikas und Asiens nicht wesentlich mehr zu geben als aufgehaltene Hände? Sind sie nicht wert zur Selbstermächtigung in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht?

Entmündigt und ausgesaugt

Wer es wagt die Antworten auf diese Fragen zu Ende zu denken, landet auf dem harten Boden folgender Erkenntnisse. Erstens: Der industrialisierte Norden braucht den Süden genau so entmündigt, wie er ist: als wunschloses Ziel seiner Exporte und ohnmächtigen Lieferanten von Rohstoffen. Zweitens: Ein Ende dieser Form der Bereicherung hätte eine schwere wirtschaftliche Krise des Nordens zur Folge.

Nur deshalb und nicht weil es nicht anders möglich wäre läuft die Globalisierung als Einbahnstraße. Die derzeit praktizierte Entwicklungshilfe ist nicht selbstlos, sondern erhält dieses System der Auszehrung aufrecht, indem sie die Armen gerade einmal so aufpäppelt, damit sie ihre sklavische Funktion weiter erfüllen können.

Nicht umsonst sind es gerade afrikanische Ökonomen und Intellektuelle, wie Dambisa Moyo oder Nobelpreisträgerin Wangari Maathai, die sich für eine vollkommen neue, gleichberechtigte Form der Zusammenarbeit stark machen.

Ihr Ansatz: Der afrikanische, asiatische, lateinamerikanische Unternehmer ist der Nukleus einer funktionierenden Wirtschaft und Gesellschaft südlicher Staaten, nicht aber der Agrarkonzern aus den USA oder der mildtätige Lebensmittelspender aus Europa. Beide fördern nicht die Lebenskraft der beschenkten Staaten, sondern ihre Zersetzung durch Korruption von Staatseliten und Oligarchien.

Die Armen bräuchten so gesehen auch keine Millenniumsziele und schon gar nicht moralinsaure Rügen ehemaliger Kolonialherren. Sie brauchen vollwertige Partnerschaften.

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